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Vertrau deinem Herzen

Vertrau deinem Herzen

Titel: Vertrau deinem Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Wiggs
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ihr denn einen Fernseher, als du bei den Pfleges gewohnt hast?“
    Sie schnaubte, wie sie es immer tat, wenn sie zeigen wollte, dass sie sarkastisch war.
    Aaron bereute es, gefragt zu haben, aber nun war es zu spät. Die Worte waren draußen, hingen zwischen ihnen in der Luft.
    „Die hießen nicht Pflege“, sagte sie. „Das Wort ist Pflegefamilie. Das sind Leute, die sich um Kinder kümmern, die nicht bei ihren echten Eltern wohnen können.“
    Aaron wartete. Er fühlte, dass sie weitersprechen würde, wenn er seinen Mund hielte. Es war schwer, aber er blieb stumm.
    Und tatsächlich, nach einer kleinen Pause sprach sie weiter. „Vor ein paar Jahren entschied man, dass ich in einer ungesunden Umgebung aufwüchse und meine Mom eine Loserin wäre, die versuchte, mich loszuwerden. Also wurde ich in meine erste Pflegefamilie gesteckt. Sie war ganz in Ordnung, glaube ich. Sie bekommen Geld vom Staat dafür, dass sie Pflegekinder aufnehmen, und diese Familie hatte einen ganzen Haufen davon. Und wo wir gerade vom Fernsehen sprachen ...“ Sie stieß einen leisen Pfiff aus. „Dort stand in jedem Zimmer ein Fernseher. Ich habe in dieser Zeit ungefähr hundert Jahre ferngesehen.“
    Aaron versuchte zu entscheiden, ob das ein fairer Tausch war, seine eigene Mutter aufzugeben und dafür Fernsehen im Gegenwert von hundert Jahren schauen zu dürfen. Nein, entschied er, auch wenn Nickelodeon so ungefähr das Beste war, was die Welt zu bieten hatte. Er schaute es immer bei einem Freund zu Hause.
    „Ich musste jedes Jahr umziehen“, erklärte Callie. „Immer, wenn ich mich an einen Ort gewöhnt hatte, musste ich wieder weg.“
    „Warum?“
    „Weil das so läuft. Sie haben es mir nie erklärt. Nur gesagt, dass ich meine Sachen packen soll. Bei der letzten Familie bin ich dann aber freiwillig gegangen.“
    „Warum?“
    „Ich bin ... mit denen nicht klargekommen. Also habe ich gedacht, ich versuche mal, allein zu leben. Ich wollte mir eigentlich Kanada anschauen, aber ohne Reisepass und Geburtsurkunde kam ich nicht weit. Und so bin ich in Port Angeles gelandet, wo Mrs Newman mir einen Job gegeben hat.“
    „Und dann hast du uns getroffen“, ergänzte Aaron.
    „Genau.“
    „Sind wir inzwischen deine Familie?“
    Sie schwieg, aber er drehte sich nicht zu ihr um. Dann stupste sie ihn leicht an der Schulter an. „Ja, Kleiner“, sagte sie. „Ihr seid meine Familie.“
    Das ist cool, dachte er. Mit Callie hatte er zwar nicht ganz so viel Spaß wie mit seinen Cousins und Cousinen, aber immerhin war sie jemand, mit dem er herumpaddeln konnte und ...
    „Was war das?“, fragte sie plötzlich leise zischend. Der Klang ihrer Stimme verursachte ihm eine Gänsehaut.
    „Was?“, fragte er.
    „Ich hab da oben was zwischen den Bäumen gesehen.“
    Sie zeigte auf die Klippen, die von gigantischen Bäumen überschattet wurden.
    „Ich seh nichts.“ Aarons Haut juckte.
    „Sieh noch mal hin. Es ist ... oh mein Gott.“
    Dann sah Aaron es auch. Sah ihn. Den Geisterjungen. Er stieß einen leisen Schrei aus, als er durch die Bäume stob und sich die Klippe hinunterstürzte, wild mit den Armen wedelte und kopfüber ins Wasser tauchte. Das alles passierte in einem von blendenden Sonnenstrahlen erhellten Fleck, der sich schnell in die kalten Schatten des Sees zurückzog.
    Aaron versuchte zu schreien, aber seine Stimme gehorchte ihm nicht. Dann sah er zu seinem Entsetzen, dass er das Paddel losgelassen hatte. Es schwamm eine Armlänge entfernt neben dem Kajak. Für eine Sekunde starrte er es einfach nur an und bedauerte, nicht die Nylonschnur und das Klettband benutzt zu haben, um es an seinem Handgelenk zu befestigen. In totaler Panik langte er nach dem Ruder, wobei er fast aus dem Sitz gefallen wäre.
    „Sitz still!“, schrie Callie ihn an. „Du bringst uns noch zum Kentern ...“
    Es war zu spät. Das Kajak kippte zur Seite und warf sie beide ins Wasser.
    Aarons Gesicht schlug auf dem Wasser auf, und er wusste, dass er verloren war. Der See zog an seinen Armen und Beinen, eiskalt, unentrinnbar. Er wurde nach unten gezogen, tiefer und tiefer, und vielleicht würde er sich in einen Fisch verwandeln, wenn er nur tief genug nach unten käme. Oder in einen Geisterjungen. Er würde ein Geist werden wie der kleine Indianer.
    Er schrie, aber das Wasser nahm ihm seine Stimme. Er ertrank, das kalte Wasser füllte seinen Mund und seine Nase. Panik erfasste ihn, zog sich immer näher um ihn zusammen, presste das Leben aus ihm heraus. Irgendjemand

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