Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)
nicht das erste Anzeichen, sagen wir, des plötzlich auftretenden letalen Ganzkörperödems ist. Das reicht mir schon.
Ja, meine Apothekerin hat mich an jenem Tag froh nach Haus geschickt – beruhigt und mit einer Schachtel Ohrstöpsel. Mehr brauchte ich gar nicht. Wenige Stunden später war die Schwellung tatsächlich verschwunden.
«Der Kunde kann den Apotheker verlangen.»
Jörg Breitkreutz, Direktor des Institutes für Technologie und Biopharmazie an der Uni Düsseldorf, über das Risiko, Krankheiten ohne ärztliche Verordnung mit Medikamenten zu bekämpfen.
Bei Befindlichkeitsstörungen – dazu zähle ich auch Husten, Schnupfen, Heiserkeit – ist es unkritisch, sich in Deutschland selbst zu therapieren. Die Medikamente, die hierzulande frei verkäuflich erhältlich sind, stellen bei richtiger Dosierung und Anwendung eigentlich keine Gefahr für den Verbraucher dar. Allerdings besteht das Risiko, dass man als Laie eine Krankheit nicht richtig einschätzt. Viele Patienten behandeln z.B. ihren Husten so lange selbst, bis sie eine Lungenentzündung entwickelt haben. Dabei gilt: Nach spätestens fünf Tagen ohne Besserung muss man zum Arzt. In der Selbstmedikation ist die Möglichkeit der Fehlbehandlung also deutlich erhöht.
Aus der Zeit, in der ich in der Apotheke gearbeitet habe, weiß ich: Die schwierigsten Kunden sind Akademiker. Denen hat man Medikamente nach dem neuesten Stand der Wissenschaft empfohlen, aber sie sind dem oft nicht gefolgt, weil sie ihr eigenes Weltbild hatten. Aus Studien wissen wir: Wenn der Apotheker Kunden z.B. darauf hinweist, dass man von Aspirin Magenbluten bekommen kann, kommt er oft nicht mehr wieder. Im Extremfall geht er in die Nachbarapotheke und holt sich noch eine zusätzliche Packung.
Bei der Selbstmedikation kommt es sehr auf die Beratungskompetenz des Apotheken-Personals an. Die Pharmazeutisch-Technische Assistentin, abgekürzt PTA , darf nie eigenverantwortlich Arzneimittel abgeben, es sei denn, der Apotheker erlaubt es ihr. Er trägt die Verantwortung – und sein Wissen ist auch weitaus umfassender. Die PTA -Ausbildung ist ein dreijähriger Lehrberuf, bei der der Fokus – anders als beim modernen Pharmaziestudium – nicht auf der pharmakologischen und klinischen Wirkung von Arzneimitteln liegt, sondern auf der Herstellung von Rezepturen. Wenn der Patient eine schwere Erkrankung hat oder einen hohen Beratungsbedarf, kann er durchaus verlangen, einen Apotheker zu sprechen, einer muss immer anwesend sein.
JENS LUBBADEH
Geht ein Mann zur Urologin …
Der Urologe ist immer für eine Überraschung gut. Vor allem, wenn es eine Frau ist.
Die Urologen-Praxis ist ein rätselhafter Ort. Mittlerweile wird aus Supermärkten getwittert, am Strand gebloggt, werden auf Facebook Ultraschall- und Röntgenbilder hochgeladen. Nur aus der Urologen-Praxis dringt nichts. Sie scheint einer der letzten Orte zu sein, an dem es noch Geheimnisse gibt. Männer kommen, setzen sich und schweigen. Aber sie ist auch ein Ort voller Überraschungen. Die erste erlebt man schon im Wartezimmer. Denn zwischen die schweigenden Männer setzen sich auch Frauen (und schweigen). Es ist nämlich ein weitverbreiteter Irrtum, dass der Urologe nur für das männliche Genital zuständig ist. Sein Ressort umfasst auch die Unisex-Organe Blase und Niere.
Nun gut, irgendwann hat Mann sich an die Frauen im Wartezimmer gewöhnt. Aber bei einer Frau im Sprechzimmer hört für die meisten der Spaß auf. Bis zu meinem 15 -jährigen Abi-Treffen wäre auch ich nie auf die Idee gekommen, dass sich eine Frau in dieses Fach verirren könnte. Doch es passiert. Beim obligatorischen «Und was machst du so?» offenbarte mir Melanie aus der Parallelklasse, dass sie Urologin sei. ‹Welcher Mann geht denn freiwillig zu einer Urologin?›, wollte ich schon ansetzen, aber sie nahm vorweg: «Ich arbeite in einer Unfallklinik.» Und da gelte: Friss oder stirb. Wenn experimentierfreudige Männer mit Penisbrüchen oder an sich feststeckenden Staubsaugerschläuchen frühmorgens um halb drei auf die zierliche Ein-Meter-sechzig-Ärztin treffen, gebe es erst einmal erstaunte Gesichter. Manche gehen dann wieder, erzählt sie mit einem süffisanten Lächeln, aber «die meisten bleiben».
Nun mögen an ihrer Arbeitsstelle die Gesetze des freien Marktes aufgrund der Umstände eingeschränkt sein. Aber wie steht es um niedergelassene Urologinnen? Ich würde vermuten, dass sie so viel Kundschaft wie ein Schneeräumdienst im Sommer haben.
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