Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
Vom Netzwerk:
möchte keine zehn Minuten. Zehn Minuten reichen mir nicht. Ich will Tage, Wochen. Wenn wir jetzt anfangen, werde ich nicht aufhören wollen. Sie werden mich aus dem Bett zerren müssen, um in die Schlacht zu ziehen.«
    »Dann vielleicht ein Kuss?« Noch bevor ich zu Ende gesprochen habe, drückt er seine Lippen auf meine. Ich halte seinen Kopf mit beiden Händen und küsse ihn, ich habe so lange darauf hingefiebert.
    Ich verliere mich. Ich verliere sämtliches Zeitgefühl. Nichts existiert mehr, nur noch Vincent und ich und unsere Liebe füreinander.
    Augen geschlossen, bewusstes Ausklammern der Sehkraft, um den Sinneneindruck der Berührung zu verstärken. Augen auf, Blicke in zwei tiefe blaue Brunnen mit kleinen Goldsprenkeln. Augen geschlossen, der Druck seines Mundes gegen meinen. Augen offen, seine Lider verziehen sich sehnsüchtig. Augen geschlossen, sein Körper fest an meinen gepresst. Das Wissen, dass die Zeit heute gegen uns ist, und die Frage, ob sich das je ändern wird.
    Während sich die Wanne mit heißem Wasser füllt, verschränke ich die Arme vor der Brust und sehe mich in dem Zimmer um, das Vincent für mich dekoriert hat. Ich bestaune die kostbaren Gegenstände und wunderschönen Gemälde und entdecke ein gemeinsames Motiv.
    Ein Bild mit der Pont des Arts. Im Bücherregal ein winziges rotes Holzboot neben dem Eiffelturm. Ein antikes Opernglas. Eine Ansichtskarte aus Villefranche-sur-Mer. Ein Zündholzheftchen aus dem Restaurant, in dem wir in New York essen waren.
    Ich nähere mich einem kleinen, kubistischen Gemälde, das neben dem Fenster hängt und ungefähr so groß ist wie ein gebundenes Buch. Ich lehne mich vor und studiere das Bild. Es ist ein Glas darauf, das auf einem Cafétisch steht. Und dann sehe ich die Signatur und atme schockiert so tief ein, dass ich husten muss: Vincent hat einen Picasso in mein Zimmer gehängt.
    Ich kehre zu der frei stehenden Badewanne zurück. Da erst fällt mir die riesige Vase auf, die daneben auf dem Boden steht, und in der sich Zweige mit weißen Blüten befinden. Und dann verarbeitet mein Hirn endlich, welcher wunderbare Geruch mich schon die ganze Zeit durchs Zimmer begleitet hat: In der Vase steht frischer Flieder.

I ch verstehe, was du sagen willst, aber ich sehe das anders«, sagt Charlotte.
    Nun ergreift Vincent das Wort. »Unsere Beobachter berichten, dass in den vergangenen vierundzwanzig Stunden Dutzende Numa in Paris angekommen sind. Aber wir haben keine Ahnung, wo sie sich sammeln oder verstecken. Bei unseren Überraschungsangriffen auf Jean-Baptistes Apartmenthäuser vor zwei Tagen konnten wir acht Numa ausschalten. Doch dieser kleine Erfolg hat auch dazu geführt, dass sie all die anderen von ihm bereitgestellten Wohnungen und Häuser geräumt haben. Seither sind sie mal wieder wie vom Erdboden verschluckt. Also, wenn jemand einen fundierten Hinweis hat«, er wirft einen Blick zu Charlotte, die eine ergebene Geste macht, »nur zu.«
    Ich kann mich nicht konzentrieren. Stunde um Stunde komme ich mehr zu Kräften und das Letzte, was mein Körper gerade möchte, ist, bei einer langen Besprechung still zu sitzen. Ehrlich gesagt sehne ich mich nach einer ausgedehnten Joggingrunde durch die Nachbarschaft. Was für mich persönlich äußerst ungewöhnlich ist.
    Mein Blick sucht sich eigenständig den Weg aus dem Fenster der Bibliothek, während die anderen sich über einen Stadtplan von Paris beugen, der auf dem Tisch ausgebreitet liegt. Ich kann ihnen eh nicht dabei helfen, eine Strategie zu entwickeln. Ich weiß nichts über die Pariser Numa oder wo sie bisher gesichtet wurden. Nachdem ich mir eine halbe Stunde lang wirklich Mühe gegeben habe, dem Geschehen zu folgen, schaltet sich mein Verstand von selbst aus und ich lasse die Gedanken schweifen.
    Ich bemerke Ambrose, der an der gleichen Tischseite sitzt wie ich und ähnlich abgelenkt wirkt. Doch er schaut nicht aus dem Fenster. Direkt gegenüber von uns befindet sich Geneviève und sieht genauso verführerisch aus wie an dem Tag, an dem ich sie mit Vincent das erste Mal im La Palette gesehen habe: lange platinblonde Haare und so helle Augen, dass sie fast grau wirken.
    Ich sehe wieder zu Ambrose und folge seinem Blick: Im Zentrum seiner Aufmerksamkeit steht gar nicht Geneviève, sondern Charlotte mit ihren langen blonden Haaren und rosigen Wangen. Sie beißt sich auf die Lippe, während sie auf der Karte eine Linie von einem Punkt zum anderen zieht. Als sie zu ihm aufsieht, zuckt er zusammen,

Weitere Kostenlose Bücher