Verschwoerung der Frauen
Gabrielle rettete. Wissen Sie, ich kann es nicht ertragen, wenn sie nun analysiert, angestarrt und belächelt wird – von Leuten, die keine Ahnung haben, welch ein Juwel sie war, was für eine wunderbare Frau. Nicht weichlich, wie es sich vielleicht anhört, sondern kraftvoll und, o Gott, so warmherzig.«
»Ich muß Ihnen eine Frage stellen, Nellie: Wissen Sie von Annes Memoir?«
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»Ja, gewiß. Sie hat mir eine Kopie geschickt und dazu einen Brief, in dem sie mir alles über die Papiere erklärte und sagte, sollte sie sie verkaufen, und vielleicht müßte sie das, dann bekäme ich die Hälfte des Geldes. Sie schrieb noch, eigentlich stünde mir ja alles zu, aber sie brauche das Geld dringend. Sie lebt jetzt in New York, und dort ist es schrecklich teuer. Sie hat zwar einen guten Job, aber der Mann, mit dem sie zusammenlebt, kann nicht arbeiten. Er hatte einen Zusammenbruch.
Ich fürchte, als ich Ihnen von Dorindas Schreck über meinen Anruf erzählte, haben Sie angenommen, Dorinda, Anne und ich hätten kaum noch Kontakt. Tatsache ist, daß wir ständig miteinander zu tun haben, wir alle drei, durch Briefe, gelegentliche Anrufe und Besuche, die allerdings selten sind. Dorinda war nur deshalb über meinen Anruf erschrocken, weil sie fürchtete, irgend etwas sei schiefgegan-gen. Aber wir drei haben uns nie aus den Augen verloren. Tut mir leid, ich fürchte, ich bin im Stadium der Schwatzhaftigkeit angelangt.«
Sie setzte ihr Glas ab, und Kate nahm ihre Hand. »Haben Sie be-fürchtet«, fragte Kate, »ich könnte Gabrielle Schaden zufügen oder Emiles Geheimnis lüften? Ist es das, was Ihnen Sorgen macht?«
»Wenn ich sagte, wir drei sind in Kontakt«, Nellie fuhr fort, als hätte sie Kates Frage nicht gehört, beantwortete sie aber gleichzeitig,
»meinte ich, daß wir drei über Sie gesprochen haben, über Ihren Plan, die Biographie zu schreiben. Wir mußten entscheiden, was wir tun wollten. Nun, ich möchte weder, daß Gabrielles noch Emiles Lebensgeschichte an die Öffentlichkeit kommt. Beide hatten ein trauriges Leben, und ich sehe keinen Sinn darin, darüber zu schreiben. Ihnen entgeht doch nicht viel, wenn Sie die Biographie sein lassen.«
Viel nicht, dachte Kate, nur die ganze Basis, auf der ich mein Leben für die nächsten fünf Jahre geplant habe. Aber spielte das wirklich eine Rolle? Verdammt – es ging um Gabrielle! Sie war und blieb das große Rätsel im Zentrum der klassischen Moderne. Sie hatte einfach das Recht, gehört zu werden. Woher wollte Nellie so genau wissen, daß Gabrielle ihre Geschichte nicht erzählt wissen wollte?
Schließlich hatte sie doch alles daran gesetzt, daß ihre Papiere, egal, was sie enthielten, aufbewahrt wurden.
Nellie hatte gewartet, bis Kate diesen Kommentar verdaut hatte.
Sie wußte natürlich, wie folgenreich er war.
»Wäre es nicht möglich«, sagte Kate, »Gabrielles Biographie zu 118
schreiben und Emile herauszulassen – ihn 1944 einfach verschwinden zu lassen und fertig?«
»Möglich wäre es natürlich«, sagte Nellie. »Aber glauben Sie wirklich, das könnten Sie tun?«
Kate dachte darüber nach. »Nein«, sagte sie. »Sie haben recht.
Das könnte ich nicht. Was man weiß, kann man nicht verschweigen.
Heute nicht mehr. In der schlechten alten Zeit wurden Biographien so geschrieben, aber heute geht das nicht mehr. Ehrlichkeit und Fak-tentreue mögen nicht viel wert sein, aber das ist das einzige, woran wir uns heute noch halten können. Ich werde das Projekt wohl fallenlassen.«
»Einiges haben Sie allerdings nicht bedacht. Sie hatten ja auch noch nicht die Zeit dazu.«
»Ich habe vieles noch nicht bedacht«, sagte Kate. »Tausend Dinge. Aber welche Bedeutung hat das jetzt noch?«
»Sie haben nicht bedacht«, beharrte Nellie, so als hätte Kate nichts gesagt, »wie sehr wir Ihnen vertraut haben.«
»Haben Sie das? Stimmt. Das war mir noch gar nicht aufgefallen.«
»Kate, ich fürchte, Sie stehen unter Schock. Denken Sie nach. Ich meine, was ich gesagt habe: Ich biete Ihnen einen Handel an – weil ich Ihnen vertraue. Nichts kann Sie davon abhalten, zu veröffentlichen, was ich Ihnen erzählt habe. -›Tut mir leid! Ihr Problem, wenn Sie so viel ausplaudern‹ – so machen es doch die meisten Journalis-ten.«
»Ich bin keine Journalistin.«
»Sie sind Detektivin, auch wenn Sie es gern bestreiten. Wahrscheinlich hätten Sie auch allein alles herausgefunden. Auf der Basis können wir doch einen Handel machen?«
»Gehen wir ein Stück«,
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