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Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Titel: Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lampson
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spürte, wie er mich dabei ziemlich aufmerksam betrachtete. Einen Moment lang war ich sicher, dass ich mich verraten hatte. Als Letztes konnte ich gebrauchen, dass Houston rauskriegte, dass ich Alvins Bruder war, wo doch jetzt alles so gut lief im Hotel.
    »Es stimmt, dass ich ihn auch als Person nicht mochte«, sagte Houston schließlich. »Ich sage dir auch, warum, wenn du es wirklich wissen willst.«
    »Ich hab einfach bloß laut gedacht. Es ist auch gar nicht wichtig.«
    »Aber kann ich dir denn trauen, Joe? Denn Julia weiß nicht besonders viel darüber.«
    »Natürlich.«
    »Vermutlich hast du gehört, dass sie etwas miteinander hatten.«
    Ich nickte nur. Ich hatte Angst, laut was zu sagen.
    »Aber dieser Kerl war völlig anders als du, Joe. Er war ein eigenartiger Mensch, ein Einzelgänger. Er passte nirgends so richtig rein, also wollte er auch nicht, dass Julia reinpasste. Er setzte ihr eigenartige Flöhe ins Ohr, durch die sie Zweifel an sich und an den Leuten um sie herum bekam. Er versuchte, sie gegen ihre eigene Familie aufzubringen. Gegen ihren eigenen Vater.«
    Über Alvin zu reden machte Houston offenbar sauer. Er hatte ein Chicken-Sandwich bestellt, rührte es jedoch nicht an und tippte immer bloß mit dem Finger drauf. Seine Stimme war jetzt ruhiger, aber auch intensiver.
    »Wie du wahrscheinlich weißt, hatte mein Vater letztes Jahr juristische Probleme. Bill Manning ist ein toller Geschäftsmann, und er hat in dieser Stadt viel Geld gemacht, daher sind einige Leute neidisch auf ihn. Er musste ein Jahr damit verschwenden, gegen einen Haufen erfundener Anklagen zu kämpfen. Erpressung, Geldwäsche, Bestechung – die Anschuldigungen änderten sich ständig, weil keine davon eine reale Basis hatte. Es war, als könnte sich der Staatsanwalt nicht entscheiden, welche Lüge er vorbringen sollte. Siehst du die Nachrichten?«
    »Wenn ich Zeit habe.«
    »Die ganze Sache war nichts als eine Verschwendung guter Steuergelder, aber für meinen Vater war es ein hartes Jahr. Während des Skandals hat meine Mutter ihn verlassen. Seine Konten wurden eingefroren. Viele seiner Geschäftskontakte wurden vergrault. Das Letzte, was er da brauchte, war, dass sein eigener Poolwart versuchte, seine Tochter gegen ihn aufzubringen. Wir reden hier über einen Jungen ohne Respekt für Familie und Gemeinschaft. Ohne Loyalität. Das mit anzusehen, hat mich einfach sehr wütend gemacht. Weil ich weiß, was mein Vater für ein Mann ist. Hat Julia dir erzählt, wie es dazu kam, dass ich adoptiert wurde?«
    »Was?«
    Ich hatte keine Ahnung, dass Houston adoptiert war, und jetzt war es zu spät, so zu tun, als hätte ich es gewusst, denn er hatte es mir schon am Gesicht angesehen und lachte laut auf. »Du bist schon erstaunlich«, sagte er. »Du nimmst einfach alles, wie es kommt. Hast du dich nie gefragt, warum ich anders als meine Schwestern aussehe?«
    »Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht.«
    »Mein Vater war ein Cherokee. Jedenfalls hat er das jedem erzählt. Ich hatte immer den Verdacht, dass er irgendwo aus Südamerika kam, vielleicht Peru, aber glaubte, es mache ihn interessanter, wenn er behauptete, Cherokee zu sein. Er war ein Betrüger und zwanghafter Lügner und Spieler. Er hatte keine Selbstbeherrschung und musste um immer höhere Einsätze spielen, und als ich fünf war, verlor er mich bei einem Pokerspiel. Was er da allerdings noch nicht wusste.«
    Der Mann, der hinter mir saß, stieß beim Aufstehen gegen meinen Stuhl. Als er ging, warf er seine Zeitung weg, und dann saßen Houston und ich allein in dem McDonald’s. Er machte eine Faust, hielt sie vor sich hin und betrachtete sie sorgfältig. Ich merkte, dass die Geschichte für ihn wichtig war, also hörte ich ihm so gut zu, wie ich konnte.
    »Man erzählt sich, dass mein leiblicher Vater sich mit Bill Manning zum Stud-Poker ohne Limits hinsetzte und in einer einzigen Nacht dreihunderttausend Dollar verlor. Er hatte das Geld mit dem Haus abgesichert, das meine Mutter ihm vermacht hatte, dabei aber nicht erwähnt, dass er diese Immobilie ja schon bei einem anderen Spiel in der Woche davor verloren hatte. Am nächsten Tag also, als er seine Schulden bezahlen sollte, ging er los, setzte ein hübsches, teures Hummer-Essen auf seine Kreditkarte, fuhr auf die Kennewick-Brücke, zog die Schuhe aus und sprang.«
    Houston biss von seinem Chicken-Sandwich ab. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Ich überlegte, ob ich Houston erzählen sollte, dass auch ich

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