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Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Titel: Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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ihrer Tage im Gefängnis verbringen. Wenn der Richter und die Geschworenen das hören, verschwinden sie aus Ihrem Leben, so vollständig, als hätten Sie sie erschossen. Dann müssten Sie keine Strafe für einen Mord absitzen.«
    »Aber das wäre nicht Auge um Auge, oder?«, fragte sie.
     
    Virgils Handy klingelte. Alle zuckten zusammen. Ein Lächeln huschte über Alma Floods Gesicht.
    »Gehen Sie ran«, sagte sie zu Virgil. »Sonst treibt das Klingeln uns in den Wahnsinn.«
    Virgil fischte das Handy mit der freien Hand aus seiner Tasche. »Ja?«
    »Gene hier. Wir können Sie hören. Jenkins sitzt auf dem Baum vor dem Haus und schaut durchs Fenster. Er sagt, er hätte sie im Visier. Zwischen ihm und ihr sind allerdings zwei Glasscheiben, und er kann nicht garantieren, dass niemand sonst verletzt wird. Er möchte, dass Sie ja oder nein sagen.«
    »Nein, noch nicht«, antwortete Virgil. »Definitiv nein. Wahrscheinlich schaffe ich es allein. Im Moment bin ich sehr beschäftigt; wir unterhalten uns später, okay? Ja, ihr geht’s gut, es geht allen gut. Ich muss jetzt aufhören. Bis dann.« Er beendete das Gespräch und steckte das Handy wieder in die Tasche.
    »Das war lächerlich«, bemerkte Alma Flood.
    »Ja, stimmt«, pflichtete Virgil ihr bei. »Mrs. Flood, ich mache Ihnen einen Vorschlag …«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte das zu Ende bringen. Mädchen: Wie lautet euer Urteil zu Wally? Schuldig oder nicht schuldig?«
    »Tun Sie das Ihren Töchtern nicht an«, bat Virgil sie.
    »Wissen Sie, was sie hier draußen über Mädchen sagen, Mr. Flowers?«, fragte Alma Flood. »›Alt genug zum Bluten, alt genug zum Schlachten.‹ Und genau das tun sie.« Sie wandte sich ihrer älteren Tochter zu. »Edna?«
    »Schuldig«, antwortete Edna.
    Helen nickte mit ernstem Gesicht. »Schuldig.«
    »Alma …«, sagte Rooney.
    »Schuldig im Sinne der Anklage«, erklärte Alma und drückte ab.
     
    Der Knall war ohrenbetäubend laut in dem kleinen Raum, so laut, dass Virgil fast vom Stuhl gefallen wäre. Als er sich von seinem Schrecken erholt hatte, war die Schrotflinte auf Einstadt gerichtet, und Alma brüllte Virgil an: »Bewegen Sie die Waffe keinen Millimeter!«
    Rooney war, in Brust, Hals und Gesicht getroffen, nach hinten geschleudert worden und hauchte, Blutschaum vor dem Mund, im Ruhesessel sein Leben aus.
    Wieder klingelte Virgils Handy. Er ging ran. »Mit mir ist alles in Ordnung. Mrs. Flood hat gerade Wally Rooney erschossen. Alle bleiben an ihrem Platz. Das Gespräch geht weiter.«
    Helen betrachtete Rooney. »Er sieht furchtbar aus.«
    »Das liegt daran, dass deine Mutter ihm ins Gesicht geschossen hat«, erklärte Einstadt. »Sieh ihn dir gut an. Das Gleiche will sie mit deinem Opa machen. Ihn erschießen wie einen kranken Gaul.«
    »Mir gefällt er so besser«, sagte Edna.
    »Er war krank, krank im Kopf«, erklärte Alma. »Man musste ihn von seinem Leid erlösen wie einen tollwütigen Hund.«
    »Du bist diejenige, die hier Tollwut hat«, erwiderte Einstadt. »Wenn du einen alten Freund erschießt.«
    »Jetzt sprechen wir über dich, Vater«, verkündete Alma und blickte Virgil an. »Es soll ein gerechtes Verfahren werden. Weil Sie der Gesetzesvertreter sind und ich alles richtig machen möchte, ernenne ich Sie zum Verteidiger. Sie können zu seiner Verteidigung sagen, was Sie wollen, und ich werde Ihnen zuhören. Halten Sie das für gerecht?«
    »Herrgott, er will doch, dass ich sterbe«, fluchte Einstadt und wand sich auf seinem Sessel. Alma hob den Lauf der Schrotflinte ein wenig an.
     
    Virgil betrachtete Rooney oder besser gesagt den blutigen Rest von ihm und beschloss, Zeit zu schinden, denn je länger sie sich in Gesellschaft des Toten befänden, desto belastender würde die Leiche werden. Er sah zuerst Alma, dann Einstadt an und fragte: »Wie konnte es so weit kommen? Vor hundert Jahren war es vielleicht noch in Ordnung, die jungen Mädchen mit älteren Männern zu verheiraten, aber selbst damals wären Ihre Handlungen ungesetzlich gewesen. Was ist geschehen?«
    »Die Kirche wurde von Perversen wie meinem Vater und Großvater übernommen«, antwortete Alma. »Ich glaube nicht, dass es früher so war.«
    »Da gab’s kein Fernsehen«, sagte Einstadt.
    »Wie bitte?«, fragte Virgil.
    »Sex war bis nach dem Zweiten Weltkrieg, als es noch keinen Strom gab hier draußen, das einzige Vergnügen der Farmer. Sie hatten nicht viele Lampen, also war’s schwierig mit dem Lesen. Das waren arme Leute, die

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