Voellig durchgeknallt
die Dinger für die Müllabfuhr rausgestellt, doch am nächsten Morgen standen sie wieder neben dem Stapel Schulklamotten. Ich ziehe immer meine Turnschuhe in die Schule an. Die Lehrer sagen nichts. Nach der Aktion von gestern sind meine Turnschuhe allerdings verdreckt, da muss ich wohl oder übel ein altes Paar anziehen.
Mein Stummel sieht heute Morgen gar nicht gut aus. Er ist oben voller weißer und gelber Blasen, außerdem suppt Eiter raus. Ich schnuppere dran, aber man riecht nichts. Ich wasche den Stumpf sorgfältig mit warmem Wasser und Jodlösung und verbinde ihn neu. Er tut nicht mehr so weh und ich gewöhne mich allmählich dran, den Finger nicht zu benutzen. Inzwischen komme ich mit zwei, drei Paracetamol am Tag aus. Ich mache mir keinen Kopf, dass Oma meckert, weil Tabletten fehlen, denn sie denkt garantiert, dass Mum am Schränkchen war.
Ich sitze am Küchentisch und schenke Oma mein charmantestes Lächeln. Sie soll mir Frühstück machen.
»Du musst mal duschen«, sagt sie. »Du stinkst.«
»Gut siehst du heute aus, Oma.«
Oma muss ein Schmunzeln unterdrücken. »Geh unter die Dusche.«
»Mach ich – wenn du mir Frühstück machst. Dann geh ich heute Abend in die Wanne.«
»Baden ist Wasserverschwendung und schadet der Umwelt«, sagt meine Öko-Oma.
|62| Sie dreht mir den Rücken zu und ich denke schon, ich kann mein Frühstück vergessen, da macht sie den Kühlschrank auf.
»Ein oder zwei Eier?«
Ich hab mir die gebackenen Bohnen aus den Zähnen geputzt und will grade los, als mir Oma etwas in die Tasche steckt.
»Ist letzte Woche gekommen. Ich wollte ihn dir erst geben, wenn du dich wieder benimmst.«
Es ist ein Brief.
»Das darfst du nicht, Oma! Das ist mein Eigentum.«
»Willst du ihn nicht aufmachen?«
Hab ich schon erwähnt, dass es völlig zwecklos ist, sich mit meiner Oma zu streiten?
»Wie ich dich kenne, hast du ihn sowieso schon über Wasserdampf aufgemacht.«
»Er ist aus Amerika«, sagt sie. Man sieht ihr an, dass sie vor Neugier platzt.
»Ich will nicht zu spät zur Schule kommen, Oma.« Ich gehe zum Gartentor.
Mein Sträfling hat wieder geschrieben. Hoffentlich schickt er mir keine Morddrohungen, weil ich ihm noch nicht geantwortet habe.
»Verlieb dich bloß nicht in eine Amischnepfe!«, ruft mir Oma von der Haustür nach. »Du brauchst ein braves englisches Mädel.«
»Das hat noch Zeit, Oma.«
Bei dem Gedanken an den Brief in meiner Tasche wird |63| mir ein bisschen flau. Hätte ich doch bloß nicht damit angefangen. Ich dachte, es wäre einfach lustig, aber ich habe schon jetzt das Gefühl, dass ich dem Typen etwas schuldig bin, und das passt mir nicht.
Heute Morgen sind wieder jede Menge Leute unterwegs: Schüler, Muttis mit Kinderwagen. Ich laufe auf der Straße, da kommt man besser voran.
Lexi Juby tritt aus dem Haus. In ihrer Schuluniform sieht sie umwerfend aus. Als sie mich erkennt, lächelt sie mir zu.
»LEXI.« Und da steht am helllichten Tag Killer-Juby auf der Schwelle. »Denk an meine Kippen«, brummelt er. Als er mich sieht, wirft er mir einen Blick zu, bei dem ich sofort weitergehe. Juby soll mich nicht anschauen. Was ihn betrifft, bleibt man am besten unsichtbar. Vor allem, wenn man auf seine Tochter steht.
Lexi ist ein Jahr jünger als ich, und ich habe wohl schon erwähnt, dass sie schwer in Ordnung ist. Neulich ist mir was Superpeinliches passiert. Ich hab Devil besucht (als sein Dad nicht da war) und war in Unterhosen, weil Devil mir aus Quatsch Ketchup über die Jeans gekippt hatte, und da kam Lexi rein. Sie hat meine dürren Beine gesehen. Ich wär am liebsten aus dem Fenster gesprungen. Ich hasse meine Beine. Sie sehen aus wie die von einem Dreijährigen.
»Hallo Chas.«
Ich drehe mich um und tue überrascht. Vorsichtshalber werfe ich einen Blick über die Schulter, aber Juby ist wieder reingegangen.
|64| »Wo steckt Devil?«, frage ich, weil mir sonst nichts einfällt. Lexi zuckt die Achseln und dabei gehen ihre hinreißenden Titten in die Höhe.
»Im Bett«, sagt sie. Bestimmt denkt sie, wenn ich nicht im Doppelpack unterwegs bin, kriege ich überhaupt nichts gebacken. Sie mustert meinen Aufzug. »Gehst du zur Schule oder willst du bloß deine Oma verarschen?«
»Meine Oma kann man nicht verarschen.« Ich trabe im Gleichschritt neben ihr her.
Sie zieht die Jacke aus und ertappt mich beim Glotzen.
»Ganz schön warm heute«, nuschle ich. Mein Gesicht wird glühend heiß.
»Kann ich deine Hand mal sehen?«, fragt sie.
Ich
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