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Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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den Fenstern könnte das Ungeheuer anlocken, aber ich habe nicht den Mut, in völliger Dunkelheit auszuharren. Wieder stelle ich mich in die Mitte des Zimmers – und warte.«
    Er machte eine unerträgliche Pause, befeuchtete seine Lippen und fuhr dann fort, seine Stimme kaum lauter als ein Flüstern: »Ich habe keine Ahnung, wie lange ich schon dort stehe, Zeit gibt es nicht mehr, und jede Sekunde dauert ein ganzes Zeitalter, jede Minute eine kleine Ewigkeit, die sich bis zur unendlichen Ewigkeit ausdehnt. Dann – oh Gott! – was ist das?«
    Er lehnte sich nach vorne, sodass das Mondlicht eine fürchterliche Maske auf sein Gesicht zeichnete. Der entsetzte Ausdruck, mit dem er in die Nacht hinaushorchte, ließ uns alle erzittern, und wir warfen rasch einen nervösen Blick über die Schulter.
    »Dieses Mal ist es nicht die nächtliche Brise«, flüsterte er. »Irgendetwas bringt das Gras zum Rascheln, so als ziehe man etwas Großes, Langes und sehr Schweres durch die Wiese. Bald raschelt es auch auf dem Dach des Bungalows, bis es schließlich verstummt – direkt vor der Tür. Dann quietschen die Scharniere, und mit einem Knarren öffnet sich die Tür langsam nach innen – zuerst nur einen kleinen Spalt breit, dann etwas weiter …«
    Er hatte seine Arme nach vorne ausgestreckt, so als würde er sich mit aller Kraft gegen etwas stemmen, und keuchte heftig. »Ich weiß, dass ich mich gegen die Tür lehnen und sie verschlossen halten sollte, aber ich tue es nicht, kann mich nicht bewegen. Ich stehe nur da, wie ein Schaf, das darauf wartet, dass man es zur Schlachtbank führt – aber die Tür hält trotzdem stand!«
    Erneut war ein allgemeines Seufzen als Zeichen der weichenden Anspannung zu hören.
    Er fuhr sich mit zitternder Hand über die Stirn. »Die ganze Nacht über stehe ich in der Mitte des Zimmers, bewegungslos wie ein Gemälde, nur manchmal drehe ich mich in die Richtung, aus der das Rascheln kommt, wenn das Biest wieder durchs Gras rund um das Haus schleicht. Meine Augen folgen dem schwachen, unheimlichen Geräusch die ganze Zeit. Hin und wieder ist es für einen Augenblick oder sogar für mehrere Minuten nicht zu hören, dann wage ich kaum zu atmen, weil ich der schrecklichen Überzeugung bin, dass die Schlange irgendwie in den Bungalow eingedrungen ist, und ich springe und wirbele hin und her, obwohl ich entsetzliche Angst habe, auch nur das geringste Geräusch zu machen, und auch wenn ich nicht weiß, warum, habe ich doch stets das Gefühl, dass sich das Ding direkt hinter mir befindet. Aber da höre ich das Rascheln wieder und bleibe wie angewurzelt stehen.
    Dann folgt der Moment, in dem mein Bewusstsein, das mich durch meine wachen Stunden führt, zum ersten und einzigen Mal den Schleier meiner Träume durchdringt. Ich bin mir, im Traum, zu keinem Zeitpunkt bewusst, dass ich nur träume, aber irgendwie gelingt es meinem eigentlichen Verstand, sich zu lösen, sodass er gewisse Dinge erkennt und sie an mein schlafendes – soll ich es ›Ego‹ nennen? – übermitteln kann. Ich will damit sagen, dass ich für einen Augenblick im wahrsten Sinne des Wortes eine gespaltene Persönlichkeit bin, und beide Teile sind in gewisser Weise unabhängig, wie der rechte und der linke Arm unabhängig sind, auch wenn sie zum selben Körper gehören.
    Mein träumender Verstand weiß nichts von meinem übergeordneten Bewusstsein. In diesen Momenten ist mein wahrer Verstand nur untergeordnet, und mein Unterbewusstsein übernimmt die Kontrolle – das reicht sogar so weit, dass es die Existenz des anderen Bewusstseins nicht einmal anerkennt. Aber mein wahres Bewusstsein, das nun schläft, nimmt schwache Gedankenströme wahr, die mein Traum-Bewusstsein aussendet. Ich weiß, dass ich es nicht klar genug ausdrücken kann, aber ich bin mir sicher, dass mein Verstand, der bewusste ebenso wie der unterbewusste, sich am Rande eines Zusammenbruchs befindet.
    Während ich in meinem Traum so dastehe, erfasst mich eine übermächtige Angst, und ich bin mir sicher, dass die Schlange sich bald erheben und durch das Fenster zu mir hereinstarren wird. In meinem Traum weiß ich, dass ich wahnsinnig werde, falls das wirklich passieren sollte. Und dieser Eindruck verankert sich mit solcher Überzeugung in meinem wahren, momentan schlafenden Verstand, dass die Gedankenströme das dunkle Meer des Schlafes aufwühlen, und irgendwie spüre ich, dass meine geistige Gesundheit bedroht ist – genauso wie in meinem Traum. Der Gedanke treibt mich

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