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Von Flammen verzehrt

Von Flammen verzehrt

Titel: Von Flammen verzehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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schüttelte über ihre eigenen Gedanken den Kopf. Nie solchen Luxus erlebt oder auch nur im Ansatz so gut gegessen. Es schien ihr nicht verlockend, zurück in die Gosse zu gehen, aus der sie und Fay kamen.
    Sie hob die Hand mit dem Schnitt vor ihr Gesicht und leckte über die blutige Kruste, so, wie er es getan hatte. Der harte Schorf fühlte sich unter ihrer Zunge rau an und kitzelte ihre Unterlippe.
    Mit einem Blick in die Augen ihres Spiegelbilds fragte sie sich, wieviel dem Teufel ihre Seele wohl wert sein mochte. Und wieviel war sie ihr selbst wert?
    Du solltest öfter Gold tragen , hatte er gesagt. Chloé ließ die Kette, die sie immer noch trug, durch ihre Finger gleiten. Das Schmuckstück fühlte sich gut an. So besonders.
    Er hatte recht. Sie sollte öfter Gold tragen, nur sah ihr Leben nicht so aus, als würde sie dazu allzu oft die Gelegenheit haben. Sie dachte an Fay und wie sehr sich diese selbst verabscheute, weil sie Nacht für Nacht für eine Handvoll lumpiger Scheine nackt vor irgendwelchen Perversen tanzte, die womöglich einen noch größeren Schatten hatten als der Wanderer.
    Sie fiel Fay zur Last, konnte ohne die teuren Medikamente nicht arbeiten. Nicht einmal in der Bar, denn, selbst wenn jemand für den Anblick ihres mageren Gerippes bezahlt hätte, hätte Fay das niemals zugelassen. Aber sollte sie ihrer Schwester ihr ganzes Leben lang auf der Tasche liegen? Vielleicht würde ja auch Fay diesen unglaublichen Luxus genießen?
    Waren ihre Gedanken, dem Wanderer zu geben, was er wollte, die einzig logische Schlussfolgerung für Mädchen, die aus so zerrütteten Verhältnissen kamen?
    Langsam kratzte Chloé mit dem Fingernagel über den verheilenden Schorf, bis frisches Blut aus dem Schnitt quoll.
    Sie saugte die Luft zwischen ihren Zähnen hindurch und pustete beruhigend auf die brennende Wunde.
    Sie sehnte sich nach einem Leben, das nicht von der Willkür betrunkener Gaffer abhing. Nach Macht. Was für kranke Spiele auch immer der Wanderer spielte, die Macht, die er ihr so deutlich demonstrierte, war ohne Zweifel sexy.
    „Chloé, Chloé, du kleine Teufelin“, flüsterte es in diesem Moment hinter ihr, und sie fuhr erschrocken herum. Er stand in der Tür zu ihrer Suite und starrte sie an.
    Ohne sie aus den Augen zu lassen, kam er näher und hob ihre Hand an seine Lippen.
    „Du hast nach mir gerufen?“, fragte er und leckte ihr Blut.
    „Niemals! Warum sollte ich das tun?“, stritt Chloé die unsinnige Behauptung ab und war verwirrt, wie zart die Berührung seiner Zunge war, obwohl sein Griff um ihr Handgelenk beinahe schmerzte.
    Er lachte kalt, ohne dass es seine Augen erreichte.
    „Lügnerin!“, raunte er und drehte ihr grob den Arm auf den Rücken.
    Erschrocken schrie Chloé auf. Der Schmerz schoss ihr in die Schulter und zwang sie in die Knie.
    Er drängte sich gegen sie und zog ihren Kopf an den Haaren nach hinten, sodass sie ihn ansehen musste.
    „Ich hab dich nicht gerufen!“, schrie sie panisch. Ein Ruck und er würde ihr den Arm brechen oder die Schulter auskugeln.
    Er ließ ihre Hand los und packte stattdessen ihr Kinn. Er kam um sie herum, bis er dicht vor ihr stand.
    „Warum blutest du, wenn nicht, um mich zu rufen? Du willst, dass ich komme und dein Blut koste! Du willst meinen Schwanz spüren und fragst dich, wann ich dich endlich damit pfähle! Denke nicht, dass ich das nicht erkenne, Chloé – und der Tag wird kommen, an dem du dir das auch eingestehst. Bis dahin denke besser nicht, dass du mein Spiel beherrschst!“
    Chloé unterdrückte die Tränen, die aus einfachem Schmerz geboren waren, und entwand ihr Kinn seinem Griff.
    Sie sah ihn an und lächelte grimmig.
    „Wenn ich das Spiel nicht beherrsche … warum bist du dann hier? Warum kommst du dann … wenn ich dich rufe?“
    Sie schloss die Augen vor dem Schlag, den sie erwartete.
    „Der Tag wird kommen, Arschloch , an dem du die Antwort darauf erkennst!“
    Jeder Atemzug rasselte in ihrer Brust, und sie fühlte, wie unzureichend ihr Körper mit Sauerstoff versorgt wurde. Ihre Lippen kribbelten, ihre Hände waren kalt und feucht. Sie hielt die Luft an, denn sie fürchtete seine Wut. Wo blieb der Schlag? Wann würde der Schmerz sie niederstrecken? Sie wagte nicht, ihn anzusehen.
    Als weitere Sekunden vergingen, hob sie vorsichtig ein Lid. Sein Blick ruhte auf ihr, und das Verlangen darin ließ sie erstarren. Er lächelte eisig.
    Ohne Worte zog er sie auf die Füße, und Chloé war nicht in der Lage, sich zu wehren.

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