Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
Ausführungen.
Sandra konnte nach ihren heutigen Erlebnissen Karins Spott nicht so recht teilen. »Darf ich deinen Computer benutzen? Ich möchte dir gern etwas zeigen.«
Karin nickte zustimmend, nahm ihr Weinglas und setzte sich mit Sandra vor den PC.
»An welchem Tag hast du Geburtstag?«, fragte Sandra.
»Am fünfundzwanzigsten März.«
»Und welches Jahr?«
»Neunzehnhundert und fnszig.«
»Also du musst mir das Jahr schon sagen, mit raten komme ich nicht weiter. Soll ich mich vielleicht erst in den Polizeirechner hacken und deine Personalakte einsehen?«
»Das kannst du?«
Sandra verdrehte die Augen. »Lenk jetzt bitte nicht wieder ab.«
»Na gut, 1965. Wofür musst du das denn wissen?«
»Pass auf! Auf dieser Website erhalte ich zu dem Datum den Wochentag. Du bist an einem Donnerstag geboren.«
»Interessant«, murmelte Karin. »Was hat das mit unserem Fall zu tun?«
»Als ich heute noch einmal alle Berichte zum Fall Sarah Lefort durchging, fiel mir das Datum ins Auge, an welchem Sarah Lefort vergewaltigt wurde. Es war der 14. April 2006. Ich checkte also dieses Datum und voilà, es war ein Freitag. Und was geschah immer freitags? Richtig, drei Musketiere spielten Skat. Warum sollte sich der dritte Musketier so ein Event wie diese Vergewaltigung entgehen lassen?«
»In den Berichten war immer nur von zwei Tätern die Rede«, warf Karin ein.
»Ganz genau! Also begann ich, die Berichte in Zweifel zu ziehen. Wenn nun die Anzahl der Beteiligten nicht stimmt, was wurde noch alles verdreht und vor allem von wem? Ich begann, den Fall ganz von vorn aufzurollen.« Sandra berichtete Karin nun detailliert, was sie von Polizeiobermeister Unger erfahren hatte und auch Jans Ermittlungsergebnisse wiederholte sie getreulich. Als sie ihren Bericht beendet hatte, trank sie einen großen Schluck
Beaujolais
und stellte fest: »Den Wein habe ich mir heute redlich verdient.«
»Das kannst du laut sagen«, nickte Karin anerkennend.
»Komm, wir setzen uns auf deine Couch, da ist es bequemer.«
Sandra und Karin räumten schnell das Geschirr ab und machten es sich dann bequem.
Sandra schnüffelte genießerisch an ihrem Weinglas, trank einen Schluck und setzte ihren Bericht fort: »Als nun feststand, dass drei Männer an der Tat beteiligt waren, habe ich gemeinsam mit Herrn Unger versucht, die Ereignisse der betreffenden Nacht zu rekonstruieren. Nachdem Sarah auf der Polizeiwache ankam, sind die Kollegen sofort los und haben die Gegend abgesucht. Sie griffen Haase und Schlott unweit des Tatorts auf. Die beiden hatten eine Fahne, waren aber noch relativ klar. Beide Männer wurden auf dem Revier verhört. Sie sagten übereinstimmend aus, dass sie von Sarah angesprochen wurden und dass diese sich prostituiert hätte. Sie seien aber nicht auf das Angebot eingegangen. Sarah sei in einem normalen Zustand gewesen, Verletzungen haben die beiden nicht bemerkt. Aber sie wiesen darauf hin, dass sie die Frau nicht genau angeschaut hätten und es zudem dunkel gewesen sei. Eine Vergewaltigung begangen zu haben, stritten sie rundweg ab. In diesen Punkten stimmen die Berichte mit den Erinnerungen von Polizeiobermeister Unger überein. Er wusste auch noch, dass es beide ablehnten, ihre Anwälte zu konsultieren. Er wunderte sich darüber, weil er davon ausging, dass Firmeninhaber die nötigen Mittel und auch Beziehungen haben. Beide Beschuldigte erklärten aber, sie hätten ein reines Gewissen und deshalb sei ein Rechtsbeistand nicht erforderlich. Dieser Umstand wurde in späteren Berichten deutlich hervorgehoben, um die Unschuld der beiden zu untermauern. Das hat mich stutzig werden lassen. Ich vermute, dass der Verzicht auf einen Anwalt ein geplanter Schachzug gewesen ist.«
»Das setzt voraus, dass sich die drei Täter abgesprochen haben. Hatten sie denn ausreichend Zeit zur Verfügung, um einen Plan zurechtzulegen?«, warf Karin ein.
Sandra zuckte die Schultern. »Diese Frage kann ich erst morgen beantworten. Nach dem Gespräch mit Polizeiobermeister Unger bin ich zum Tatort marschiert und wieder zurück zum Revier. Ich habe die Zeit gestoppt. Fünfzehn Minuten, aber ich bin schnell gelaufen. Wir müssen allerdings Sarahs Zustand mit einkalkulieren. Aus den Berichten ging nicht hervor, wie schwer Sarah verletzt war. Das ist auch so ein Punkt, der mich misstrauisch macht. Ein Arztbericht, der nach einer Vergewaltigung obligatorisch ist, fehlt völlig. Am Nachmittag habe ich herumtelefoniert und das Krankenhaus, in welches Sarah
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