Voll auf Ex-Kurs Roman
gibt den Blick auf meine nackten Beine frei, schnell ziehe ich das Frottee wieder fest um mich. »Oh!« Roland Behrmann lacht verlegen, beugt sich vor und schenkt uns dann schnell wieder Champagner nach. Auch dieses Glas leeren wir in einem Zug.
»Das klingt doch gut«, meine ich etwas verwirrt, weil ich
zum einem schon etwas benebelt bin, zum anderen in meinem Kopf gerade alles drunter und drüber geht.
»Gut? Der Kunde ist völlig aus dem Häuschen! Zumal wir«, er rückt ein Stückchen näher an mich heran, und erst jetzt fällt mir auf, dass Behrmann offenbar schon ohne mich ein bisschen gefeiert hat. Mein Chef hat schwere Schlagseite und eine ziemliche Fahne, das kann unmöglich von zwei Gläsern Champagner kommen. »Zumal wir«, wiederholt er, »gleichzeitig auch noch eine neue Zielgruppe erschlossen haben. Achtzig Prozent der Neukunden sind nämlich Frauen, bei denen kam unsere Idee mit dem Liebeskummer-Thema unglaublich gut an!«
» Unsere Idee .« Ihm entgeht mein ironischer Unterton, stattdessen nickt mein Chef fröhlich.
»Jap«, bestätigt er. »Die Prospekte sind bereits alle vergriffen, die Nachfrage ist riesig, wir werden nachdrucken müssen!«
»Und was bedeutet das jetzt?«, will ich wissen.
»Das ist doch wohl klar! Wir sind die neuen Stars am Werbehimmel, gleich morgen Vormittag will der Geschäftsführer in die Agentur kommen und sich persönlich bei uns bedanken.«
»Aber ich arbeite doch gar nicht mehr bei Ihnen, Sie haben mich ja rausgeschmissen«, kann ich mir den kleinen Hinweis darauf, dass er mich entlassen hat, nicht verkneifen.
»Ach, was, Frau Weiland!« Er lacht gönnerhaft auf. »Diese dumme Kurzschlussreaktion am Freitag, die werden Sie mir doch wohl nicht ernsthaft übel nehmen, was?« Er kneift mir wie einem Kleinkind in die Wange, ich schiebe seine Hand unwillig zurück. Champagner-Sause hin, Champagner-Sause her, ich lasse mich hier nicht weiter betatschen. »Ja, äh«, nun scheint auch ihm bewusst zu werden, dass er sich mir
gegenüber ein wenig unpassend verhält, »was sagen Sie? Sie sind doch wieder im Team, oder?«
»Hm.« Ich zögere. Einen kurzen Moment will ich meinen inneren Reichsparteitag noch auskosten. Meine Idee hat immerhin eingeschlagen wie eine Bombe, jawohl! Gut, die Idee war nicht ganz absichtlich, aber wen kümmert das schon? Es ist das Resultat, das zählt, viele große Erfindungen hat die Menschheit schließlich auch nur dem Zufall zu verdanken, wie zum Beispiel … zum Beispiel … das Post-it! Oder, oder … das Penizillin, jaha! Und ich muss zugeben, dass mir ein kleines Teufelchen in diesem Moment zuflüstert, dass mein Triumph noch wesentlich größer wäre, wenn ich meinen schnöseligen Chef-Ex-Chef-Chef jetzt einfach mit den Worten »Tut mir leid, kein Interesse« vor die Tür setzen würde. Ha! Das wäre was!
»Frau Weiland«, reißt er mich aus meinen Gedanken und mustert mich etwas unsicher. »Wollen Sie etwa, dass ich bettle?« Blitzschnell rutscht er vom Sofa runter und geht vor mir auf die Knie. »Bitte, Pia«, schlägt er nun einen theatralischen Tonfall an, »bitte sagen Sie ja, weisen Sie mich nicht ab, so grausam können Sie nicht sein!« Ich seufze. Und denke an mein überzogenes Bankkonto und daran, dass es vermutlich auch als neuer Star am Werbehimmel nicht so leicht sein wird, innerhalb einer Woche bei einer der großen Spitzenagenturen unterzukommen. Muss sich ja erstmal rumsprechen, dass Pia Weiland eine Textgöttin ist.
»Okay«, antworte ich gedehnt, »ich bin einverstanden.«
»Danke, danke, danke!« Mit einem Satz springt er auf, und ehe ich weiß, wie mir geschieht, hat er mich auch schon vom Sofa hoch und in seine Arme gerissen. Mein Handtuch löst sich und geht zu Boden, ich selbst komme auch gefährlich ins Wanken.
Im Zweifel in flagranti
»Öhem.« Ein Räuspern erklingt, mein Kopf fährt herum. In der Wohnzimmertür steht Philip, trägt Joggingklamotten und starrt uns fassungslos an. »Was ist denn hier los?«
»Philip!« Eilig mache ich mich von Roland Behrmann los, der dadurch sämtlichen Halt verliert und geräuschvoll mit einem »Rumms« neben dem Sofa zu Boden geht. Dann raffe ich mein Handtuch auf und wickle es mir mit fahrigen Fingern wieder um den Körper. Gott, wie peinlich!
»Die Tür war offen«, erklärt mein Mann und lässt seinen Blick zwischen mir und meinem Chef hin und her wandern.
»Ja, ähm«, setze ich an und frage mich gleichzeitig, wie das hier für Philip aussehen muss: Ich im Handtuch
Weitere Kostenlose Bücher