Von Natur aus kreativ
Leib-Seele-Problem ist nicht lösbar.
Charles Darwin: Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl, Stuttgart: Reclam 1963 (zuerst 1859: The Origin of Species by Means of Natural Selection).
Am Ende schreibt Darwin, einer der kreativsten Wissenschaftler aller Zeiten: „In einer fernen Zukunft sehe ich ein weites Feld für noch bedeutsamere Forschungen. Die Psychologie wird sicher auf der von Herbert Spencer geschaffenen Grundlage weiterbauen: daß jedes geistige Vermögen und jede Fähigkeit nur allmählich und stufenweise erlangt werden kann. Licht wird auch fallen auf den Menschen und seine Geschichte.“ Und etwas später heißt es: „Nach der Vergangenheit zu urteilen, können wir annehmen, daß keine einzige lebende Art ihr unverändertes Abbild auf eine ferne Zukunft übertragen wird.“ Darwin steht als Begründer der evolutionären Biologie für mindestens vier Einsichten: das Konzept der Evolution selber, dass es also keine Konstanz der Arten gibt; die Idee, dass alle Organismen einen gemeinsamen Ursprung haben und sich in der Evolution in verschiedene Richtungen entfalten; die Überzeugung einer graduellen Evolution ohne Sprünge oder Diskontinuitäten; und schließlich die Theorie, dass der Mechanismus der Evolution die Selektion sei.
René Descartes: Von der Methode des richtigen Vernunftgebrauchs und der wissenschaftlichen Forschung, Hamburg: Meiner 1990 (zuerst 1637: Discours de la méthode).
Für jeden Forscher ist dies eine notwendige Lektüre. Wir werden mit vier Regeln des Denkens vertraut gemacht, die wir bei der Lösung eines Problems immer im Blick haben sollten. Die Formulierung dieser Regeln durch einen damals jungen Mann, der nach Sicherheit in der Welt suchte, war selbst ein höchst kreativer Akt, und heute gilt es, kreative Leistungen auf der Grundlage der kartesischen Regeln zu überprüfen. In dem Werk von Descartes wird erstmals auf seinen später berühmtesten Satz hingewiesen: „Ich denke, also bin ich.“ Ein besonderes Merkmal dieses Diskurses „Discours“ ist auch, dass er sehr viel später aufgeschrieben wurde, als sein gedanklicher Inhalt entstand. Descartes war Söldner im bayerischen Heer zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, und währenddessen, im Winter von 1618 auf 1619, formte sich in ihm seine neue Gedankenwelt in einer besonders kreativen Weise.
Richard Feynman: The Character of Physical Law, Cambridge: MIT Press 1965.
Was bedeutet eigentlich „Gesetz“ in den verschiedenen Wissenschaften? Es scheint, dass der Gegenstand der Betrachtung auch einen Rahmen dafür vorgibt, was in dieser wissenschaftlichen Disziplin als ein Gesetz angesehenwerden kann, sodass verschiedene Wissenschaften einen jeweils anderen Begriff davon haben können. Normative, mathematische und juristische Gesetze beispielsweise haben ganz unterschiedliche Grundlagen. Es scheint damit unmöglich zu sein, ein allgemeines „Gesetz der Kreativität“ zu formulieren; Gesetze sind den wirklich „harten“ Naturwissenschaften vorbehalten (und in einem anderen Sinn natürlich der Rechtslehre und der Politik). Dies mag auch ein Trost sein, das nämlich, was Kreativität ausmacht, nicht vollständig durchleuchten zu können. Künstler äußern sogar manchmal die Befürchtung, zu viel über das kreative Schaffen zu erfahren und so ihre Spontaneität zu verlieren.
Sigmund Freud: Zur Psychopathologie des Alltagslebens. Über Vergessen, Versprechen, Vergreifen, Aberglaube und Irrtum. Gesammelte Werke, Band 4, 3. Aufl., Frankfurt (Main): S. Fischer 1961 (zuerst 1904).
Für viele ist dieses im Übrigen auch sehr witzige Buch ein guter Einstieg in die Theorie der Psychoanalyse. Hier wird auch erläutert, was es mit dem sogenannten Freud’schen Versprecher auf sich hat. Im Grunde ist dieser „Versprecher“ eine kreative Leistung des Gehirns, bei der sich etwas aus der verborgenen Gedankenwelt vordrängelt und ungeschützt zeigt. Sich nie zu versprechen ist deshalb eher ein Zeichen zu starker Kontrolle, dafür, jenes nicht aus sich herauszulassen, das öffentlich werden möchte.
Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Gesammelte Werke, Band 15, 3. Aufl., Frankfurt (Main): S. Fischer 1961 (zuerst 1932).
Die 31. Vorlesung, „Die Zerlegung der psychischen Persönlichkeit“, sollte jeder Arzt oder Psychologe lesen. Sie enthält jenes Modell, in dem zwischen Ich, Es und Über-Ich unterschieden wird. Und sie endet mit dem berühmten Satz: „Wo Es war,
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