Verschwörungsmelange
nicht wahr«, schrie Reinhard jetzt. »Gestern hat es
mir einfach gestunken.«
»Aus welchem Grund?«
»Leopold«, versuchte Korber, seinen Freund zu bremsen.
Aber der bohrte ungeniert weiter: »Aus welchem Grund? Es ist
wichtig, dass du mir antwortest, glaube mir. Weil du dir selbst darüber klar
werden musst, was du willst, ob du dich weiterhin neben der Schule mit etwas
abmühen möchtest, das dir keinen Spaß macht.«
Reinhard wollte in erster Linie diesem fremden Mann keine
Auskunft geben, man sah es. Sein Verstand wehrte sich dagegen, aber seine
Emotionen suchten ein Ventil, durch das sie ins Freie konnten. »Der Trainer
macht uns nur fertig«, platzte es aus ihm heraus. »Das ist ein sadistisches
Schwein. Und jetzt hat er es auf mich abgesehen, weil ich am Sonntag ein Tor in
der letzten Minute verschuldet habe. Angeblich! Da waren aber andere auch daran
beteiligt.«
»Da haben wir’s, der Trainer ist schuld.« Leopold behielt
seinen provokanten Ton bei. »Das hört man oft, wenn es die Spieler nicht mehr
freut, oder wenn sie Fehler machen. Und dann bleibt man einfach vom Training zu
Hause.« Er schüttelte den Kopf. »Das wird nichts, junger Freund. Kein Ehrgeiz,
keine Selbstkritik. Ich rate dir, gib’s auf.«
»Wie würden denn Sie reagieren, wenn jemand Sie vor allen
fertig macht – im Duschraum, wo man so schön nackig vor den anderen dasteht.
Würden Sie nicht kurz einmal drauf pfeifen?«, fragte Reinhard jetzt sichtlich
gereizt.
»Das sehe ich schon ein, dass einen das kränkt, und besonders
intelligent vom Trainer ist es zugegebenermaßen auch nicht«, wurde Leopold kurz
sanfter. Doch sofort setzte er einen drauf: »Aber sonst bist du ja nicht so
verklemmt. Ich hab gehört, du hast dich sogar nackig fotografieren lassen.«
»Das war doch etwas ganz anderes. Das war ein Spaß, hören
Sie, ein Spaß«, verteidigte sich Reinhard.
»Du mochtest Ehrentraut, nicht wahr?«
»Was soll diese Frage? Sie … Sie interessieren sich gar nicht
für meine fußballerische Laufbahn. Sie wollen mich nur ausfratscheln. Aber das
ist mir zu blöd. Ich sage jetzt nichts mehr, hören Sie? Überhaupt nichts mehr.«
Reinhards Augen suchten Hilfe bei Thomas Korber. Der wusste
nicht so recht, was er tun sollte, und murmelte nur: »Leopold meint es nicht
so.«
»Leopold meint es durchaus so«, korrigierte ihn sein Freund.
»Leopold hat nämlich Ehrentrauts Leichnam gefunden und weiß, dass alles, was
ihn betrifft, jetzt von öffentlichem Interesse ist. Es wäre unklug, solche
Dinge geheim zu halten. Die Polizei fragt überall herum, auch zu dir wird sie
kommen. Man hat eure Fotos nämlich in Ehrentrauts Koffer gefunden. Die Polizei
ist in ihren Methoden nicht gerade zimperlich. Ich möchte nur, dass du dich
dort nicht verplapperst. Also: Erzählst du mir noch etwas, oder nicht?«
»Wir haben Bier getrunken«, begann Reinhard mit einem
leichten Seufzer. »Ehrentraut hatte Geburtstag. Nach unserem Training kam er
zum Duschraum nach hinten und brachte ein paar Flaschen mit. Wir waren locker,
ich begann mit Charly Silber zu balgen und herumzublödeln. Dann sahen wir, dass
Ehrentraut auf einmal einen Fotoapparat dabeihatte und Bilder machte, aber wir
dachten uns nichts dabei. Er fragte, ob er Fotos von uns machen dürfe mit den
Bierflaschen in der Hand, als Erinnerung sozusagen. Wir waren schon ziemlich
übermütig und haben ihm den Gefallen getan.« Dabei senkte er leicht die Stimme.
»Und dann hat er euch ein weiteres Bier spendiert, und ihr
wart noch lockerer.«
»Ja, so war es. Wir waren eben gut drauf. Vielleicht sind wir
uns am nächsten Tag ein bisschen blöd vorgekommen, aber was sollte schon sein?
Wer konnte ahnen, dass es einmal ein solches Tamtam um die Fotos geben würde.
Es war ein Spaß, nicht wie bei Moser, wo man nur zur Sau gemacht wird. Moser
hat sich dann übrigens bei Ehrentraut beschwert, weil wir eine Bierfahne gehabt
haben.«
»Was, der war auch dabei?«
Reinhard machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nein, er
hat’s aber bemerkt, als wir aus der Kabine kamen und sich wieder einmal
fürchterlich aufgeregt. Ehrentraut hat uns in Schutz genommen. Manchmal hat er
uns geholfen, wenn Moser grob war. Darum habe ich ihn gemocht.« Auf einmal
schien ihm ein besorgniserregender Gedanke zu kommen. »Wird mein Vater
eigentlich von der Sache erfahren?«, fragte er kleinlaut.
»Es wird sich leider nicht verhindern lassen«, meinte
Leopold. »Es geht jetzt
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