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Voll auf Zucker

Voll auf Zucker

Titel: Voll auf Zucker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Fontana
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abgelehnt.
    Quelle: www.foodwatch.de
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    Der ungute Eindruck erhärtet sich noch, wenn man sich anschaut, wie ungeniert und ungestraft die Lebensmittelindustrie seit Jahren mit irreführenden Werbeaussagen nur so um sich werfen kann, und kaum ein Politiker echauffiert sich deswegen. Da wird uns suggeriert, dass wir uns mit bestimmten Lebensmitteln leichter, glücklicher und/oder fitter fühlen könn(t)en. Anderen Lebensmitteln werden wundersame gesundheitsfördernde Effekte nachgesagt, nur um sie noch besser (und noch teurer!) zu verkaufen. Ob die behaupteten Wunderwirkungen jedoch einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten würden, dürfte bei sehr vielen Produkten mehr als fraglich sein. Ist es nicht erstaunlich, dass solche Äußerungen trotzdem völlig legal sind und die Lebensmittelindustrie bisher gesetzlich nicht verpflichtet ist, den Nachweis über die Richtigkeit der (teilweise ziemlich dreisten) Behauptungen zu erbringen? Offenbar ist das der EU-Kommission für Verbraucherschutz (auf Druck von außen?) nun auch aufgestoßen, denn wie verlautbart wurde, prüft sie seit einiger Zeit, ob Handlungsbedarf besteht. 4
    Nun, gut Ding will bekanntlich Weile haben, und da bei der Entscheidungsfindung ja viele Meinungen und Vorstellungen unter einen Hut zu bringen sind, dürfen wir Verbraucher sehr gespannt sein, ob (und gegebenenfalls wann) es Gesetzesänderungen geben wird! Harren wir also aus und freuen uns schon mal über die »Veränderungen«, die in letzter Zeit stattgefunden haben.
    Deutlich unspektakulärer (und auch ziemlich unbefriedigend) ist eine EU-Verordnung zum Thema »Zusatzstoffdeklaration«, die es seit Sommer 2010 gibt. Sie besagt, dass die nachgewiesenermaßen (!) gesundheitsschädlichen Azofarbstoffe (sie finden sich in vielen Süßigkeiten) weiterhin verwendet werden dürfen, wenn die Verpackung einen kleinen Warnhinweis enthält. Die Formulierung ist vorgegeben und lautet: »Kann Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen.« Dieser seichte »Kann-Satz« soll Eltern hellhörig machen; aber tut er das wirklich, wird er überhaupt gelesen? Das ist leider zu bezweifeln. Stellen Sie sich jetzt auch die Frage, warum diese Farbstoffe nicht einfach verboten werden? Eine gute Frage. Möglicherweise, weil so ein Verbot Einschränkungen für die Lebensmittelindustrie mit sich brächte und sie vielleicht sogar zum Umdenken zwingen würde? Durchaus möglich.
    »Stevia«
    Wussten Sie zum Beispiel, dass der Süßstoff »Stevia« nach jahrelangem Hin und Her im November 2011 auch für den europäischen Markt zugelassen wurde? Glauben wir der Lebensmittelindustrie, gibt es nun auch bei uns einen »natürlichen« Süßstoff (aus einer Pflanze gewonnen!), der viele gute Eigenschaften besitzen soll: Er schädigt die Zähne nicht, ist kalorienfrei und blutzuckerneutral. Das mag alles stimmen, aber leider hapert es bei dem Endprodukt Stevia sehr an der Natürlichkeit. Stevia wird nämlich in einem komplizierten chemischen Prozess gewonnen; die Produktion belastet die Umwelt sehr und das Endprodukt ist alles andere als natürlich. Das weiß die Industrie, aber diese Aspekte halten sie trotzdem nicht davon ab, uns Konsumenten vorzugaukeln, dass Stevia besser als andere Süßstoffe sei. Fakt bleibt jedoch: Stevia ist nicht besser (oder schlechter) als andere Süßstoffe! Deshalb dürfte die Zulassung auch kein großer Gewinn für alle Süßschnäbel sein.
    Noch sind die Verbote und Einschränkungen für die Lebensmittelindustrie moderat. Sie hat mehr oder weniger freie Hand – und das nutzt sie auch weidlich aus. Sie fügt ihren Kreationen ungeniert je nach »Bedarf« Zusatzstoffe, künstliche Vitamine, Fett, Salz und vor allem Zucker zu, um sie uns »schmackhaft« zu machen und die selbst gesteckten Umsatzziele sicher zu erreichen. Diese tollen Produkte dürfen dann massiv in märchenhaften, fantasievollen Spots beworben werden, die mit der Realität so gar nichts zu tun haben – und viele dieser »zuckersüßen« Spots werden besonders gern im Kinderprogramm gezeigt, weil sich auf diese Weise eine besonders frühe und langfristige Kundenbindung erzielen lässt. Alle Altersgruppen werden getäuscht und betrogen, so oft und so intensiv es die Lebensmittelindustrie für angebracht hält. Sollten uns nicht strenge, verbraucherfreundliche Gesetze genau vor diesem Missstand schützen? Sollte unsere Gesundheit nicht an erster Stelle stehen?
    Ja, das wäre schön und auch ganz sicher

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