Viel Trubel um Sam
nahm den Hörer ab. “Hallo?”
“Samuel O’Neil Stevenson, hast du eine Frau bei dir?”
“Tante Polly.”
“Hör auf mit diesem Tante Polly. Virginia Marston hat mich gerade angerufen. Offenbar ist so eine verrückte Frau über ihren Zaun geklettert, dann durch den Garten in dein Haus gerannt. Bist du wieder bei deinen alten Spielereien angekommen?”
“Nein, Tantchen.” Sam verdrehte die Augen zur Decke.
“Du weißt, der Weg in die Hölle ist mit S-E-X gepflastert.”
“Ich dachte, du wolltest unbedingt Großnichten und -neffen haben.”
“Aber nicht so”, stieß sie hervor. “Sondern auf die normale Art und Weise. Heirate erst mal.”
“Nun, ich kann dich beruhigen, Tantchen, ich habe keinen Sex.”
Zumindest nicht in diesem Moment.
Sam warf einen Blick auf Edie und drückte den Hörer gegen die Brust. “Meine Tante Polly”, erklärte er ihr.
“Sam? Sam?” Gedämpft erklang Tante Pollys Stimme in der Küche. “Hast du was gesagt? Bist du noch da?”
Mit einem tiefen Seufzen nahm Sam den Hörer wieder ans Ohr. “Ich bin noch da.”
Edie flüsterte: “Ich gehe jetzt. Wir sehen uns morgen bei der Arbeit.”
Sam hätte sie am liebsten aufgehalten. Er wollte, dass sie bei ihm blieb, und gleichzeitig wünschte er sie so weit weg wie nur irgend möglich. Himmel, er wusste überhaupt nicht, was er wollte. Diese Frau verwirrte ihn total, machte ihm das Denken schwer und seine guten Absichten zunichte.
“Ich kann nicht zulassen, dass fremde Frauen über Zäune klettern, um zu dir zu kommen”, dröhnte Tante Polly an seinem Ohr.
“Natürlich nicht, Ma’am.” Er sah, wie Edie sich umdrehte und aus der Küche ging. Sein Blick war auf das Loch in ihrer Hose gerichtet, durch das ihr fester, runder Hintern schaute, und gleich war er wieder unendlich erregt.
Verdammt, hätte dieser verfluchte Snookems sie bloß nie gebissen.
Und hätte Tante Polly bloß nicht angerufen und sie unterbrochen.
Aber vor allem: Würde er Edie Preston nur nicht mehr begehren als jede Frau zuvor.
Wenn Dr. Braddick wüsste, was in Sams Küche vorgefallen war, würde er sie sofort auffordern, das Projekt zu beenden. Wenn er wüsste, welche Gefühle in ihr tobten, würde er sie vermutlich komplett rauswerfen. Edie seufzte und rutschte noch tiefer in die Badewanne.
Was sollte sie nur tun?
Sie ließ das Wasser ablaufen, stieg aus der Wanne und wickelte sich in ein Handtuch.
Diese Faszination für Sam konnte ihre Doktorarbeit gefährden, andererseits: Wenn sie ihre Feldforschung aufgab, welche Möglichkeit blieb dann noch, ihm und anderen zu helfen?
Das Wichtigste war also zu beweisen, dass Sam die Hilfe wert war. Um ihr Ziel zu erreichen, musste sie ihre sexuellen Gefühle für ihn unterdrücken. Ganz egal, wie sehr sie ihn auch begehrte, sie durfte sich auf keinen Fall hinreißen lassen.
Aber da gab es etwas, das sich in ihrem Gehirn eingebrannt hatte und sich einfach nicht verdrängen ließ.
Nämlich die Frage, wie sie ihre Patienten verstehen wollte, wenn sie selbst sich niemals zu ihren dunklen Seiten bekannte.
Wie Sam gesagt hatte, sie musste einmal etwas riskieren.
Er hatte absolut recht. Sie wusste gar nicht, wie es war, einfach loszulassen und wirklich zu leben. Aber sollte sie tatsächlich irgendwann beschließen, ihren Horizont zu erweitern, dann bestimmt nicht mit Sam.
Edie schlüpfte in den Bademantel, kämmte sich das Haar und tapste in ihr Schlafzimmer, als das Telefon klingelte.
Sam, dachte sie sofort. Doch wieso sollte er sie anrufen?
Sie nahm beim zweiten Klingeln ab und hockte sich aufs Bett. “Hallo?”
“Edie?”
“Ja?”
“Hier ist Jules. Jules Hardy aus dem Kaufhaus.”
“Hallo, wie gehts dir?”
Jules Hardy war eine vollbusige, temperamentvolle Rothaarige aus der Kosmetikabteilung. Sie hatte ständig irgendwelche Rendezvous und erzählte gerne wilde Geschichten über ihre Abenteuer und Missgeschicke einer jungen Singlefrau im einundzwanzigsten Jahrhundert. Niemand war besser geeignet, um Edie beizubringen, wie man am Besten etwas riskierte.
“Hör mal, ich habe da so ein kleines Problem, und wie ich gehört habe, studierst du, um Seelenklempner zu werden.”
“Psychologin. Ja, das stimmt.” Edie strich sich eine feuchte Haarsträhne hinters Ohr. “Was kann ich für dich tun, Jules?”
“Also, ich würde das lieber nicht am Telefon besprechen. Es ist ziemlich persönlich, es geht um meinen neuen Freund, Kyle Spencer. Es war nämlich Kyle, der mir geraten hat, dich
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