Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
hinweg, »aber ich habe eine liebe alte Tante, die krank ist und deshalb einen Besuch von uns erbeten hat. Rebecca war bereit zu fahren.«
Wie nett, dachte Peter amüsiert. »Ist das nicht ein wenig verwunderlich angesichts der Tatsache, dass wir uns mitten in der Saison befinden?«
»Ja, aber Tante Rianette ist schon recht gebrechlich. Da weiß man nie, wie viel Zeit noch bleibt.«
»Dann hoffen wir mal das Beste für Ihre werte Tante. Wo lebt sie denn?«
Elizabeth versetzte ihm unter dem Tisch einen Tritt, den er ignorierte.
»Im Lake District. Rebecca hat den Zug genommen. Sie liebt es zu reisen, zumal sie in ihrer Kindheit nicht viel zu sehen bekam außer dem Landsitz.«
Er fragte sich, ob Julian wohl im selben Zug saß. Die Vorstellung, wie die beiden sich in einem intellektuellen Schlagabtausch über das Gemälde ergingen, erheiterte ihn. »Und Susanna, reist sie mit ihr?«, fragte er, obwohl er genau wusste, dass dies nicht der Fall war.
Elizabeth aß weiter ihr gebratenes Lamm, während ihr Blick zwischen ihm und ihrer Tante hin und her wanderte.
Lady Roses Gesicht leuchtete auf. »Nein, sie hat eine Einladung zu einem Fest auf dem Land nahe Hertfordshire angenommen. Und, Mr Derby, Sie kennen sie gut genug, um zu verstehen, warum ich so glücklich bin, dass sie sich entschieden hat, an so etwas teilzunehmen, ohne dass ich sie dazu zwingen musste.«
Er lachte. »Ja, Mylady, das verstehe ich sehr gut. Woher kam denn dieser Sinneswandel?«Wieder wurde ihm unter dem Tisch ein Tritt verpasst.
»Sie sagte, sie verspüre das Bedürfnis nach frischer Landluft, hat aber zugleich ihre Malutensilien eingepackt.« Lady Rose seufzte und schenkte ihm ein betrübtes Lächeln. »Ich mache mir keine Illusionen, dass es um einen jungen Mann geht, aber als Mutter gibt man die Hoffnung nie auf.«
Diesmal war durchaus ein Mann im Spiel, doch das wusste nur er. Außerdem bezweifelte er, ob Lady Rose mit jemandem von Leo Wades Ruf einverstanden wäre.
Als die Damen sich am Ende der Mahlzeit erhoben, stand auch Peter auf. Die junge Duchess bat ihn, sich doch mangels anderer Herren den Damen gleich anzuschließen. Er bedankte sich, wandte sich dann jedoch an Elizabeths Mutter: »Madam, wenn Sie einen Moment Zeit hätten, würden Elizabeth und ich uns gerne mit Ihnen alleine unterhalten.«
Jeder im Raum schien zu erstarren, und man hörte nicht das kleinste Geräusch, nicht einmal das leise Rascheln von Seide. Die Augen aller richteten sich auf Elizabeth, die errötete und Peter nervös ansah.
Und obwohl die Herzoginwitwe lächelte, bemerkte er ein leichtes Zögern bei ihr. War sie nur überrascht, oder argwöhnte sie tatsächlich etwas?
Kapitel 8
Elizabeth hätte nicht gedacht, dass sie sich so befangen fühlen würde. Auch wenn ihre Verwandten bislang mit Sicherheit nie auf die Idee gekommen wären, eine Beziehung zwischen ihr und Peter zu vermuten, wussten sie spätestens jetzt, um was es ging. Denn ein anderer Grund ließ sich für seine Bitte um ein Gespräch mit ihrer Mutter nicht denken.
Die heiße Röte, die ihr in die Wangen stieg, war allerdings nicht unbedingt mädchenhafter Verlegenheit geschuldet. Nein, Elizabeth empfand ein furchtbar schlechtes Gewissen, weil sie sich gezwungen sah, ihre Familie hinters Licht zu führen. Da halfen alle Entschuldigungen nichts, die sie meinte anführen zu können.
Peter schien da weniger Probleme zu haben, dachte sie leicht erbittert. Der schaute sie immer mit einer so überzeugenden Hingabe an, als sei es das Natürlichste der Welt. Der Mann erwies sich zunehmend als Meister der Täuschung.
Sie gab sich einen Ruck. Jetzt war es zu spät, noch die Meinung zu ändern. Außerdem was wäre dann? Mit Entsetzen dachte sie an Thomas Wythorne und seinen gemeinen Erpressungsversuch.
Sie begegnete dem Blick ihrer Mutter, in dem sie nichts außer freundlichem Interesse erkennen konnte. »Dann lasst uns ins Damenzimmer gehen«, sagte sie. »Da sollten wir eigentlich unter uns sein.« Sie lächelte den anderen Damen zu. »Obwohl sicher ein hohes Maß an Neugier vorhanden sein dürfte, werden wir bestimmt nicht gestört werden.«
Abigail rieb sich die Hände. »Hoffentlich erfahre ich die Story schnell, sonst muss ich noch selbst Recherchen anstellen.«
»Es gibt nichts, worüber es sich zu schreiben lohnt«, sagte Elizabeth und merkte dann, dass ihre Reaktion nicht sonderlich glaubhaft klang. »Es würde deine Zeitungsleser nur langweilen.«
Abigail lachte. »Du hast keine
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