Voll auf Ex-Kurs Roman
bringe ich verwirrt und in Anbetracht unserer letzten Begegnung angemessen unfreundlich hervor, »was machen Sie denn hier?«
»Ich hab vorhin ein paarmal angerufen«, erklärt mein Chef – Verzeihung, Ex-Chef – entschuldigend, »Sie sind aber nicht rangegangen. Da wollte ich Ihnen die hier«, er deutet auf den Strauß Rosen, »einfach vorbeibringen und Ihnen vor die Tür legen. Eine Nachbarin hat mich hereingelassen, und als ich dann hier oben Musik aus Ihrer Wohnung hörte, dachte ich, ich klingle mal, um Ihnen die Blumen persönlich zu überreichen.« Mit diesen Worten drückt er mir auch schon den Strauß in die Hand, den ich immer noch vollkommen perplex entgegennehme. »Ach, und die hier, die ist natürlich auch für Sie!« Er hebt seine andere Hand, in der er eine Flasche Champagner hält.
»Ich verstehe jetzt gerade nicht ganz …«, setze ich an.
»Natürlich verstehen Sie das nicht!«, erwidert Roland Behrmann lachend. »Vielleicht lassen Sie mich kurz herein? Dann erkläre ich es Ihnen.«
Viel zu überrumpelt für jegliche Art der Gegenwehr oder des Protests lasse ich die Tür nach innen aufschwingen und bitte Roland Behrmann einzutreten. Ich führe ihn ins Wohnzimmer, fordere ihn auf, Platz zu nehmen, während ich selbst
kurz in die Küche flitze, eine Vase für die Blumen suche, um dann damit zu meinem Chef zurückzukehren.
»Haben Sie auch Sektgläser?«, will Behrmann wissen, der bereits dabei ist, die Flasche zu entkorken. Ich stelle die Vase mit den Rosen auf dem Couchtisch ab.
»Vielleicht erklären Sie mir erst einmal, worum es überhaupt geht«, fordere ich ihn auf. Mittlerweile habe ich wieder einigermaßen die Fassung zurückerlangt, obwohl ich die Situation immer noch mehr als seltsam finde: Ich im Badehandtuch, Roland Behrmann auf meinem Sofa, der eine Flasche Champagner öffnet.
»Gleich«, meint er und setzt eine geheimnisvolle Miene auf. »Aber holen Sie doch bitte erst einmal zwei Gläser, wir haben nämlich allen Grund, um miteinander anzustoßen.«
»Herr Behrmann, es ist Sonntagmittag, ich komme gerade aus der Wanne und bin noch nicht einmal angezogen, da weiß ich jetzt wirklich nicht …«
»Ach was«, unterbricht er mich, »das stört mich alles gar nicht, holen Sie schon die Gläser.« Dann fügt er in gespielt strengem Tonfall hinzu: »Das ist eine Dienstanweisung!« Ich verzichte auf den Hinweis, dass er mir seit meinem Rauswurf keine Anweisungen mehr zu erteilen hat, sondern hole wie befohlen zwei Sektflöten aus meinem Vitrinenschrank hinter dem Sofa. Zwar ist es mir immer noch ein Rätsel, was dieser Auftritt hier soll – aber neugierig bin ich natürlich schon. Ich stelle ihm die Gläser hin und nehme in Ermangelung einer anderen Sitzgelegenheit auf dem Sofa neben ihm Platz.
»Also!«, Roland Behrmann erhebt sein Glas, nachdem er uns beiden Champagner eingeschenkt hat. »Auf Sie, Frau Weiland!«
»Auf mich?« Er nickt, stößt gegen mein Glas und leert seines
dann in einem Zug. Ich tue es ihm gleich. Hjam! Ein wirklich ausgezeichneter Schluck Prickelwasser, den er da mitgebracht hat, das muss ich schon sagen.
»Nun«, fängt mein Chef dann endlich an, Licht ins Dunkel zu bringen, »der Grund für meinen Überraschungsbesuch ist folgender.« Er macht eine dramatische Pause. Dann trompetet er in voller Lautstärke los: »Unsere Werbebeilage für die Müllermanns Baumärkte ist ein voller Erfolg und hat eingeschlagen wie eine Bombe!«
»Unsere?«, wiederhole ich irritiert. »Voller Erfolg? Bombe?«
»Ja!«, bestätigt Roland Behrmann. »Es ist eine echte Sensation! Heute früh hat mich der Geschäftsführer angerufen, weil er nicht bis Montag warten wollte. Stellen Sie sich vor, Frau Weiland: Am Freitag haben die Müllermanns Baumärkte ein Umsatzplus von über fünfzig Prozent verzeichnet!«
»Fünfzig Prozent?« Ich klinge wie ein Papagei. Und gleichzeitig spüre ich ein aufgeregtes Kribbeln in mir aufsteigen. Der Prospekt war ein Erfolg? Habe ich meine Karriere vielleicht doch nicht in Schutt und Asche gelegt?
»Es ist wirklich unglaublich!«, plappert Roland Behrmann aufgeregt weiter. »Und damit nicht genug, gestern waren es sogar hundert Prozent. Hundert Prozent, Frau Weiland, das ist mehr als nur ein Spitzenergebnis, das ist … das ist … das wird in die Geschichte der Werbung eingehen. Wir werden in die Geschichte der Werbung eingehen!« Er klatscht mir vor Freude mit einer Hand auf den Oberschenkel, mein Badetuch rutscht ein Stück zur Seite und
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