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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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bist du schon alleine?<
    >Seit 'nem knappen Jahr. Und du?<
    >Ach ... ich weiß gar nicht mehr ... langsam denke ich schon, ich find nie mehr eine! Ich hab aber auch viel falsch gemacht, glaube ich.<
    >Du, ich schau mal zum Strand und ertränke mich!<
    >Okay. War nett, dich kennen zu lernen! Ach warte ... ich glaub, ich komme mit!<
    Aber wie's immer ist: Alle Verlierertisch-Singles haben sich gefunden. Sogar der erdbeerporige Peter ist seit drei Tagen mit dem Hardcore-Mauerblümchen Flo aus Essen zusammen, und heute Morgen am Wellfit-Buffet hatte ich fast den Eindruck, das Leid der Welt würde nicht mehr ganz so schwer auf den zerbrechlichen Schultern der beiden lasten. Aber was ist mit meinen Schultern? Da stehe ich nun mit Bierchen Nummer vier und warte drauf, vom Clubchef persönlich eine Medaille verliehen zu bekommen mit der Aufschrift »Einsamster Mensch des Clubs«.
    Ich trinke noch ein Beck's und noch eines. Als der DJ die Weather Girls mit »It's raining men« auflegt, bestelle ich mir meinen ersten Whiskey. Die Tür des Club-Theaters geht auf, und jede Menge abscheulich gut gelaunte Menschen strömen heraus.
    »Sehr gute Show heute!«, verrät mir eine mollige Dame aus Düsseldorf. Sie trägt eine tonnenschwere, diamantbesetzte Brille.
    »Was haben sie denn gespielt?«, will ich gar nicht wissen, frage es aber trotzdem.
    »Na Cats!«
    »Aber das läuft doch schon die ganze Woche!«
    »Heute war's besonders gut!«
    Ich bestelle einen weiteren Whiskey, als mir das Bond-Girl auf die Schulter tippt. Aneta! Diesmal trägt sie keinen Wetsuit, sondern ein Katzenkostüm. Auch sexy!
    »Na? Letzter Abend, was?«, blinzelt sie. Ich versuche, etwas weniger besoffen zu schauen, als ich bin, aber vermutlich seh ich wieder sehr kugelfischig aus.
    »Du bist ... du bist ja 'ne Katze! Mein Lebensretter-Kätzchen!«, stammle ich.
    Ihr eng anliegendes Katzenkostüm sticht den Wetsuit in Sachen Erotik fast noch aus. Eine Frechheit eigentlich. Eben hatte ich mich hormontechnisch wieder auf Standby gefahren. Jetzt kommt die hier einfach so an und macht mich wieder geil. Sexy Frauen sollten Zirkuszelte tragen und nicht dieses Zeug, das einen so verrückt macht.
    »Warum hast du denn so ein Ding da an?«, will ich wissen.
    »Na wegen Cats. Das spielen wir doch gerade! Hab eigentlich gedacht, ich seh dich im Publikum!«
    »Hab noch an meiner Einkommensteuer gesessen!«
    Sinnloses Clubgeblubber. Ich verschwende meine Zeit. Mit Animateuren läuft eh nichts, und wenn sie noch so freundlich sind. Viele vergessen das immer. Die Jungs und Mädels haben ihr Lächeln verkauft an die Zuhälter der Tourismusindustrie. Es ist nicht echt! Und bei Aneta eben auch nicht. Sogar jetzt, wo ich mit ihr spreche, nickt sie anderen Clubgästen zu. Willkommen zum Reality-Check. Prüfung läuft. Ergebnis: Sie haben ... keine Chance. Was mich dann allerdings ganz schön aus der Bahn wirft, ist die Frage:
    »Haste Lust, einen Wein zu trinken?«
    »Jetzt, hier?«
    »Besser auf meinem Balkon. Hier sind mir zu viele Gäste!«
    Auf ihrem Balkon? Sie fragt MICH, ob ich zu IHR komme, um einen Wein auf IHREM Balkon zu trinken? Das Bond-Girl? Eben dachte ich noch, ich hätte das System kapiert und dann so was. Dieser Club ist ein einziges, großes Missverständnis. Eine gigantische Pauschal-Truman-Show, angezettelt von der TUI und den Machern der Matrix. Aneta ist Animateurin. Sie hatte eine harte Woche. Sie hat sich versprochen, und jetzt tut es ihr Leid.
    »Du lädst mich ein zu dir?«
    »Warum denn nich ...?«
    Wie kann mir dieses Miststück in zehn Sekunden meine ganze Clubtheorie wegbomben? Wie kann sie mir meine kleine, erbärmliche Abendplanung kaputtlächeln? Warum? Ich gehe auf Nummer Sicher und antworte mit:
    »Klar!«
    »So in 'ner Stunde? Ich muss noch aus meinen Katzenklamotten raus und duschen!«
    Auch das noch. Ich mag gar nicht dran denken. »Wo is'n dein Balkon, äh ... Zimmer?«
    »79 B, hinter den Tennisplätzen!«
    »Ich bring Wein mit!«
    »Super — bis gleich!«
    Und weg ist sie. Ich schaue auf den spanischen Barkeeper, um mir bestätigen zu lassen, dass sie das, was sie gerade gesagt hat, wirklich gesagt hat, doch der mixt einfach nur einen Pauschalmojito nach dem anderen.
    Aneta! In einer Stunde! Ich bin ansatzweise überfordert. Ich stelle den Whiskey weg und segle mit meiner grün hämmernden Beck's-Birne die geschwungene Stahltreppe runter in die noch halb leere Diskothek. Saiiiiiilllll awayyy ... An der Theke sitzt der Tennisossi,

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