Verschollen
schwach, leer. Wie von innen ausgehöhlt, als wäre alle Kraft aus ihm gewichen. »Sie scheinen sich ja damit auszukennen«, sagte er langsam. »Wie kommt das?«
Bernt Larsson zuckte mit den Schultern. »Man lernt sein ganzes Leben dazu.«
»Und wie zum Teufel sind Sie darauf gekommen, ausgerechnet bei mir zu suchen?«
Bernt Larsson drehte sich zu ihm hin. »Ich hatte den Eindruck, dass es sonderbar klang, wenn Sie mich von dort angerufen haben. Ja, und außerdem gibt es da noch ein paar andere Dinge in dieser ganzen Geschichte, die merkwürdig genug klangen, nicht wahr?«
»Ich dachte nach unserem letzten Gespräch, Sie hätten beschlossen, das als bloße Phantastereien abzutun?«
»Ich wollte nicht zu viel sagen.«
Bernt Larssons Gesicht bekam einen wachsamen Ausdruck.
»Außerdem meinte ich eigentlich auch, was ich gesagt habe. Sie sollten diese Geschichte endlich aufgeben.«
Nielsen schnaubte.
»Und nun haben Sie Ihre Meinung geändert? Oder warum sind Sie hierher gekommen?«
Bernt Larsson sah ihn nachdenklich an.
»Ich wollte überprüfen, ob mein Verdacht berechtigt war. Und ich fand, dass Sie ängstlich klangen, als Sie anriefen. Dachte, Sie würden ein wenig Gesellschaft zu schätzen wissen. Habe ich mich geirrt?«
Nielsen saß eine ganze Weile stumm da und dachte nach. Dann berichtete er von dem Besuch in Bengt Anderssons Wohnung und von den Informationen, die er über Lasse Henning und Harri bekommen hatte. Er schloss seinen Bericht mit dem Foto an der Wand und beobachtete dabei genau Bernt Larssons Miene.
Dieser starrte ausdruckslos aus der Windschutzscheibe. Dann nickte er und pfiff leise. »Es scheint, dass Sie häufiger mal Besuch gehabt haben, nicht wahr?«
Er drehte sich zu Nielsen.
»Und was vermuten Sie dahinter?«
Nielsen machte eine resignierte Geste.
»Dass Bengt Andersson und Kaj Härlin ein und dieselbe Person sind. Mittlerweile zumindest. Dass er noch immer lebt. Und dass er etwas mit Anna-Greta Sjödins Verschwinden zu tun haben muss.«
»Dann meinen Sie also, dass er die Feuersbrunst überlebt und sich ein paar Monate lang in den Bergen von Moos und Wurzeln ernährt hat, ehe er aus einem unerfindlichen Grund Anna umgebracht hat? Und auch den echten Bengt Andersson, der sich zufällig in der Gegend aufgehalten hatte? Sowie dass es ihm gelungen ist, unterzutauchen und dreißig Jahre lang unentdeckt zu bleiben?«
»Ja«, antwortete Nielsen reserviert. »Ja, das ist ungefähr mein Standpunkt. Und er ist Ihrer früheren Haltung nicht unähnlich, wenn ich mich recht entsinne. Aber Sie haben ganz offensichtlich Ihre Ansicht geändert!«
Bernt Larsson blinzelte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. »Nein«, erwiderte er. »Er ist es. Ich weiß es.«
Er sah wieder zu Nielsen.
»Ich habe keine Ahnung, wie er es gemacht hat. Oder warum. Aber ich weiß, dass er es ist. Ich kann es förmlich riechen.«
Schweigend saß er eine Weile da. Verschlossene Miene, nach innen gewandter Blick.
»Aber wie gesagt, das hier geht Sie eigentlich nichts an«, sagte er schließlich. »Das Beste wäre vielleicht sogar, wenn Sie jetzt nicht einmal in der Nähe wären.«
Nielsen starrte ihn an. »Was haben Sie vor?«
Plötzlich lachte Bernt Larsson auf. »Abwarten. Das ist beim Jagen in der Regel die beste Methode. Einfach nur still sitzen. Früher oder später wird das Ziel sich bewegen. Man muss nur warten, bis er ungeduldig wird.«
»Und dann?«
Bernt Larsson lachte erneut. »Tja, dann wird man sehen. Aber, wie schon gesagt, das Beste wäre, wenn Sie gar nicht hier wären.«
Nielsen schüttelte trotzig den Kopf. »Ich bleibe«, sagte er nur.
Bernt Larsson zuckte mit den Schultern. »Sie bleiben? Ich hoffe nicht, weil Sie glauben, irgendetwas beweisen zu müssen. Den Großen markieren wollen.«
Er dachte einen Augenblick nach, griff dann nach hinten, hob einen Gegenstand vom Boden auf und legte ihn Nielsen in den Schoß. »Hier. Vielleicht sollten Sie das hier nehmen. Nur zur Sicherheit, für alle Fälle.«
John Nielsen wickelte den Stoff ab und starrte auf das abgesägte Schrotgewehr. »Was zum Teufel... Sind Sie komplett verrückt geworden?«
Er wickelte das Gewehr wieder in den Stoff ein und warf es Larsson hin.
»Nehmen Sie das wieder an sich! Ich will es nicht einmal sehen!«
Bernt Larsson sah ihn mit ausdrucksloser Miene an. »Das haben Sie auch nicht«, sagte er und verstaute die Waffe wieder hinten auf dem Boden.
Tjarrko schnüffelte auf dem Grundstück am Zaun entlang.
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