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Vertraute Schatten

Vertraute Schatten

Titel: Vertraute Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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Mühe, seinem durchdringenden Blick ruhig standzuhalten. Sie verschränkte die Hände ineinander, allerdings so verkrampft, dass es ihm unmöglich verborgen bleiben konnte.
    »Sieht aus, als hättest du plötzlich Angst vor mir, Kätzchen.« Damien trat noch einen Schritt auf sie zu, seine Augen glichen in der Dunkelheit denen einer Katze. Seine Stimme klang sanft, aber es lag etwas in ihr, das Ariane am liebsten Reißaus hätte nehmen lassen. Sie musste all ihren Mut aufbieten, um nicht zurückzuweichen. Denn das hätte ihn nur ermutigt.
    »Angst nicht«, sagte sie schließlich, obwohl das Wort die Wahrheit ziemlich gut traf. »Es ist nur … Bedeutet dir ein Leben so wenig? All die Leute, die du getötet hast, all die Dinge, die du zerstört hast … Bedauerst du nie, was für ein Leben du führst?«
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Das kannst auch nur du fragen, ein verhätscheltes Blaublut, das nie in seinem Leben auch nur einen Finger krummmachen musste.«
    »Aber dich hat man doch genauso verhätschelt, oder? Du bist so –«
    »Wohl erzogen? Ja, Ariane, meine Gouvernanten haben großen Wert auf gute Manieren gelegt. Und dass mein Vater sie als hübsche Spielzeuge betrachtet hat, die man um den Finger wickelt und sich vom Hals schafft, sobald man keine Verwendung mehr für sie hat, hat dafür gesorgt, dass ich jede Menge Lehrerinnen hatte. Bist du wirklich so an meinem Stammbaum interessiert? Suchst du unter der Schale des Mörders nach dem Prinzen?«
    Die Verbitterung, die aus seinen Worten klang, erwischte sie kalt. Wenn sie gezweifelt hatte, ob er zu echten Gefühlen fähig war, dann hatte sie jetzt Gewissheit. Im Guten wie im Schlechten.
    »Ich versuche nur, dich zu verstehen«, sagte sie kleinlaut.
    »Da gibt es nichts zu verstehen. Früher war ich ein Adliger. Und jetzt bin ich keiner mehr. Ich tue, was mir gefällt, wann es mir gefällt. Genau wie damals. Nichts hat sich geändert, nur dass ich jetzt dafür bezahlt werde, mich schlecht zu benehmen.« Er rückte noch näher an sie heran, und seine Stimme wurde zu einem gefährlichen Knurren. Schließlich berührten sich fast ihre Nasenspitzen. In Ariane erwachte ein Verlangen, heiß und unerwartet. Ihr blieb keine Zeit, sich zu fragen, weshalb sie einen Mann mit solch einer gebrochenen Persönlichkeit begehrte. Sie reagierte instinktiv, mehr nicht.
    »Hör auf zu versuchen, mich zu vergraulen«, sagte sie leise. Seine Augen glühten wie blaues Feuer. Ihr ganzer Körper kribbelte bei der Aussicht, von ihm berührt zu werden.
    Damiens Miene nahm einen gequälten Zug an.
    »Es wäre besser für dich, wenn du dich in Sicherheit bringst, Ariane. Du bist dermaßen unschuldig. Du wirst sonst bös unter die Räder kommen.«
    Sie brachte ein zaghaftes Lächeln zustande. »Ich glaube kaum, dass sich eine Frau im 21. Jahrhundert darüber noch groß Gedanken machen muss. Selbst ich weiß, dass sich die Zeiten geändert haben.«
    Er schüttelte leicht den Kopf. »Nein, Kätzchen, ich rede nicht von deinem guten Ruf. Ich rede von deinem Herzen, von deiner Seele. Wie leicht können die Schaden nehmen. Deshalb mache ich mir Sorgen um dich.«
    Dieses süße Geständnis verschlug Ariane kurzzeitig die Sprache. In seinen Augen lag so große Pein, eine so unglaubliche Traurigkeit, dass sie spontan den Arm um ihn legte und ihn küsste. Er drehte den Kopf zur Seite, atmete schwer, versuchte aber nicht, sich ihr zu entwinden.
    »Wage es ja nicht, Mitleid mit mir zu bekommen. Das brauche ich nicht, und das will ich auch nicht. Ich warne dich.« Seine Stimme war rau geworden unter dem Ansturm der Gefühle, die sich jetzt, nachdem die Mauern, die er um sich errichtet hatte, deutliche Risse bekommen hatten, ihren Weg bahnten. Aber sie würde sich hüten, weiter in ihn zu dringen. So gut kannte sie ihn mittlerweile. Er schien auf einen Streit aus zu sein, weil das der einfachere Weg war.
    Den Gefallen würde sie ihm nicht tun.
    »Das ist kein Mitleid«, murmelte sie und presste ihre Lippen auf seine Wange. Der Wunsch, die Verletzungen – was auch immer das war – zu heilen, die ihn zu dem gemacht hatten, was er war, würde zu nichts Gutem führen. Doch das Bedürfnis, ihn im Arm zu halten, war so stark, dass sie nicht dagegen ankämpfen konnte.
    Damien erschauerte, er legte die Arme um sie und drückte sie fest an sich. Seine Hände verkrallten sich in ihrem Kleid. Sie spürte die Spannung, unter der er stand und die ihn wie einen elektrisch geladenen Zaun vibrieren ließ.
    Sie

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