Vertraglich Verpflichtet (Daniel & Juliet - eine Liebesgeschichte, Teil 1) (German Edition)
der Vorstellung fuhr ich vollkommen erschöpft nach Hause. Das intensive Training in Verbindung mit der Abendaufführung waren fast zuviel des Guten.
Um kurz vor Mitternacht schreckte mich das Piepsen meines Handys aus dem Halbschlaf. Bitte, keine weiteren Nachrichten! Oder vielleicht doch, vielleicht ein Gute-Nacht-Gruß von Daniel?
Doch meine Hoffnung erfüllte sich nicht. Eine SMS von einem unbekannten Anrufer wartete schon auf mich.
Miss Walles, ich muss Sie dringend treffen. Bitte warten Sie morgen Nachmittag um Punkt drei am Eingang zur Tiefgarage des Ritzman Hotels auf mich. Ich habe wichtige Dokumente, die ich Ihnen übergeben soll. Es geht dabei um Ihr Leben. Bis morgen. Peter Wallenstein
Keine Telefonnummer wurde übertragen, es war mir daher nicht möglich, zurückzurufen und Peter Wallenstein von den Anrufen zu berichten. Doch der Fremde schien auch so in Alarmstimmung zu sein. Ich konnte nur hoffen, dass sich morgen alles aufklären würde.
Montag, 21. Mai 2012
Ich freute mich darauf, endlich wieder zu arbeiten. Das Wochenende war keineswegs so erholsam gewesen, wie erhofft, doch hier im Hotel schien die Zeit stehengeblieben zu sein. Man fühlte sich immer ein wenig wie in einem Paralleluniversum, abgeschnitten von der hektischen Außenwelt verbrachten wir unsere Stunden in einem Kokon aus leiser klassischer Musik, eleganten Blumengestecken und höflicher Zwiesprache mit unseren erlesenen Gästen.
Naja, meistens jedenfalls. Heute früh konnte man eher den Eindruck bekommen, als ob die meisten Hotelgäste ihre guten Manieren vergaßen, sobald sie eine Schlüsselkarte in die Hand gedrückt bekamen. Ich las in unserem Logbuch die Einträge der Nachtschicht:
23.55 Uhr: Herr und Frau Tanaka aus Zimmer 1304 kehren mit zwei Prostituierten zurück ins Hotel. Als den Begleiterinnen der Zutritt verwehrt wird, verlangen die Gäste, mit dem Hoteleigentümer zu sprechen. Wir haben die Gäste gebeten, am Morgen an der Rezeption nach dem Manager zu fragen.
00:02 Uhr: Anruf aus Zimmer 2315 und Beschwerde über laute Geräusche aus dem Nebenzimmer (Zimmer 2316 ist nicht belegt). Der Nachtportier war nicht in der Lage, den Grund für die Störung zu ermitteln. Bitte heute mit dem Haustechniker abstimmen!
00.27 Uhr: Mr. Thompson aus Zimmer 1002 benutzt die öffentliche Toilette im Erdgeschoss und entwendet dabei sämtliche Handtücher (circa 25 Stück). Auf Nachfrage hat er sie jedoch unserem Portier überreicht.
01:23 Uhr: Mr. Thompson aus Zimmer 1002 beschwert sich über die ausbleibende Bestellung beim Zimmerservice (Zwei Tequila Sunrise). Nachtmanager bemerkt, dass heute nur eine Aushilfskraft an der Bar arbeitet und diese nicht in der Lage ist, den gewünschten Cocktail zuzubereiten. Haben im Internet ein Rezept gefunden, der Gast war schließlich zufrieden.
04:35 Uhr: Mr. Timothy, Zimmer 3312 ist mit Gepäck zum Auschecken angetreten, wie üblich konnten wir ihn davon überzeugen, dass er erst in drei Wochen auschecken muss.
05:12 Uhr: Mrs. Tanaka aus Zimmer 1304 ist unbekleidet im Pool schwimmen gewesen, während dieser für die chemische Reinigung geschlossen war. Die Security hat sie zurück auf ihr Zimmer begleitet. Sie will immer noch mit dem Eigentümer sprechen.
05:15 Uhr: Heftiger Streit zwischen Herr und Frau Sullivan, die gerade aus Zimmer 4208 auschecken (über die Spa-Rechnung). Frau Sullivan wirft dabei wütend ihren Ehering durch die Lobby. Auch eine 45-minütige Suche des gesamten Nacht-Teams kann den Ring nicht finden und um 06:00 Uhr fahren beide (getrennt) zum Flughafen. Falls sich der Ring anfindet, bitte an Frau Sullivan schicken.
Mal wieder der ganz normale Wahnsinn. Gegen halb acht tauchten dann auch schon die Eheleute Tanaka auf, und wie befürchtet verlangten sie, mit Daniel zu sprechen.
»Miss, ich verstehe gar nicht, wieso Sie sich so unkooperativ verhalten. Wir sind hier Gäste und haben das gute Recht, jederzeit den Eigentümer zu sprechen, ob es dem jetzt passt oder nicht!«, keifte Frau Tanaka.
Ich wusste nicht genau, wie solche Forderungen gehandhabt wurden, konnte mir aber kaum vorstellen, dass Daniel persönlich in die Tagesgeschäfte seiner Hotels verwickelt war. »Verzeihen Sie bitte die Umstände, aber wenn Sie mir sagen, wie ich Ihnen helfen kann, dann werde ich das gern tun.« Bei meiner Antwort musste ich mich zwingen, nicht ständig auf die giftgrünen Haare von Frau Tanaka zu starren, die sie sich wohl durch ihren nächtlichen Schwimmbadbesuch verfärbt
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