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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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auf die Schulter und bedeutete ihm, ihn zu begleiten. Sinann flatterte hinter ihnen her, als sie den MacLeods rasch folgten. Schon lange, ehe sie überhaupt etwas sahen, hörten sie Waffengeklirr und stürmten mit gezogenen Schwertern auf die Kampfstätte zu. Als sie dort ankamen, waren die MacDonells bereits in die Flucht geschlagen worden, nur einer, ein halbwüchsiger Junge, lag rücklings auf dem Boden, und ein MacLeod beugte sich mit gezücktem Dolch über ihn, hielt ihn mit einer Hand fest und holte mit der anderen zum tödlichen Stoß aus.
    »Nein!« Mit einem Satz stürzte sich Dylan auf den Mann und schlug dessen Hand beiseite. Der junge MacDonell befreite sich aus dem Griff seines Gegners, rappelte sich hoch und rannte davon.
    Der MacLeod wirbelte herum und starrte Dylan mit wutverzerrtem Gesicht an, dann hob er seinen Dolch und ging auf ihn los. Dylan sprang zurück und parierte reflexartig den gegen seine Magengegend gerichteten Stoß.
    »Hey!« Katzenhaft schnell versetzte er dem Mann mit dem Ellbogen einen Hieb, der ihn zurücktaumeln ließ, und setzte ihm sofort die Spitze seines Schwertes auf die Brust. Die anderen vier MacLeods zogen gleichfalls ihre Schwerter, doch jetzt griff Robin ein und stellte sich Rücken an Rücken zu Dylan. Dieser fauchte wütend: »Was ist eigentlich in euch gefahren? Das war doch noch ein halbes Kind!«
    »Aus diesem Kind wird später einmal ein erwachsener MacDonell, und außerdem geht dich das überhaupt nichts an«, schnaubte der ältere MacLeod.
    »Ihr habt es also auf einen Kampf angelegt?«
    »Auf eine Revanche, wolltest du wohl sagen.«
    Sinann griff ein. »Letztes Jahr haben die MacDonells die MacLeods überfallen und drei Männer getötet. Ich würde sagen, die Blutfehde ist bereits in vollem Gange.«
    Dylan zuckte mit den Achseln. »Ihr habt Recht, was ihr tut, geht mich nichts an. Aber Iain Mór hat verboten, dass jemand getötet wird. Wenn ihr Blutrache wollt, bitte, aber haltet uns da heraus. Ich dulde nicht, dass die MacDonells wegen eines Mordes, den ihr begangen habt, Tigh a'Mhadhaig Bhàin angreifen.«
    Der MacLeod bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Ich habe auch nicht erwartet, dass ein Fremder wie du uns versteht.«
    »Das ist nicht mein Problem. Ich weiß nur, dass mein Laird jegliches Blutvergießen untersagt hat. Hör mir gut zu, MacLeod. Ich werde nicht zulassen, dass in meiner Gegenwart jemand getötet wird. Wenn du dich an halbwüchsigen Jungen vergreifen willst, komm später zurück.«
    MacLeod funkelte ihn böse an, schob dann aber seinen Dolch in die Scheide zurück; auch die anderen senkten ihre Waffen. Langsam, ohne einander aus den Augen zu lassen, kehrten die Männer zu der Herde zurück.
    Kurz vor Tagesanbruch gelangte die Gruppe zu einem Fluss, der aufgrund der Regenfälle weit mehr Wasser führte als noch vor einigen Tagen. Malcolm, Dylan und Donnchadh traten ans Ufer, um die Lage abzuschätzen. Sie waren unschlüssig, ob sie nicht lieber eine Pause einlegen sollten, ehe sie den Fluss überquerten.
    »Die Männer und die Tiere sind fast am Ende ihrer Kräfte«, gab Malcolm zu bedenken.
    Donnchadh erwiderte: »Aber wenn wir hier rasten, müssen wir ständig mit einem Angriff der MacDonells rechnen, besonders jetzt, wo dieser Bursche aus den Kolonien den Jungen laufen gelassen hat.« Er musterte Dylan aus schmalen Augen, doch dieser ging nicht auf die Bemerkung ein.
    Malcolm blickte in das braune, gurgelnde Wasser. Ein nur um einen Fuß gestiegener Wasserstand konnte schon zur Folge haben, dass man nicht mehr sicher durchwaten konnte, sondern ständig um Halt kämpfen musste. Die Männer waren erschöpft, das Vieh nicht minder. Dylan blickte sich nach der Herde um: Die Tiere ließen samt und sonders kraftlos die Köpfe hängen, alle benötigten dringend Schlaf. Aber er wusste, dass sie diesen Fluss zwischen sich und die MacDonells bringen mussten, das erhöhte die Chancen, die Verfolger abzuschütteln. Daher war er nicht überrascht, als Malcolm das Zeichen zum Weitermarschieren gab.
    Die Rinder schnaubten angsterfüllt und ließen sich nur schwer dazu bewegen, in das Wasser zu gehen. Die Hunde mussten getragen werden; zwei Mathesons hatten sie sich über die Schultern gelegt. Das Wasser war eiskalt, die Strömung stark und der steinige Untergrund glitschig, sodass man nur schwer Fuß fassen konnte. Eine Kuh glitt aus und wurde unter entsetztem Muhen vom Wasser davongerissen. Als ein zweites Tier dasselbe Schicksal erlitt, versuchte

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