Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Umland, und in die Tiefe, wo auf dem Platz die winzigen Knöpfe der dort gehenden Menschen zu sehen waren. Es dauerte eine Weile, bis unser Gastgeber und Fremdenführer soweit zu Atem gekommen war, daß er uns zeigen konnte, worauf es ihm ankam. In der Zwischenzeit überprüften wir seine Behauptung, der Domvorplatz bilde das Zentrum eines sogenannten Kirchenkreuzes. Tatsächlich war es so, wenn wir uns nach rechts, nach links und nach vorne und hinten wandten, immer eine Kirche aufragte, mal näher und mal ferner, und das wir uns im Zentrum der Linien befanden, die Ost und West und Nord und Süd verbanden. Dabei war es aber so, daß der Längsbalken der Kirche nicht geradewegs nach Osten, sondern nach Südosten zielte und somit die Enden des Kirchenkreuzes keineswegs die Himmelsrichtungen anzeigten, wie Holmes bemerkte.
Mittlerweile hatte Professor Beckstein wieder Luft geschöpft und stammelte heiser: „Richtig, genau beobachtet. Das Kreuz zeigt nicht nach Osten und nicht nach Süden. Es zeigt nach Jerusalem!“
Holmes wirkte beeindruckt, und es schien ihm eine Idee gekommen zu sein, denn er pfiff durch die Zähne und zeigte auf das Umland der Stadt, das ihren Kern wie ein Grüngürtel umgab. „Es gibt hier also einen mittelalterlichen Bauplan, welcher der Stadt zugrunde liegt“, sagte er, „und die Gärtnereien, von denen Sie sprachen, Herr Professor, diese gehören dazu. Im Zentrum finden wir den kirchlichen Bezirk, und Außen herum die Gärten, und das alles hat, wenn man es vom Himmel aus betrachtet, die Form einer Rose, deren weiches, gelbes Zentrum die Kirche, und deren Blütenblätter die Gärten abgeben.“
Nun legte sich die Ungeduld unseres Gastgebers, und er lächelte fast ein bisschen vor Erleichterung, als er sagte: „Sie haben es verstanden. So ist es. Und nun wissen Sie auch, was es bedeutet, als ich Ihnen sagte, daß die Rosenkreuzer die größte Bedeutung für den Fall haben. Bedenken Sie, daß die Tote eine Rose in Händen trug. Die Aufklärung des Falls führt nicht über die Kaiserin, nein, sie führt über die Rose.“
„ Das muß kein Widerspruch sein“, meinte Holmes.
Professor Beckstein schüttelte den Kopf. „Es folgt hier in Bamberg alles einem geschichtlichen Plan, einem großen Design, das es zu verstehen gilt, und wenn man die Lösung gefunden hat, wird man auch wissen, warum im vorigen Herbst eine Tote mit einer Rose gefunden wurde. Hinweise, daß diese Blume um das Jahr 1000, als Kaiser Heinrich die Stadt erbauen ließ, größte Bedeutung hatte, gibt es in der Stadt genug. Nehmen Sie nur die Wilde Rose, eine Gaststätte mit Brauerei, und einem großen Gastgarten, der das Freizeitverhalten der Menschen in dieser Stadt prägt. „Auf dem Keller“ zu sitzen, und dabei ein Rosenbier zu trinken, das finden Sie hier im Sommer sehr häufig, es ist eine Tradition, deren Ursprung die Menschen vergessen haben, aber ...“
„ Entschuldigen Sie, lieber Herr Professor“, unterbrach Holmes, „es erscheint mir nun etwas merkwürdig, daß Sie sagen „auf dem Keller“ statt im Keller. Die Menschen sitzen doch im Bierkeller, nicht wahr?“
„ Nein, sie sitzen auf dem Keller. Schauen Sie da drüben.“ Professor Beckstein zeigte nach rechts auf einen Stadthügel. „Das ist der Stephansberg. Er wird gekrönt von der Stephanskirche, und daneben sehen Sie eine Art Umfriedung eines Parks, das ist der Gastgarten der Wilden Rose. Unter ihr befindet sich der Keller, Höhlungen im Stein, die zur Aufbewahrung der Bierfässer dienen. Die Menschen sitzen darüber im Park, und die meisten ahnen nicht, wie groß die unterirdischen Bauten sind, auf denen sie sich befinden.“
Holmes zog die Lippen kraus und schwieg eine Weile. „Putzig“, sagte er dann.
Was kurz darauf folgte, verwischt hier ein
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