Voll daneben
uns setzen, doch Joe folgt meinem Blick und muht laut. Er greift nach einem schmierigen Orangenkern und schnippt ihn gegen Darleens Rücken. Raymond nimmt die Sonnenbrille ab, und ich mache den Mund auf, um etwas zu sagen, aber Joe ist in Gedanken schon wieder woanders.
»Simon sollte hin und wieder einen Gastauftritt bekommen, findest du nicht?«, fragt er mich.
»Hä? Ach so, ja, warum nicht.«
»Hey, Dougie, denk dir einen Look für den Simonator aus!«
Um mich herum passiert alles Mögliche, und ich sollte es irgendwie abwenden, aber meine Gedanken drehen sich nur darum, dass Darleen jetzt überzeugt ist, dass ich aus den Schulnachrichten eine Satire gemacht habe. Und vielleicht habe ich das auch.
Mr. Superbeliebt hat wieder eine Runde gewonnen.
Unter den gegebenen Umständen ist es erstaunlich, dass ich es überhaupt in die Englischstunde schaffe, doch als ich nur eine halbe Sekunde zu spät komme, sieht Orlando mich mit scharfem Blick an. Er teilt unsere Aufsätze aus, für meinen letzten habe ich eine Vier Minus bekommen.
Was soll’s.
»Wir werden noch einen Aufsatz schreiben«, kündigt Orlando an. »Ich möchte, dass euch dieser Spaß macht.«
Wie könnte man je Spaß daran haben, einen Aufsatz zu schreiben? Ich schließe die Augen und konzentriere mich darauf, ihn mental dazu zu bringen, ein anständiges Thema zu wählen.
Die zehn besten Wellen aller Zeiten.
Warum Tommy Hilfiger immer bekannter wird.
Wie man wirklich alles vermasseln kann.
Orlando steht in seiner blauen Jeans und der Weste an der Tafel und schreibt: »Schildere, was du am besten kannst.«
»Also gut, ihr kennt das Spiel. Zwei Seiten. Mindestens. Und zwar von allen.« Dabei sieht er mich bedeutungsvoll an. »Ihr habt bis zum Ende der Stunde Zeit. Wenn ihr vorher fertig seid, reicht euren Aufsatz bei mir ein und lest Hamlet weiter. Falls ihr mehr Zeit braucht, bleibe ich, bis ihr fertig seid. Der hier soll gut werden, Leute. College-Standard. Ich möchte wissen, was ihr besonders gut könnt, also beeindruckt mich.« Er setzt sich an sein Pult, und ich schaue aus dem Fenster.
Na ja , denke ich, das Thema könnte eindeutig schlimmer sein . Ich bin ziemlich sicher, dass ich zwei Seiten mit dem, was ich am besten kann, füllen kann. Tatsache ist, ich bin ziemlich sicher, dassich mit diesem Thema sogar noch mehr Seiten füllen kann. Also hole ich einen meiner Stifte heraus, und meine Nachbarin schiebt mir unaufgefordert ein paar Zettel rüber. Orlando seufzt.
»Papier, Liam. Zubehör für die Schule. Bring es mit.«
Eine halbe Stunde später habe ich die fünfte Seite vollgeschrieben. Ich lese die Seiten noch einmal durch. Dann grinse ich zufrieden, während ich sie nach vorne ans Lehrerpult bringe. Wenigstens ist dieser Teil des Tages ein Erfolg. Ich lege die Blätter auf den Stapel, der schon auf Orlandos Pult liegt und setze mich wieder. Die letzten zehn Minuten der Englischstunde starre ich auf die erste Seite von Hamlet . Als es klingelt, springe ich auf, um zu gehen.
»Liam, bleibst du bitte noch einen Moment?«
Ich zögere. Vielleicht möchte Orlando mich für die dramatische Besserung meiner Leistungen loben. Er zeigt auf einen Stuhl, und ich setze mich. Dann holt er tief Luft.
»Das hier kann nicht deine Bestleistung sein«, sagt er.
Für einen Moment glaube ich, mich verhört zu haben. Ich werfe einen Blick auf die Blätter auf seinem Pult, um mich zu vergewissern, dass sie wirklich mein Aufsatz sind.
»Ich habe fünf Seiten geschrieben«, sage ich schließlich. »Du hast zwei gesagt, und ich habe fünf geschrieben. Ich hätte den Aufsatz zwar noch kürzen können, aber –«
Orlando unterbricht mich mitten im Satz. Er hebt meine Blätter hoch.
»Was ich am besten kann. Von Liam Geller.« Er macht eine Pause und wirft mir über den Rand der Blätter einen Blick zu. Dann liest er weiter. »Ich würde sagen, was ich am besten kann, ist, alles zu vermasseln. Darin bin ich sehr, sehr gut. Es gibt viele Wege, wie ich besser als ein Durchschnittsmensch etwas vermasseln kann. Während die meisten Leute nur hin und wieder etwas vermasseln,bin ich darin sehr beständig und vermassle sogar das Vermasseln, wenn ich etwas vermasseln will.«
Orlando stockt. »Ist das dein Aufsatz? Fünf Seiten darüber, warum du so gut darin bist, Dinge zu vermasseln?«
»Ich habe viele Details aufgeführt, die meine These bestätigen«, stammle ich. »Die Geschichte, wie ich in Dads Arbeitszimmer erwischt wurde – das ist doch ziemlich
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