Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Laufzettel.«
Nick musterte mich. Er versuchte wohl, meine Stimmung einzuschätzen, und fragte sich, ob er mich vielleicht noch ein bisschen mehr bedrängen sollte. Stattdessen verlagerte er sein Gewicht auf dem Sitz, beugte sich rüber und drückte mir einen zarten Kuss auf die Stirn. »Soll ich dich noch reinbringen?«
»Nein. Ich bin heute Danny begegnet. Die passen auf mich auf. Geh nach Hause! Wir sehen uns morgen.«
»Alles klar. Ich werde wohl noch ein bisschen laufen.« Nick glitt aus dem Wagen. »Eine nette Laufrunde würde mir jetzt guttun. Baut den Stress ab. Versuch morgen, vor Mittag reinzukommen, ja?«
Ich lachte. »Der Wecker wird gestellt. Keine Nachlässigkeiten mehr.«
Er schloss die Tür, und ich sah ihm nach, als er über den Parkplatz lief. Sein schlanker Körper bewegte sich mit all der Eleganz des Wandlers, der er nun einmal war.
Ich sackte in meinem Sitz zusammen und dachte über all das nach, was heute Abend passiert war. Mein Gehirn rotierte immer noch, und ich wünschte, ich könnte das alles vergessen. Einen Alpha zu blockieren war unmöglich. Das war ein eindeutiger Beweis dafür, dass etwas nicht stimmte. Ich war nun offiziell ein Problem, das mein Vater nicht unter Kontrolle hatte. Sollte das bekannt werden, würde das Rudel mich nie akzeptieren. Der Alpha hatte seinen Rang aus gutem Grund: Er stand ganz oben und hatte alle anderen unter seiner Kontrolle. Wenn ich in diese Hierarchie nicht hineinpasste, würden sie mich fertigmachen. Wölfe brauchten feste Strukturen, und sie hassten Veränderungen. Sie fürchteten das Unbekannte, und sie verabscheuten alles, was sie sich nicht erklären konnten.
Und ich war die Verkörperung all dieser Dinge auf einmal.
Ich saß ja so was von in der Scheiße!
KAPITEL NEUN
I ch hatte meine Wohnungstür fast erreicht, als eine kräftige, unbekannte Stimme mein Hörzentrum traf. Ich blieb abrupt stehen und sah mich um.
Außer mir war niemand auf dem Korridor.
Die Stimme streifte erneut mein Hirn wie ein sanfte, leidenschaftliche Liebkosung. Sie war nicht so recht greifbar – eher wie etwas, das sich im Inneren meines Gehirns manifestierte, nicht außerhalb. Und sie hörte sich ganz anders an als die Stimme meines Vaters oder die meines Bruders. Gott sei Dank, denn das, was sie gerade zu mir gesagt hatte, war höllisch obszön.
Sie meldete sich erneut, flüsterte in meinen Sinnen, und endlich erkannte ich das Timbre. Die Stimme in meinem Kopf gehörte Colin Rourke, meinem potenziellen neuen Klienten. Ich lauschte ihr einen Moment und errötete wie irre.
Was ist los? Das kann doch nur irgendein Streich sein!
Rourkes kehlige Stimme flutete mich erneut, und ich fühlte ein Kribbeln, das von den Fingerspitzen bis zu den Zehen rann und unterwegs alle wichtigen Körperteile erwischte. Ich erbebte und konnte es nicht unterdrücken.
Mmm … Schokoladensirup, wohin?
Sex und Essen. Das war zu viel. Ich schüttelte den Kopf und versuchte, Rourke aus meinem Schädel zu vertreiben. Marcy musste mir einen Streich spielen. Bestimmt wollte sie sich nur rächen, weil ich ihr solche Angst gemacht hatte. Das war die einzig mögliche Erklärung. Was sollte sonst dahinterstecken? Was für ein Biest! Wieder sah ich mich auf dem Korridor um, ummich zu vergewissern, dass sie nicht hinter irgendeiner Tür stand und kicherte.
Die Stimme sprach ohne Unterlass. Sie benutzte sehr handfeste Bilder.
Nein, nein, Karamell passt da nicht hin. Dafür ist es zu klebrig.
Ehe ich etwas dagegen tun konnte, erblühten meine Brustwarzen unter meinem Top zu steilen Gipfeln. Ich war angeturnt bis zum Gehtnichtmehr. Zum Teufel mit euch, ihr verräterischen Körperteile! In meinem Kopf sollte es ohne meine Erlaubnis gar keine Männerstimme geben. Aber das hielt mich nicht davon ab, mir vorzustellen, wie dieser Mann wohl riechen mochte. Dicke Kiefernäste oder salzige Meeresluft, nahm ich an. Vielleicht vermengt mit einem Hauch Regen. Mjam!
Eine Woge Feuchtigkeit machte sich in meinem Slip breit.
Herrgott noch mal!
Es war zu viel. Dieser Scherz war zu weit gegangen. Marcy, wenn du das da in meinem Kopf bist, dann verschwinde zum Teufel noch mal! Das ist nicht witzig! Ich werde mich grausam rächen!
Ich musste wohl vorübergehend den Verstand verloren haben, dass ich mich von einer imaginären Stimme so anturnen ließ. Ich straffte die Schultern und ging forsch weiter zu meiner Tür, die Schlüssel bereits in der Hand. Ich wusste nicht einmal, wie der Kerl aussah, ob er nun
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