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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
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Martin schon mit den Nobos und drückte ihm die Zügel des einen in die Hand.
     
    Der Vormittag in Nephara erinnerte Tristan ein wenig an die Städteurlaube mit seiner Familie. Normalerweise dachte er mit Grausen daran, wie seine Eltern ihn und Svenja – sich gegenseitig im Maulen überbietend – durch München oder Prag von einer Sehenswürdigkeit zur anderen geschleift hatten, aber jetzt erfüllte ihn diese Erinnerung mit Sehnsucht. Bald wurde der Anflug von Heimweh jedoch durch Staunen über die fremde Welt überdeckt.
    Allein der Marktplatz vor der Stadt, den sie zuerst aufsuchten, hielt so viele fremdartige Obst- und Gemüsearten parat, wie Tristan sich nicht hätte vorstellen können. Dazu gab es Stände, an denen Tücher, Stoffe, Anhänger oder kunstvolle Handarbeiten verkauft wurden. Eine alte Frau bot winzige Flaschen mit allerlei Tinkturen und Tränken feil, neben ihr gab es einen Stand für Magier- und Alchemistenbedarf mit Zauberstäben, Kesseln, Brennern, Pulvern und so weiter. Martin erklärte, dass nicht nur die Paladine zaubern konnten. Auch unter den hiesigen Menschen gab es Magiebegabte, die aber nicht mit Zaubermalen, sondern mit Sprüchen und Gesten zauberten. Auch Waffen wurden an zahlreichen Ständen verkauft, viele aufwendig verziert.
    In der Stadt streiften sie durch die Gassen und mussten einmal umkehren, als sie in das – wie Martin es nannte – »dunkle Viertel« kamen. Hier lebten vor allem Gauner, Huren und die Armen der Stadt, erklärte Martin, selbst tagsüber sei es dort nicht sicher.
    Schließlich kamen sie noch zum Portal des alten Bergwerks, dessen Anblick Tristans Kinnlade herunterklappen ließ. Es war kein einfacher Tunneleingang, wie er es in Tharlan gesehen hatte, sondern ein perfekt geformter Torbogen, der aus dem Fels herausgemeißelt und mit unzähligen Fresken und kleinen Statuen verziert worden war. Der Bogen war so hoch, dass Tristan den Kopf in den Nacken legen musste. Oben im Zenit des Bogens war ein gewaltiger Kopf aus einem dunklen, glänzenden Metall angebracht worden, dessen Augen die Straße zum Portal zu beobachten schienen.
    »Der Gnomenkopf ist aus Daramand«, erklärte Martin. »Danach haben sie hier geschürft. Ein außergewöhnliches Metall, einerseits weich und gut zu bearbeiten wie Gold, veredelt aber hart und unverwüstlich wie Stahl. Für den Kopf da oben könntest du die halbe Stadt kaufen.«
    »Und trotzdem ist er noch da?«
    »Die Leute sind abergläubisch. Du erinnerst dich, es gab Krieg um die Mine. Und es heißt, der Gnomenkopf wache darüber, dass die Menschen sich von der Mine fernhalten. Würde er abgenommen, so glaubt man hier, würden aus dem Bergwerk schreckliche Kreaturen hervorbrechen, und die Stadt dem Erdboden gleichmachen.«
    Tristan lachte. »Was für ein Unsinn.«
    Martin lächelte. »Mag sein, aber das hättest du auch gesagt, wenn ich dir in unserer Welt von den Zaubermalen und deinen Kräften erzählt hätte, oder? Ich glaube zwar auch nicht an die Geschichte, wie wohl die meisten, aber austesten, ob sie stimmt, will dann doch lieber keiner.«
    Des unheimlichen Kopfes ungeachtet, hatte sich die Stadt bis zum Eingang der Mine ausgebreitet. Man konnte ein paar Schritte in das Bergwerk hineingehen, wo der Tunnel sich schnell stark verjüngte, dann versperrte eine Barrikade aus Holzbrettern den Weg. Auch das Innere des Tunnels war über und über mit Wandmalereien und Fresken verziert.
    »Überwältigend, nicht wahr?«
    »Der Wahnsinn«, stimmte Tristan zu. »So viel Mühe für ein Bergwerk.«
    »Die Gnome haben auch dort gelebt«, erinnerte ihn Martin, während sie wieder hinausgingen. »Es war ein Eingang zu ihrem Reich.«
    Tristan kniff die Augen zusammen, als ein von dem Gnomenkopf reflektierter Sonnenstrahl sein Gesicht traf, und blickte auf. Die Sonne stand schon beinahe im Zenit. »Ich muss zurück«, sagte er. »Ich bin mit Ilgar und Katmar zum Schwertkampf-Training verabredet.«
    »Schwertkampf-Training?« Martin grinste. »Da komme ich mit, das will ich mir ansehen.«
    Sie ritten zurück zum Haus der Paladine und kamen gerade rechtzeitig zum Mittagsmahl. Tiana half bei der Ausgabe des Essens mit, es gab Scheiben von einem Braten mit einer schmackhaften Soße, dazu grünes Gemüse, das Tristan ein wenig an Bohnen erinnerte, und eiförmige Klöße. Tiana lächelte ihm flüchtig zu und gab ihm seine Portion, wegen der hinter ihm Wartenden hatten sie aber keine Zeit zu reden. Das Essen schmeckte hervorragend und Tristan schlang

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