Voll erwischt
Hast du mit den beiden Schlampen von oben über meine Eier geredet?»
Janet ließ den Koffer los. «Kann schon sein, daß ich’s erwähnt hab», sagte sie. «Ich wußte ja nicht, daß es dir was ausmacht.»
«Allerdings tut’s das», sagte er. «Ist zwar nicht direkt ein Staatsgeheimnis, aber wenn’s schon sein muß, dann bin ich gern selbst derjenige, der’s erzählt. Okay?»
«Es ist interessant», sagte Janet, «wenn einer vier statt nur zwei hat. Genau so Sachen erzähle ich den Leuten eben gern. Ganz besonders Margaret und Trudie. So was findet doch jeder interessant. Genau wie mit John Lennon.»
«Hatte der auch vier?»
«Nein, ich meine, er war ein interessanter Mensch wegen der Sachen, die er so gemacht hat, und wie er ausgesehen hat. Und bei dir ist’s genauso», sagte sie. «Weißt du, weil du vier hast.» Sie kicherte kurz und hörte dann auf. Orchid sprang lautlos auf ihren Schoß, und Janet begann sofort, die Katze zu streicheln.
«Worüber lachst du?» fragte er.
«Trudie», sagte sie. «Trudie hat gesagt, wir wären ein komisches Pärchen - du mit deinen vier Eiern und ich ohne Titten.»
«Was soll daran komisch sein? Ich wüßte nicht, was da komisch ist.»
«Macht’s dir eigentlich was aus? Ich meine, daß ich keine hab?»
Norman zuckte die Achseln, nahm einen Koffer in die Hand und ging ins Schlafzimmer. «Die meisten Frauen haben welche», sagte er. «Wenn ich Titten brauche, werd ich auch zwei finden.»
Kapitel 19
Gus blieb dem Burschen auf den Fersen. Er folgte ihm und dem Mädchen nach Tang Hall und wartete vier Stunden vor dem Haus, bis der Kerl wieder ging. Es sah aus, als wohnten verschiedene Parteien auf den zwei Stockwerken, aber mit Sicherheit konnte er das nicht sagen. Dann folgte er dem Burschen zurück in die Stadt und sah, wie er ins Station Hotel ging und sich seine Zimmerschlüssel geben ließ.
In der Stadt war mehr Polizei unterwegs als sonst. Sah ganz danach aus, als hätte die hiesige Polizei weitere Leute angefordert, die bei den Ermittlungen in diesem Mordfall helfen sollten. Auf den Reklametafeln der Tageszeitungen prangte nur das eine Wort: DOPPELMORD.
Gus bestellte sich im Hotelrestaurant einen Kaffee, setzte sich so, daß er den Fahrstuhl und die Treppe im Auge hatte, und wartete wieder. Normalerweise mochte er diesen Teil des Jobs überhaupt nicht, diese endlose Warterei. Aber heute war’s okay. Es bot ihm Gelegenheit, über seine Beziehungen nachzudenken - zu seiner Lebensgefährtin Marie, zu seiner Freundin Karen, zu Sam, Geordie und Celia. Er wollte so viel Zeit wie möglich in seinem Kopf verbringen. Er wollte weder nach Hause noch mit irgendwem reden.
Er war bereit, Norman Brown so lange zu beschatten, wie es eben dauerte. Sogar noch länger. Solange es ihn vom wirklichen Leben fernhielt. Gus würde den Mann für immer und ewig beschatten.
Obwohl die Lautstärke des Fernsehers runtergedreht war, bekam er doch den größten Teil der Handlung mit, die Christine und Mary Beth boten, und bevor er eindöste, fragte er sich noch beiläufig, wie sie es nur schafften, dieses Tempo aufrechtzuerhalten.
Der Nachtportier rüttelte wieder an seiner Schulter. Gus riß die Augen auf und versuchte, seine Zunge vom Gaumen zu lösen. «Wie spät ist’n?» fragte er.
Der Portier deutete auf eine Wanduhr, 0 Uhr 45. «Wollte Sie ja eigentlich nicht wecken», sagte der Portier, «aber wenn ich Sie hier sitzen lasse, kostet mich das schon wieder den Job.»
Gus rappelte sich auf und ging zu Fuß quer durch die Stadt nach Hause. Marie schlief fest, und es gelang ihm, ins Bett zu schlüpfen, ohne sie zu wecken. Als sie morgens aus dem Bett kroch, um sich für die Frühschicht im Krankenhaus fertigzumachen, tat er, als schliefe er noch.
Um sieben Uhr morgens war er wieder im Station Hotel, zog sich Kaffee rein und wartete darauf, daß Norman Brown zum Frühstück runterkam. Die Augen fielen ihm immer wieder zu. Das ist unprofessionell, dachte er. Wann immer er sich zwang, die Augen zu öffnen, war er sich des karierten Hemdes nur zu bewußt, das er bereits gestern getragen hatte und immer noch trug. Es war ein leichtes Hemd, das Marie ihm letztes Jahr im Sommer geschenkt hatte, und ein unpassenderes Kleidungsstück für eine Observierung konnte wahrscheinlich nur noch neonfarben sein. Wenn man jemanden beschattete, wollte man mit der Umgebung verschmelzen. Man mußte unsichtbar sein, genau wie Celias alte Männer. Auch gestern war Gus klar, welches Hemd er
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