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Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition)

Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition)

Titel: Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ansgar Warner
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Frage gestellt: Wie lange dauert es, um alle existierenden Bücher zu digitalisieren?
    Darauf wusste niemand so schnell eine genaue Antwort. Doch nicht umsonst standen an der Spitze von Google ja mit Larry Page und Sergey Brin zwei Wissenschaftler. Googles PR-Abteilung schildert den Anfang des großen Scan-Projektes so:
    „In typischer Google-Manier entschied Larry Page, das Experiment selbst in die Hand zu nehmen. Mithilfe eines Metronoms versuchen er und Marissa Mayer, eine der ersten Produktmanagerinnen von Google, die Seiten eines 300 Seiten starken Buchs in gleichen Abständen umzublättern. Es dauert ganze 40 Minuten, bis sie die letzte Seite umgeblättert haben.“
    Der „Gründungsakt“ des zu Beginn noch streng geheimen Google Buch-Projekts soll bereits im Jahr 2002 stattgefunden haben. Manche Bibliotheken hatten zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen, selbst Teile ihrer Bestände einzuscannen. Zu den Pionieren auf diesem Gebiet gehörte die Universität von Michigan, zu deren Absolventen Larry Page zählt. Von seiner ehemaligen Alma Mater erfuhr der Google-Co-Chef, dass „die aktuelle Schätzung für die Digitalisierung einer Bibliothek mit 7 Millionen Bänden bei 1000 Jahren liegt“. Darauf wagte Page gegenüber der Universitätsleitung die kühne Prognose: „Google könnte das in sechs Jahren schaffen.“
    Per Hand, das war natürlich klar, würde man dieses Rekordergebnis nicht erreichen können. Notwendig war eine Scan-Technik, die ebenso schnell wie schonend funktionierte. Denn selbstverständlich sollten die gedruckten Bücher bei der Digitalisierung nicht beschädigt werden. Tatsächlich bot die Industrie bereits Hochleistungsgeräte an, die mit pneumatischen Fingern Buchseiten umblättern konnten und sich mindestens 1000 Seiten pro Stunde in digitaler Form einverleibten. Auch für das Problem, Bücher in hunderten verschiedenen Sprachen, Alphabeten und Fontgrößen zu verarbeiten, schienen die Google-Techniker eine Lösung parat zu haben. Fehlten nur noch geeignete Kooperationspartner.
    Im Oktober 2004 landeten Larry Page und Sergey Brin einen Medien-Coup der Extraklasse. Ausgerechnet auf der altehrwürdigen Frankfurter Buchmesse, im Herzen der Gutenberg-Galaxis sozusagen, stellten sie das nun „Google Print“ genannte Digitalisierungsprojekt vor. Zumindest den ersten Teil. Denn bei den präsentierten Partnern handelt es sich um renommierte Wissenschaftsverlage wie Cambridge University Press, Penguin oder Springer. Mit deren Einwilligung schien auch das Einscannen aktueller, urheberrechtlich geschützter Titel gesichert zu sein.
    „Der neue Service erlaubt den Nutzern von Googles Suchmaschine parallel zur Recherche in Milliarden von Webseiten auch das Durchkämmen der Texte von hunderttausenden Büchern zu einem bestimmten Thema. Die eingescannten Werke, die von den Verlagen zur Verfügung gestellt wurden, lassen sich nach einzelnen Begriffen oder Sätzen durchsuchen“, berichtete die New York Times. Die Googler betonten bei der Präsentation des Projekts immer wieder, dass Google nicht zum Online-Buchhändler werden wollte – wenn überhaupt, so sei man am Anzeigengeschäft interessiert, ähnlich wie bei der gewohnten Google-Suche. Trotzdem wurde Google Print von der Branche nicht gerade enthusiastisch begrüßt, wie Lars Reppesgaard in seinem Sachbuch-Bestseller „Das Google-Imperium“ schreibt:
    „In Frankfurt reagierte man verhalten auf die zukunftsweisende Idee. In einer Zeit, in der immer mehr Leute nach einem bestimmten Titel beim Onlinehändler Amazon suchten und nicht mehr im Verzeichnis lieferbarer Bücher, sorgten sich etliche Verlagsmanager, dass ihnen durch das Internet ein ähnliches Schicksal drohte wie der Musikindustrie.“
    Mit anderen Worten: man hatte nicht nur Angst vor regulärer digitaler Konkurrenz, sondern auch vor der „Napsterisierung“ der Buchbranche. Übersehen wurde bei dabei natürlich, dass vor allem deswegen so viele MP3-Musikfiles im Netz kursierten, weil die Anbieter es lange Zeit versäumt hatten, ein vergleichbares legales Angebot zu schaffen. Googles Scanner würden also in vielen Fällen die unkontrollierbare Arbeit der Raubkopierer ersetzen, und für die Verlage sogar Umsätze mit Titeln ermöglichen, die in gedruckter Form längst nicht mehr lieferbar waren.
    Im Dezember 2004 stellte Google dann den Kern von Google Print der Öffentlichkeit vor, das „Bibliotheksprogramm“. In Zusammenarbeit mit den Universitätsbibliotheken von Harvard,

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