Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)
hältst.«
Es sollte Pflichtlernzeiten geben, und ich sollte so lange normales Essen essen, bis es mir schmeckte, und Poker wäre überhaupt nicht mehr erlaubt, dazu noch tausend weitere Regeln, die ich mir nie im Leben hätte merken können. Als er dann alles durchgegangen war, tätschelte er mir richtig freundlich die Schulter und sagte: »Schön, dich wieder hierzuhaben«, aber ich merkte, dass er noch nicht ganz so weit war zu gehen, weil er total nervös immer um mein Bett rumlief.
»Hör mal, Joe«, sagte er. »Irgendwann in den nächsten zehn Jahren gründe ich eine Familie, und in letzter Zeit habe ich viel über Babynamen nachgedacht. Mir ist klar geworden, dass Alexander eigentlich der einzige Name ist, den ich mir für meinen erstgeborenen Sohn vorstellen könnte. Intuitiv habe ich das schon immer gewusst, aber erst seit Kurzem auch bewusst. Falls du vor mir ein männliches Kind bekommen solltest, würdest du mir doch nicht die Schau stehlen, oder? Du würdest ihn nicht Alexander nennen, wo du nun weißt, was der Name mir bedeutet?«
»Das bezweifle ich.«
»Leider muss ich das zu einer weiteren Bedingung dafür machen, dass du hier in meiner Wohnung bleiben kannst.«
»Okay, Marcus. Ich verspreche dir, dass ich nie jemanden Alexander nennen werde.«
»Das ist super. Ich bin so froh, dass das aus der Welt geräumt ist.« Diesmal tätschelte er mir den Kopf. »Gute Nacht, Joe. Morgen holen wir deine Sachen aus dem Container.«
Es war gut, wieder in meinem Bett zu liegen, das gebe ich zu. Marcus hatte mein Lieblingskissen rausgeworfen, aber ich hatte ja meinen guten Schlafanzug, außerdem roch mein Bett noch nach mir. Ich dämmerte schon weg, als sich Julia reinstahl. Ihre Hand war kühler als meine Stirn.
»Schläfst du?«
»Nein.«
»Ich mag es nicht, wie er über dich spricht.«
»Was denn so?«
»Na, dass mit dir was nicht stimmt. Ich glaube ihm nicht die Hälfte dessen, was er sagt, und ich mag es, wie du bist. Warum muss denn jeder so schnell groß werden? Marcus ist einer von denen, die wollen, dass alle gleich sind. Ich finde es ziemlich komisch, dass er Alvin vorwirft, dich zu zerstören, wo Alvin doch nur wollte, dass du so bleibst, wie du warst.«
»Das sagt Alvin.«
»In einem hat er Recht. Es ist ziemlich nett mit dir. Was wird hier mit dir passieren?«
»Ich nehme an, Marcus wird mich jetzt endlich auf Spur bringen.« Ich versuchte zu lachen. Die ganze Zeit, die wir redeten, streichelte Julia mir irgendwie so über die Stirn. Sie begann bei den Brauen und fuhr mir dann bis ganz zum Hinterkopf. Ich musste immerzu auf ihre Lippen schauen. »Oder ich könnte mit dir weggehen.«
»Die Idee hatte ich auch schon«, sagte sie. »Wahrscheinlich könnte ich dir einen Job im Hotel beschaffen. Ich arbeite dort den ganzen Sommer, bis ich ans College gehe.«
»Meine Klamotten sind aber alle im Müllcontainer.«
»Ja, das ist ganz schön blöd, aber lass sie doch einfach dort. Ich finde wirklich, wir sollten abhauen.«
Sie half mir, meine Schuhe suchen, und zwei Minuten später schlichen wir zusammen aus dem Haus. Gerade als wir ins Auto stiegen, kam Marcus im Bademantel aus dem Wohnblock. Er wirkte nicht sauer, nur sehr enttäuscht. Ich ging zu ihm, um mich von ihm zu verabschieden.
»Wieder läufst du weg«, sagte er. »Ich dürfte nicht überrascht sein. Aber trotzdem bin ich es. Ich dachte, diesmal ist es anders.«
»Ich weiß, dass ich nicht mehr zurückkann. Es tut mir leid, Marcus.«
Auf der anderen Straßenseite ließ Julia den Wagen an. Sie winkte Marcus zu. Er zog den Morgenmantel enger um sich.
»Wie kommt es, dass niemand mich mag, Joe? An mir ist doch viel Liebenswertes. Ich regle alle meine Verpflichtungen. Stattdessen läuft dieses Mädchen mit dir davon. Was ist mit mir los?«
»Ich weiß es nicht. Wiedersehen, Marcus.«
»Verdammt, Joe. Wann lernst du endlich, dich wie ein Mann zu benehmen?« Plötzlich wurde Marcus richtig sauer. Ich hatte das Gefühl, er würde mich gleich schlagen. »Ich habe dich ja so satt. Hau bloß ab. Geh mir endlich aus den Augen.«
Aber als ich gehen wollte, packte er mich am Arm und zog mich zu sich, und ich spürte, wie er mir beim Sprechen ins Ohr spuckte: »Eines Tages wirst du merken, dass dein Handeln Folgen hat. Was machst du dann?« Auf der anderen Straßenseite wartete Julia bei laufendem Motor. Marcus funkelte sie böse an. Ich versuchte, meinen Arm wegzuziehen. »Das Mädchen ist zu kompliziert. Sie weiß etwas, was sie dir
Weitere Kostenlose Bücher