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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
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nutzen.«
    »Und wenn du damit fertig bist, gehst du zurück?«
    »Das weiß ich noch nicht. Eigentlich könnte ich in diesem Sommer meine Prüfung ablegen. Die Zauber, die ich mit meinen Malen ausführen kann, beherrsche ich schon alle recht gut. Besonders mit Heil- und Schildzaubern bin ich sehr vertraut. Aber ich glaube«, sie lächelte etwas schüchtern, »ich schiebe die Prüfung absichtlich vor mir her, weil ich nicht weiß, was ich dann tun soll. Zurück in mein Dorf möchte ich nicht, hier gibt es auch keine Aufgabe für mich. Vielleicht gehe ich auf den Kontinent, das haben schon einige Paladjur gemacht. Unsere Dienste sollen bei den dortigen Fürsten und Königen sehr begehrt sein und wir büßen im Gegensatz zu euch Paladinen keinerlei Kräfte ein, wenn wir die Insel verlassen. Oder ich arbeite irgendwo als Heilerin, ich weiß es wirklich nicht. Und du?«
    »Bei mir dauert es noch ein paar Jahre. In unserer Welt lernt man sehr lange, aber das weißt du ja schon.«
    »Na ja, viel weiß ich nicht«, gab Tiana zu. »Mein Großvater hat mir einige Sachen erzählt. Stimmt es zum Beispiel, dass ihr in euren Schulbüchern Bilder habt, wo ihr eure Welt vom Himmel aus seht? Also, ich meine nicht so wie ein Vogel, sondern noch von viel weiter weg, wie von einem Mond?«
    Tristan dachte an die wenig spektakulären Bilder in seinem Atlas. »Ähm, ja, schon.«
    »Und Männer eures Volkes standen schon einmal auf einem Mond?« Tristan nickte und Tiana machte große Augen. »Also, wenn Großvater mir nicht erklärt hätte, dass es nicht so ist, würde ich euch wirklich für Halbgötter halten«, sagte sie ehrfürchtig.
    Tristan hob die Brauen. »Aber das denken viele Menschen hier doch von uns.«
    »Richtig, aber sie kennen die Paladine ja nicht so gut wie wir. Die meisten haben nie mit einem von euch gesprochen.«
    »War denn schon mal ein Paladjur in unserer Welt?«
    Tiana blickte überrascht. »Nein, natürlich nicht. Das geht nicht, weil wir das Portal nicht durchqueren können.«
    Tristan überlegte gerade, ob das wohl schon mal jemand ausprobiert hatte oder ob man es den Paladjur nur erzählte, um sie davon abzuhalten, als Vinjala um die Ecke kam. »Keldra ist zurück«, erwiderte sie knapp.
    Die Lehrerin wartete auf der anderen Seite der Scheune, aber bis auf sie drei war noch kein Schüler zu sehen. Majari war im Haupthaus unterwegs, um die anderen Jungs zu holen. Tiana und Vinjala redeten leise miteinander und Tristan stand etwas abseits. Nachdem er Keldra gestern indirekt die Nachricht vom Tod ihrer Großmutter überbracht hatte, scheute er sich davor, sie anzusprechen, und es war ihm etwas unangenehm, als sie zu ihm trat und ihrerseits ein Gespräch begann.
    »Hat euch der Unterricht heute Morgen gefallen?«
    Tristan nickte, froh, dass sie ein anderes Thema anschnitt, als er gedacht hatte. »Ja, sehr. Ich habe viel gelernt, und vor allem einiges verstanden.«
    Sie lächelte. »Das freut mich. Es ist manchmal schwierig, Schüler mit so unterschiedlichen Wissensständen zu lehren. Vor dem Ritt der Paladine habe ich nur die Jüngeren unterrichtet. Pierre, der Vater der drei Brüder, hat die älteren gehabt. Ich hoffe er kommt bald zurück. Er …« Sie sah ihn direkt an. »Er war mit meiner Großmutter zusammen, habt ihr auch ihn gesehen in eurer Vision?«
    Tristan schüttelte den Kopf.
    »Ich hoffe, er lebt noch«, flüsterte sie und eine Weile herrschte Schweigen.
    »So eine Vision«, fragte Tristan, um die unangenehme Gesprächspause zu durchbrechen, »kann man die steuern? Ich meine, kann man bestimmen, was man sieht? Und kann man sie wie einen Zauberspruch herbeiführen?«
    »Soweit ich weiß, ist es mehr oder weniger zufällig, was du siehst. Meister Johann hat mir einmal erklärt, dass es damit zusammenhängt, woran man gerade denkt. Die Visionen bewusst herbeizuführen ist möglich, aber außerordentlich schwierig. Es gibt viele Kombinationen und man muss bei jeder fast ein Dutzend Male berühren.«
    »Mir erschien die Vision, als die Male kamen«, sagte Tristan. »Ich hab mir den Arm gekratzt und dann …«
    Sie nickte. »Viele Paladine haben Visionen, wenn die Male gerade erscheinen und sie sie das erste Mal berühren. Danach geht es nur noch, wenn man die komplizierten Formeln kennt. Ich glaube, außer Meister Johann gibt es derzeit keinen Paladin, der sie alle beherrscht. Vor allem sind sie auch gefährlich, wenn man die Zauber falsch ausführt, hat Pierre mir gesagt. Wenn der Paladin sich von der

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