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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Verbittert, unterkühlt und patschnass verließ er das Dritte Dorf. Er spürte die Augen der Leute in seinem Rücken und marschierte in die Richtung des Gebirgszuges. Dort in irgendeinem geeigneten Trümmerstück gedachte er die sieben Tage zuzubringen. Noch eine Nacht im Dreck würde ihn umbringen, das spürte er. Den ganzen langen Weg schimpfte er halblaut vor sich hin und sagte sich, dass halbwegs bescheuert sein müsse, wer mutterseelenallein über die Oberfläche eines fremden Planeten stapfe und dabei mit sich selber rede. Am Nachmittag desselben Tages ging ihm auf, wie lausig seine Kalkulation war: Er hatte kaum Lebensmittel. Er hatte Heidenangst vor nächtlichen Spukgestalten. Er hatte Horror vor seltsamen Schreien in der Dunkelheit. Er hatte im Überfluss Wasser, in Stiefeln, Haaren und sämtlichen Kleidungsstücken. Selbst seine Unterwäsche war durchnässt. Seine Nieren schmerzten wie Steine, die ihm jemand in den Rücken geschossen hatte. Und wer sollte ausschließen, dass die Vilmer den dichten Nebel nicht herbeiriefen, um ihn am Gleiter vorbeitappen zu lassen, dieses und das nächste Mal und so weiter? Und, etwas simpler, dass sie den Gleiter nicht per Funk abbestellten?
    Mit solchen Grübeleien verbrachte Kevin seine erste Nacht im Gebirge, dem Trümmerhaufen, der früher ein riesiges Raumschiff gewesen war. Am Rande eines geborstenen Segmentes, das teilweise ausgeschlachtet worden war, richtete er sich in etwas ein, das eine Schleusenkammer gewesen sein musste. Genau betrachtet, war es nichts weiter als eine Höhle. Die Rückwand war eine große, hoffnungslos verkeilte Luke; die Seitenwände bestanden aus Löchern und durcheinanderhängenden Kabeln, das Dach war aus schrundigem Metall und der Fußboden aus schlüpfrigem Gummi. Der Reporter weigerte sich, darüber nachzudenken, was sich hinter der Luke verbergen mochte. Er wusste, dass nur die wenigsten Opfer des Absturzes geborgen, weggebracht und beerdigt waren. Immerhin, dachte Kevin, fällt mir nicht ständig dieser unausstehliche Regen auf den Schädel wie eine perfide Wasserfolter, und wenn ich Glück habe, kann ich in diesem Loch meine Montur ein bisschen trocknen. Natürlich kam er wieder kaum zum Schlafen. Was ihn wachhielt, war nicht das Getön der Dickichte, sondern das Stöhnen und Scheppern des Gebirges selbst. Da bewegte der Wind lose Konstruktionen, verbogene Gestänge rieben sich kreischend aneinander. Der Regen floss laut in den Ruinen. Es tröpfelte, rieselte und gurgelte unaufhörlich ins Tal. Irgendwo sammelte ein instabiles Blech das Wasser, bog sich unter der zunehmenden Last und goss schließlich den Teich als dröhnenden Wasserfall in die Trümmer hinunter, um hernach nach oben zu schwingen und sich erneut zu füllen. Obwohl Kevin vor dem Regen geschützt war, trockneten seine Sachen nicht. Sie umgaben seinen Leib wie kalte Bretter, und seine Haut war an manchen Stellen völlig gefühllos. Trotzdem schlief Kevin einige Stunden, erschöpft und vom Herabschlagen des Wassers gestört. Er träumte wildes Zeug von nässetriefenden geflügelten Ungeheuern, die ihm im Vorbeifliegen jeden Fetzen wärmender Kleidung vom Leibe rissen und unter schaurigen Schreien im Nebel verschwanden.
    Kevin erwachte vom blechernen Klang sich entfernender Schritte und hielt sie für eine Sinnestäuschung. Jeder einzelne Knochen tat ihm weh; in die Gelenke hatte jemand Bleisand gefüllt. Nach mehreren mühseligen Stunden der Suche – seine Sachen sogen sich hurtig wieder voll Feuchtigkeit – hatte er einen Havariesatz gefunden, der von den Leuten aus dem Dritten Dorf übersehen worden war. Wahrscheinlicher, dass sie das Ding liegengelassen hatten, weil das Verfallsdatum längst abgelaufen war. Die Nahrung würde für zwei Tage reichen; der beigepackte Spiegel erschreckte Kevin mit einer unansehnlichen Fratze, die er mühsam als seine eigene erkannte: übernächtigt, fahl, mit geröteten Augen, eingefallenen Wangen und Zweitagesbart. In diesem Augenblick, da er sich über sein verändertes Antlitz wunderte, spürte er, dass ihn jemand anstarrte. Er drehte sich um und blickte geradewegs in die Augen eines Eingesichts, die ihn ungerührt fixierten.
    »Sie brauchen sich nicht zu fürchten«, sagte Tom, der auf dem Grat gegenüber stand, als wäre er behaglich aus einer verborgenen Luke gestiegen, »sie tut keinem was. Nicht mal Ihnen. Kann ich herunterkommen?«
    Kevin nickte sprachlos. Tom sprang in das Chaos der regentriefenden Trümmer hinab und war in

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