Voll auf Ex-Kurs Roman
Brot.«
»Wie das?«
»Na ja, wir spazieren an einem Reisebüro vorbei, er deutet auf die Auslage und sagt: ›Guck mal, Schatz, zwei Wochen Malediven, ein echter Traum! Ach, nee, können wir uns nicht leisten, du hast ja zwanzigtausend Euro verschenkt.‹ Oder wenn ich morgens zu lange dusche, bollert er irgendwann gegen die Badezimmertür und ruft: ›Liebling, komm da raus, heißes Wasser kostet Geld!‹ Solche Sachen halt.«
»Klingt ja fies.«
»Ach, geht schon, das ist nur unser übliches Gefrotzel, das meint er nicht so ernst. Ich sag dann auch immer nur: ›Schatz, kein Problem, reich einfach die Scheidung ein.‹ Und dann lachen wir uns kaputt.«
Während Barbara das erzählt, wandern meine Gedanken dummerweise wieder zu Blanche und Basti, wie sie da so voreinander auf der Straße standen. Davon hab ich meiner Kollegin allerdings nichts erzählt. Sie war ja in Sachen Seminar
schon so skeptisch, dass ich auf ein weiteres »Vergiss ihn einfach!« von ihr gut verzichten kann.
»Wie sieht’s aus?«, Barbara schultert ihre Tasche. »Noch Lust, irgendwo was trinken zu gehen?«
»Nee, lieber nicht«, lehne ich ab. »Ich will morgen fit sein, geht ja schon um acht im Studio los. Außerdem kommt Philip in einer Stunde zum Lauftraining bei mir vorbei.«
»Du ziehst das ja echt knallhart durch«, meint Barbara und klingt dabei regelrecht bewundernd.
»Na«, ich lache, »sind ja nur noch gut drei Wochen, danach schau ich mal, ob ich das weitermache.« Wir verabschieden uns, Barbara wünscht mir noch viel Erfolg beim Shooting, dann mache ich mich auf den Weg zu meinem Auto.
Schon wieder Gefahren?
Um acht Uhr klingelt Philip unten an der Haustür, ich rufe ihm durch die Gegensprechanlage ein »Komme sofort!« zu und jogge dann leichtfüßig wie ein Reh – na gut, oder zumindest wie ein Shetlandpony – durchs Treppenhaus runter ins Erdgeschoss. Mittlerweile habe ich mir richtig gute Laufschuhe zugelegt und stecke in einem aerodynamischen Sportdress, bestehend aus langer Elastan-Polyester-Hose und dazu passendem Shirt, darüber trage ich eine ärmellose Steppweste, um mir bei dieser Jahreszeit nicht alles abzufrieren. Sieht doch recht professionell aus, wie ich finde, als würde ich mich auf den Marathon vorbereiten, der jedes Jahr im April in Hamburg stattfindet. Immerhin, sechs Kilometer schaffe ich schon, ohne dass Philip mich zwischendurch tragen muss. Das müsste ich dann also nur siebenmal nacheinander hinlegen, schon wäre ich durchs Ziel …
»Guten Abend!« Ich stutze, als ich die Haustür aufreiße und Philip vor mir sehe. Er trägt normale Jeans, Straßenschuhe, steckt in seiner Winterjacke und hat sich einen dicken Schal um den Hals gewickelt.
»Wie siehst du denn aus?«
»Nicht gut?« Er grinst mich an.
»Doch, ja, natürlich! Aber so willst du doch wohl nicht joggen gehen?«
»Nö«, erklärt er, »will ich nicht.«
»Aber, ich denke, wir …« Philip dreht sich zur Seite, hält mir galant seinen Ellbogen hin und sagt einfach nur: »Komm mit.« Vollkommen verdattert hake ich mich bei ihm unter und lasse mich von ihm zu seinem Volvo führen. Zuvorkommend öffnet er mir die Tür, dann geht er ums Auto herum, nimmt auf der Fahrerseite Platz und startet den Motor. »Darf ich mal wissen«, frage ich, »was das hier werden soll?« Philip schüttelt den Kopf und lächelt versonnen in sich hinein.
»Nö«, wiederholt er, »darfst du nicht.«
»Verstehe.«
Wir fahren knapp zwanzig Minuten, in denen ich darüber nachgrübele, was Philip mit mir vorhat. Schließlich parkt er seinen Wagen in der Feldstraße direkt gegenüber vom Heiligengeistfeld und stellt den Motor aus.
»So, da wären wir«, teilt er mir fröhlich mit.
»Wo wären wir?« Anstelle einer Antwort steigt er einfach aus, ich schnalle mich ebenfalls ab und schlüpfe aus der Beifahrertür. Neugierig sehe ich mich auf der Straße um, kann aber nichts entdecken, was mir einen Anhaltspunkt für Philips Pläne liefern würde. Ein paar Dönerbuden, ein Kiosk, vorn an der Ecke eine Kneipe, auf der anderen Seite eine Tankstelle und das Heiligengeistfeld, auf dem schon die Buden und Fahrgeschäfte für den Winterdom aufgebaut sind.
Der beginnt aber erst am Wochenende, da geht’s also schon mal nicht hin. Das hätte mich auch gewundert, denn Philip ist ein anerkannter Hasser von Massenveranstaltungen. Ich übrigens auch, in diesem Punkt waren wir uns immer einig, dass wir uns eher die nackten Füße über einer offenen Flamme rösten lassen
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