Vielleicht Verliebt
runterlaufen, wird das Bild kurz scharf, dann verschwimmt es wieder.
Ich kann B-O nicht behalten.
Ich kann B-O nicht behalten.
Ich kann B-O nicht behalten.
E va geht vor Elisa in die Hocke. »Wir sind wieder da.«
Elisa weiß nicht, wie lange sie auf dem Boden vor dem Käfig gekauert hat. Fünf Minuten? Zwei Stunden? Die Zeit hat sich einfach ausgeschaltet.
Sie weiß nicht, was sie gedacht hat.
Sie weiß nicht, ob sie überhaupt was gedacht hat.
Es ist, als hätte sie geschlafen. Mit offenen Augen. Auf dem Grund eines Brunnens. Ohne Traum.
Eva wischt ihr die Wangen ab. »Mai und Juni haben in der Notaufnahme ein Medikament bekommen. Es geht ihnen schon wieder viel besser.« Ihre Stimme ist ganz sanft. »Wir bringen B-O jetzt erst mal auf die Terrasse. Willst du auch draußen übernachten?«
Elisas Arme und Beine sind taub. Ihr Po ist taub. Sogar ihr Gesicht ist taub. Aber innerlich, von der Kehle bis in den Bauch, spürt sie ein wütend-verzweifeltes Brennen. »Alles ist falsch!« Sie schreit, so laut, als müsste sie sich selber damit aufwecken. Und es klappt. Wo vorher nur Schwärze war, ist plötzlich wieder das Wohnzimmer. Und im Wohnzimmer stehen die Einser, Mai und Juni, Tristan und Joram und sehen sie erschrocken an.
»Tristan muss wieder ausziehen! Ich wusste, dass was nicht stimmt, als er Juni im Garten rumgewirbelt hat. Ich hab es gefühlt! Und nur, weil Annelie und Arthur B-O mitgebracht haben und ich ihn so gern haben wollte, dachte ich, das wäre ein gutes kosmisches Zeichen. Aber jetzt ist schon wieder was mit Mai und Juni. Was Schlimmes. Wegen B-O! Wegen Tristan! Er ist eine Gefahr!«
»Was redest du denn da?« Eva schüttelt sie.
Eva hat sie noch nie geschüttelt.
Schluchzend lässt Elisa sich in ihre Arme fallen. »B-O hat das Lied von Papa Paul geflötet. Und jetzt muss ich ihn wieder abgeben. Das ist das Schrecklichste, was mir je passiert ist. Wir sollen keinen neuen Vater kriegen! Das ist die Botschaft vom kosmischen Plan!«
Evas Arme haben sich fest um Elisas Brust geschlungen. Wieder schaltet sich die Zeit aus und ist nicht mehr zu spüren.
»Elisa-Kind.« Zittrig und ernst dringt die Stimme von Oma Eins in die dunkle Umarmung. »Wir bringen jetzt diesen Vogel nach draußen, und dann versammeln sich mal alle am großen Tisch. Wir müssen dir was sagen. Und dir auch, Eva.«
***
»Wir wissen, warum du so schlimm geweint hast, als Tristan mit Juni Flieger gespielt hat.« Oma Eins hat die linke Hand zur Faust geballt und knetet sie mit der rechten.
Opa Eins hat ihr seinen Arm auf den Rücken gelegt und beobachtet sie beim Kneten. Aber seine Augen wirken dabei starr, als würde er gar nichts sehen.
Elisa traut sich nicht, Oma Eins zum Weiterreden zu drängen, obwohl sie noch nie so gespannt war wie jetzt gerade.
Endlich hebt Oma Eins ihren Kopf und sieht Eva an. »Erinnerst du dich noch, als Elisa die Gehirnerschütterung hatte?«
Eva nickt. »Natürlich.«
»Gehirnerschütterung?«, fragt Elisa. »Wann denn?«
»Da warst du fünf.« Jetzt guckt Oma Eins Elisa an. »Eva hat an dem Nachmittag ein Haus verkauft. Und wir haben auf dich aufgepasst.« Sie seufzt, und ihr Atem stottert beim Einatmen ganz komisch. »Es war Sommer, wir waren alle im Garten. Opa Eins und ich hatten uns die Liegestühle rausgestellt und dabei zugeguckt, wie Paul mit dir gespielt hat. Du hast die ganze Zeit gekichert und gelacht. Ihr habt Fangen gespielt und Verstecken … Die Sonne schien uns in die Gesichter, und irgendwann müssen wir eingenickt sein.« Oma Eins guckt zu Opa Eins rüber, der immer noch ihre Hände anstarrt. Er nickt.
»Ich bin von deinem Angstschrei hochgeschreckt.« Jetzt verschränkt Oma Eins die Finger, die davon ganz weiß und glatt werden, und wendet den Kopf Eva zu. »Elisa ist damals nicht vom Baum gefallen, Eva.«
An ihrer zitternden Stimme merkt Opa Eins wohl, wie schwer es ihr fällt weiterzusprechen. Er sieht endlich auf und übernimmt das Reden für sie. »Paul hat Flieger mit Elisa gespielt. Die letzte Runde haben wir noch gesehen – dann sind ihm die kleinen Händchen weggerutscht.«
Eva schlägt sich die Hand vor den Mund.
»Und dann bin ich runtergefallen?«, fragt Elisa.
Oma Eins schluchzt.
Opa Eins schüttelt den Kopf. »Schlimmer, Kind. Du bist gegen den Apfelbaum geknallt. Wir dachten, du bist tot.«
»Hubert!« Elisa erkennt die Stimme von Oma Eins gar nicht wieder.
»War ich ohnmächtig?«, fragt sie atemlos.
Opa Eins nickt. »Ja, minutenlang. Es
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