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Verschwoerung der Frauen

Verschwoerung der Frauen

Titel: Verschwoerung der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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geblieben, um Gabrielle das Leben ein wenig zu erleichtern. Sie muß geahnt haben, wie krank Großvater in Wirklichkeit war. Gabrielle wußte immer alles. Ja, das wußte sie. Aber sosehr ich sie auch liebte, ich konnte es nicht abwarten, fortzukommen. Verstehen Sie, daß ich jetzt das tun muß, was sie von mir wollte? Tief in meinem Herzen weiß ich, daß Gabrielle Emile geschützt hätte. Sie hätte es nicht gewollt, daß sein fingierter Tod an den Tag kommt und er noch mehr verletzt würde als ohnehin.«
    Zum ersten Mal, seit sie ihr Essen bestellt hatten, richtete Kate den Blick auf entferntere Dinge – die Straße, die Leute, den Verkehr.
    Auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig ging eine Frau mit einem Kind spazieren – so wie überall in der Welt. Genauso mußte Gabrielle mit Emile spazierengegangen sein, und später mit Nellie. Und nun saß diese Nellie ihr gegenüber und wartete darauf, daß sie etwas sagte. Aber Kate fiel nichts, oder genauer: nichts Passendes ein.
    Wenn Reed das hört, dachte Kate, wird er darauf brennen, zu erfahren, was auf Gottes Erdboden es vermochte, mir die Sprache zu verschlagen. Auf einen plötzlichen Schicksalsschlag hätte sie reagie-ren können, auch auf alle möglichen verwickelten und unlösbaren Probleme. Aber bei dieser Geschichte aus der Vergangenheit, die so voll Kummer war von Menschen, die nicht mehr lebten (und zweifellos hatte Emile diesen Schmerz bis zum Schluß empfunden), ver-sagten Kate die Worte.
    »Haben Sie je versucht, Emile wiederzusehen?« fragte sie schließlich.
    »Nein«, sagte Nellie. »Er heiratete eine einfache Französin, eine Bäuerin im Grunde, und sie lebten irgendwo auf dem Lande. Zum Schluß fand er also doch noch so etwas wie Frieden in seinem Leben. Ich glaube, dort, wo er lebte, war Emmanuel Foxx niemandem ein Begriff. Natürlich gab es auch Touristen in der Gegend, darunter gebildete Engländer, aber sie kamen ihm nicht zu nahe. Außerdem hatte Emile mir erzählt, er tue so, als könne er kein Englisch und fände das Französisch der Engländer schwer zu verstehen.«
    »Also spielte er bis zum Schluß ein Spiel.«
    »Das war nichts Neues für ihn. Für Emile und mich waren Sprachen immer ein Spiel. Wir konnten ja so viele. Großpapa sagte immer, er wolle kein Englisch in seiner Umgebung hören, das habe er für sein Schreiben reserviert. Nur die englische Sprache seiner Cha-116

    raktere solle an sein Ohr dringen. Zu Hause unterhielten wir uns also immer in anderen Sprachen. Gabrielle sprach Englisch mit mir, aber nur, wenn Großpapa nicht in der Nähe war. Es war unsere Geheim-sprache.«
    »Ist es verwunderlich, daß sie Sie so liebte, oder empfinde nur ich mit meinem beschränkten konventionellen Verstand das so?«
    »Das habe ich mich oft gefragt«, sagte Nellie. »Für mich war sie der Inbegriff von Liebe. Großpapa fand ich spaßig und irgendwie aufregender als Gabrielle, sogar Pa – so nannte ich Emile –, wenn er bei uns war. Es liegt in unserer Natur, daß wir von Männern fasziniert sind, die nur selten auftauchen und herrlich nach Abenteuer riechen. Aber Gabrielle war diejenige, die ich liebte. Als ich nach Amerika kam und Anne kennenlernte, tat sie mir leid, weil es in ihrem Leben keine liebende Mutter gab. Ihre eigene Mutter war streng, überhaupt nicht warmherzig, warnte sie nur ständig vor allen möglichen Gefahren, und Eleanor war eher zurückhaltend; ihre ganze, ziemlich verblendete Liebe sparte sie sich für Dorinda auf, war aber freundlich und gut zu uns dreien. Mich dagegen liebte diese großartige Frau. Als ich dann erfuhr, daß sie nicht meine wirkliche Großmutter ist, spielte es irgendwie keine Rolle mehr für mich. Ob es für sie eine spielte, weiß ich nicht. Ich glaube nicht. Aber ich will nicht so tun, als verstünde ich es.«
    »Haben Sie Ihre leibliche Mutter, Hilda, oft gesehen?« fragte Ka-te, weil diese Frage die unwichtigste und am wenigsten mit Emotio-nen befrachtete war. Beide brauchten Zeit, um zum Kernpunkt ihres Gesprächs zurückzukehren.
    »Nein, nicht allzuoft. Sie machte großes Aufhebens um mich, als ich ein Baby war, aber seit ich mich erinnern kann, spürte ich, daß sie lieber einen Jungen gehabt hätte. Großpapa machte großes Theater darum, daß ich und seine große Romanfigur das gleiche Geschlecht hatten. Ich nehme an, Hilda ließ sich von seiner Schwärme-rei anstecken und befaßte sich wohl deshalb eine Weile mit mir.
    Aber dann übergab sie mich den Kinderschwestern, vor denen mich

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