Vollmeisen
Google -Seite und gab »Cayman« ein. Als die Ergebnisse kamen, kriegte ich groÃe Augen. Cayman war eine Inselgruppe in der Karibik und galt als fünftgröÃter Finanzplatz der Welt. Angeblich war hier das Bankengeheimnis noch gröÃer als in der Schweiz. Schnell gab ich »Cayman National« ein und landete auf der Homepage einer Bank. Auch bei »Cayman Offshore« und » HSBC Cayman« kam ich zu Banken.
Ich schloss die Seiten, druckte alle Dateien auf dem Stick aus und schob den Computer wieder an seinen Platz zurück. Wow. Da musste ich erstmal drüber nachdenken. Ich nahm den Stick und meine ausgedruckten Seiten, rief Jürgen ein »Wohnzimmer ist wieder frei« zu und ging nach oben in mein Zimmer.
Auf meinem Bett streckte ich mich lang aus und roch erstmal am Kissen. Mhh, fast so gut, als wäre Nick noch hier. Dann setzte ich mich auf und dachte nach. Simon hatte mich wirklich belogen. Ich war vielleicht nicht die Hellste, aber selbst ich kapierte, dass der Stick, den er so unbedingt haben wollte, Zugangsdaten zu Bankkonten gespeichert hatte. Von wegen Beweise für seine Unschuld.
Der Belgier, Nick und seine Kollegen hatten in allem recht gehabt. Simon war ein mieser Drogendealer, der auch noch seine Komplizen betrogen hatte. Er hatte Geld beiseitegeschafft und musste wohl so Hals über Kopf fliehen, dass er die Kontodaten nicht mehr mitnehmen konnte. In mir stieg eine enorme Wut auf. Was für ein Drecksack. Ihm war völlig egal gewesen, was mit mir passieren würde. Er hatte sich denken können, dass sich sowohl seine Verbrecherkumpane als auch die Polizei an meine Fersen heften würden. Ob ich in Gefahr war, hatte ihn nicht im Mindesten interessiert, alleine das dreckige Drogengeld war ihm wichtig.
Ich dachte das zweite Mal innerhalb von ein paar Tagen über unsere Beziehung nach. Hatte er mich eigentlich jemals geliebt? So, wie ich ihn jetzt sah, war er dazu wahrscheinlich gar nicht in der Lage. Lieben tat er wohl nur sich selbst. An unseren Familienfeiern hatte er so gut wie nie teilgenommen, das war ihm zu piefig gewesen. Wenn ich mal wegen irgendetwas traurig gewesen war oder ein Problem hatte, konnte er mich gar nicht schnell genug zu Britt oder einer anderen Freundin abschieben. Bloà kein Stress für den Herrn. Eigentlich, das sah ich jetzt ganz klar, hatte sich die ganzen Jahre alles immer nur um ihn gedreht. Was ich wollte, hatte er einfach nicht zur Kenntnis genommen.
Aber was sagte das alles über mich aus? Warum hatte ich mir so eine Behandlung so lange gefallen lassen? Und mir das auch noch schöngeredet? Wahrscheinlich, weil ich überhaupt nicht nachgedacht hatte. Im Gegenteil. Ich fand es cool, Teil eines Powerpaares zu sein. Ich fand es cool, mit ultraschicken Leuten in überteuerte Restaurants und angesagte Clubs zu gehen. Und ich war so blöd, dass ich wirklich glaubte, so laufen Beziehungen von Erwachsenen nun mal.
Die Wut kochte wieder in mir hoch, als ich mich an unser letztes Treffen erinnerte. Er hatte mich nicht nur von vorn bis hinten belogen, er hatte auch noch mit meinen Gefühlen gespielt. Mir vorzumachen, er würde mich immer noch lieben und mit mir ganz neu anfangen wollen, wenn alles überstanden war. Lieben tat er nur den USB -Stick, seine Konten, sein Geld. Ich überlegte, was ich nun machen sollte.
Klar, eigentlich lag es auf der Hand. Ich musste Nick anrufen und ihm von meiner Entdeckung erzählen. Er selbst hatte mir gesagt, dass es nur noch eine Frage der Zeit wäre, bis sie Simon schnappen würden. Da gab es wohl so Spezialpolizisten, die man Zielfahnder nannte, und die würden jeden über kurz oder lang finden. Sie würden Simon verhaften, ihm die Beweise um die Ohren knallen, und ihm würde nichts anderes übrig bleiben, als die ganze Sache zu gestehen. Und wie ich ihn kannte, würde er alles über die Belgier ausplaudern, in der Hoffnung, dadurch selbst besser wegzukommen.
Damit wäre mir zwar auch geholfen, denn ich könnte endlich wieder ein normales Leben führen. Ich müsste keine Angst mehr haben, dass mir an jeder StraÃenecke jemand auflauert. Aber Simon hätte gewonnen. Denn kein Gericht würde ihn für das zur Rechenschaft ziehen, was er mir angetan hatte. Ich beschloss, dass ich ihn nicht so leicht davonkommen lassen würde. Er würde verhaftet werden, ja, aber vorher würde er mir Rede und Antwort stehen.
Mit diesem Vorsatz ging es mir
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