Verschwunden in den Flammen (German Edition)
wusste, wie viel er verdiente. Als sie ihn fragte, woher das zusätzliche Geld stammte, sagte er, er habe einen Bonus bekommen. Aber sie hat das nicht geglaubt. Sie ging mit einem Bolzenschneider raus zur Scheune und brach ein.«
»Ich würde wetten, dass sie überrascht war.«
»Ja, gelinde gesagt. Sie war schockiert. Die Scheune hatte sich in eine einzige Anbaufabrik verwandelt: eine Reihe Pflanzen nach der anderen, spezielles Licht und alle möglichen Chemikalien und Flaschen. Als sie kapierte, was vor sich ging, wurde sie wütend. Sie stellte Ken zur Rede. Er sagte ihr, wie viel Geld er mit dem Grasanbau verdiente, und dass er das meiste davon für die Altersvorsorge zurücklegte. Er versprach ihr aufzuhören, sobald er eine bestimmte Summe verdient haben würde.«
»Wusste sie, dass Patrick mit drin hing?«
»Oh ja, das wusste sie, und sie fand es gar nicht gut. Aber Ken meinte, dass er etwas Startgeld benötigt hatte, weshalb er Patrick an dem Deal beteiligte.«
»Warum fand sie es nicht gut, dass Patrick damit zu tun hatte?«
»Seit sie mit Patrick Schluss gemacht hatte, wollte sie auf Abstand mit ihm bleiben. Sie akzeptierte ihn, weil Ken ihn mochte.«
Rachel schaute entgeistert drein. »Patrick und Sam waren zusammen? Bevor sie Ken heiratete?«
»Ja, ich dachte Sie wüssten das. Es war die große Schulhofliebe zwischen Sam und Patrick. Patrick war allerdings furchtbar besitzergreifend. Ich vergesse nie sein albernes Liebesamulett, das er Sam geschenkt hatte. Ein Herz in zwei Hälften. Sie trug die eine Hälfte an einer Halskette, und er hatte die andere Hälfte.« Tammielehnte sich gegen die Bank und streckte ihre Beine aus. »Nach dem College machte Patrick ihr einen Heiratsantrag, aber Sam lehnte ab. Die Trennung war nicht gerade schön.«
»Davon hatte ich keine Ahnung. Und Ken und Patrick blieben befreundet?« Rachel fragte sich, warum Patrick nicht erwähnt hatte, dass er mit Sam zusammen gewesen war, als sie sich zwei Tage zuvor im Donut Hole getroffen hatten.
»Mit Patrick lief es bereits nicht mehr besonders gut – Sam würde vermutlich sagen, dass sie und Patrick schon getrennt waren, als sie Ken traf. Patrick sieht das anders. Er flehte sie an, sie solle wieder zu ihm zurückkommen, aber dann lernte sie Ken kennen – und alles ging ziemlich schnell. Irgendwann stand Patrick wieder auf der Matte. Er war ja auch mit ihrem Bruder befreundet. Es ist eben eine kleine Stadt.« Tammie zuckte mit den Schultern.
»War Patrick überhaupt jemals verheiratet?«
»Nein. Aber er hatte eine ernsthafte Beziehung mit Mary Anne Lipscomb, mit der er auch zusammenwohnte. Sie ist eine ältere Dame und betreibt die örtliche Apotheke. Sie haben sich vor wenigen Monaten getrennt, bevor Patrick verhaftet wurde. Er zog bei ihr aus und kaufte sich ein neues Haus etwas außerhalb. Ich glaube nicht, dass er eine Neue hat. Meiner Meinung nach ist er nie über Sam hinweggekommen. Er hatte immer geglaubt, sie würden heiraten und Kinder bekommen.«
»Und Ken hat das nicht gestört?«
»Ich weiß nicht, ob Ken wusste, dass Patrick noch immer an Sam hing. Ken ist der entspannteste, unkomplizierteste Mensch, den ich kenne. Selbst als Polizist wird er kaum jemals laut. Wenn er gewusst hat, dass Patrick noch in Sam verliebt war, dann hat er es jedenfalls nie erwähnt.«
»Und Sam? Kannte sie Patricks wahre Gefühle?«
»Ich glaube schon. Aber sie ignorierte sie. Oder sie hatte keine Zeit, sich zwischen ihrem Job und der Erziehung der beiden kleinen Mädchen darüber Gedanken zu machen. Sie hoffte, Patrick würde eine andere Frau kennenlernen.«
»Ist Patrick ein rachsüchtiger Typ?«
Tammie dachte eine Minute über die Frage nach. »Schwer zu sagen. Er durchlebte nach der Trennung eine handfeste Krise, aber er hat Sam nie etwas angetan. Ich weiß, dass er in ihre kleinen Töchter ganz vernarrt ist. Er kauft ihnen immer Geburtstagsgeschenke und solche Sachen.«
»Es hat ihn aber ziemlich mitgenommen, dass er verhaftet wurde«, sagte Rachel.
»Es war seine eigene Dummheit, bei Kens Idee mitzumachen. Er kannte das Risiko, als er einstieg.«
»Was ist mit Mack Dixon? Ich habe gehört, dass er und Sam sich nahe stehen.«
»Sie sind schon seit langer Zeit befreundet. Aber ich glaube, dass sie sich noch näher kamen, nachdem Ken verhaftet wurde. Mack sprang ein, um zu helfen. Er war immer bei ihr zu Hause, wenn sie keine Schicht hatte.« Tammie schloss ihre Augen, als versuche sie, sich an etwas zu erinnern.
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