Vogel-Scheuche

werden, ist auch prompt eins erschienen. Als du dir wünschtest, gerettet zu werden, hat Che es für dich getan. Und als du dir nun wünschtest, eine Alizentaurin zu werden, wurde dir auch das gewährt. Jetzt sind deine Wünsche in Erfüllung gegangen, da brauchst du deine Steinmagie nicht mehr. Deine Magie soll fortan die Fähigkeit sein, sich selbst leicht genug zu machen, um fliegen zu können. Versuch es mal.«
    Chena schnippte sich mit dem Schweif an die Flanke, wie sie es so häufig bei Che bemerkt hatte, er hatte es ja auch mit ihr getan, als er sie vor dem Sturz in die Spalte rettete – jenes herrlichste aller Erlebnisse. Dann spreizte sie die Flügel und schlug sie kräftig – um sich schließlich in die Lüfte zu erheben.
    Die sechs Zuschauer brachen in Applaus aus.

12 – Hetzjagd
    »Wer steht denn als nächster auf deiner Liste?« wollte Kim wissen.
    Metria öffnete ihren Beutel. Es waren noch zehn Marken übrig. »Ich weiß wirklich nicht, wie ich die alle noch rechtzeitig überreichen soll«, klagte sie. »Ich habe schon viel Zeit verbraucht, und die anderen sind über ganz Xanth verteilt.«
    »Was du während dieser kurzen Zeit schon geleistet hast, ist aber auch durchaus beachtlich«, bemerkte Ichabod. »Wenn ich alles richtig versta n den habe, hast du es Prinzessin Nada Naga ermöglicht, einen Prinzen zu heiraten; du hast eine Lösung zur Bewältigung des Problems der Überl e bensfähigkeit der Alizentaurenart aufgezeigt; du hast eine vierhundertjä h rige Entfremdung zwischen dir selbst und deiner Tochter aufgelöst; e i nen langjährigen Fluch rückgängig gemacht, der auf Schloß Roogna la s tete; eine wichtige verschollene Geschichte der Könige Xanths wiede r entdeckt – und dabei bist du noch nicht einmal fertig mit deiner Aufg a be. Das erinnert mich an mache dieser Schachaufgaben, die ich früher in der Zeitung gelesen habe, wo die Herausforderung darin besteht, daß Weiß einen Bauern gewinnen soll, wobei aber auf dem Weg dorthin Türme, Läufer, Springer und Damen verloren gehen und mit Schach matt gedroht wird. Immerhin wird zum Schluß tatsächlich der Bauer gewonnen.«
    »Was ist denn ein Bauer?« wollte Metria wissen.
    »Ein Bauer ist eine Schachfigur, die im allgemeinen für unbedeutend erachtet wird«, erläuterte Ichabod. »Manchmal entwickelt er sich alle r dings zum Schlüsselelement der ganzen Partie. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß manchmal erstaunliche Dinge geschehen können, und zwar als Ergebnis dessen, was zunächst wie eine ziemlich einfache Au f gabe aussieht. Es mag auch sein, daß der Simurgh dich als ein Vehikel benutzt, um eine Vielzahl wichtiger Dinge zu bewältigen.«
    »Kurzum, die Dämonin könnte tatsächlich ein Bauer sein«, meinte A r nolde. »Im menschlichen Sinn.«
    »Ich bin aber kein Mensch!« versetzte Metria empört.
    »Gewiß nicht«, bestätigte Ichabod. »Obwohl du wirklich sehr danach aussiehst, wenn du möchtest.« Er warf einen Blick auf ihre Beine. »J e denfalls halte ich es für angeraten, wenn wir dein Projekt mit Hilfe ein i ger Ratschläge unterstützen.«
    »Ich könnte einen Rat gebrauchen, wie ich alle verbliebenen Vorzul a denden an einem Tag einsammeln kann«, antwortete Metria. »Dann hätte ich nämlich meine Aufgabe erfüllt, könnte mich etwas ausruhen und mir beim Guten Magier meine Antwort abholen.«
    »Ganz zu schweigen von der Frage, wie die Vorgeladenen ins Name n lose Schloß kommen sollen«, ergänzte Arnolde.
    »Und wie ihr beide ins Gebiet des Wahnsinns zurückkehren könnt«, fügte Jenny Elfe hinzu.
    »Ganz genau«, bekräftigte Ichabod. »Also Metria, wünschst du diesen Rat?«
    »Ja.«
    »Husch hinüber nach Schloß Roogna und frage Prinzessin Electra, ob sie vielleicht ihren Mann Prinz Dolph für eine Weile loswerden will. Sie wird bestimmt einwilligen. Dann bittest du Dolph, die Form eines V o gels Roc anzunehmen, damit er die Vorgeladenen ohne Verzögerung zum Namenlosen Schloß bringen kann, sobald du ihnen deine Vorl a dung überreicht hast. Das läßt sich wohl alles an einem Tag bewältigen, sofern du sie so schnell ausfindig machen kannst und sie bereit sind mi t zukommen.«
    »Warum ist mir das nicht selbst eingefallen?« rief Metria und schlug sich mit der Hand gegen den Kopf, nachdem sie ihn eigens dafür erst in eine handliche Schuhsohle verwandelt hatte.
    »Weil du eben keine Gelehrte bist«, erwiderte er.
    »Ich bin gleich zurück«, sagte sie und sauste schnell zu Schloß Roogna