Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Gerade in dem Augenblick, in dem seine Lordschaft das Wort „Mumie“ ausgesprochen hatte, hörte ich in meinem Gepäck ein Klappern, und ich wusste sogleich, was es war: Eine Amphore, die mir Professor Heerwald vor der Abreise, quasi als Belohung für meine Auffindung des Sarkophags, wie er es nannte, überreicht hatte. Es war ein wertvolles Stück, gebrannter Ton mit schwarzem Lack, auf dem ein Vogel dargestellt war. Ich hatte mir darüber weiter keine Gedanken gemacht, nun aber, da Cumberton-Shoyle davon sprach und die Amphore von einer Richtungsänderung des Zugs zum Tönen gebracht wurde, fiel mir auf, daß seine Lordschaft etwas von schwarzen Vögeln erwähnt hatte, die sein Schloss in Schottland säumten.
„ Sie werden nicht glauben, wenn ich Ihnen davon erzähle, wie wir den Fall in London lösten“, sagte da Holmes.
Ich fuhr von seinen Worten vor Schreck zusammen.
„ Das Ungeheuer, das dieses Gebäude in der Essex Road heimsuchte, und dieses Gebäude nie verließ, konnte nur eine Frau sein, nicht wahr?“
„ Eine Frau?“ echoten wir alle.
„ Die Mumie. Ein Hausdrachen, gewissermaßen“, meinte Holmes. Scherzte er?
„ Und diesen Hausdrachen haben wir in dem Sarkophag, von dem hier die Rede ist“ – Holmes zeigte auf die Times of London, die wir gerade am Bahnsteig erstanden hatten – „einfach eingeschlossen. Das war die Lösung. Nun ist der Drache im Sarg, die Mumie unter dem Deckel, und Pandora wieder in der Büchse. Fall erledigt.“
Lady Elin zuckte zusammen und in ihren Augen begann die Iris beiderseits vor Anspannung zu pendeln. Zick-zack gingen ihre Pupillen hin und her, als sie unter höchster Anspannung fragte: „In dem Sarkophag befand sich eine Frau? Sie haben die Frau erstickt?“
Holmes nickte. „Sie war ein Ungeheuer.“ In dem Abteil entstand ein kurzes Schweigen, daß er dazu nutzte, unter einem „Darf ich?“ sein Zigarettenetui hervorzukramen.
„ Bloody good“, murmelte Cumberton-Shoyle, um sich dann an seine Frau zu wenden: „Was willst du, es war eine verdammte Mumie.“
„ Eine Mumie, die atmete“, zischte diese unter höchster Anspannung. Ihr Ehemann wollte sie begütigend um die Schultern nehmen, doch Elin schoss in die Höhe, warf Holmes einen vernichtenden Blick zu und verließ das Abteil. Auch Cumberton-Shoyle stand auf, entschuldigte sich und beeilte sich, seiner Gattin auf den Gang zu folgen.
Ich betrachtete Holmes, der sich bemühte, von dem Auftritt unbeeindruckt zu wirken. Vielleicht war er es. Ich fragte mich, was er mit dem Gespräch bezweckte. Ich war außer mir, da er sich für die Tat nicht einmal schämte, sondern sie offenbar absichtlich hinausposaunte.
„ Es geht doch um etwas, nicht wahr, Watson?“ fragte er mich nun. „Es geht um ein Ungeheuer, das seinen Opfern den Kopf abbiss.“
„ Ja, das stimmt, Holmes.“
„ Es geht um die Wahl der Waffen, Watson.“
Ich nickte. Und verstand gar nichts. Er kramte in einer Tasche und warf mir ein Bündel von Papieren hin, das mit einer Schleife verschnürt war.
„ Anstatt in Märchengeschichten zu schmökern, sollten Sie sich mit den Fakten des vorliegenden Falls vertraut machen, lieber Watson“, sagte er.
Der Zug keuchte seit heute morgen in zunehmend menschenleeres Gebiet. Die Landschaft war regengrau, und wenn man das Fenster auf dem Gang öffnete, drang einem Feuchtigkeit und Kühle bis in die Knochen. So eisig war es in London nicht gewesen. Je weiter wir nach Norden kamen, desto winterlicher wurde es. Ich las bei Gaslicht, und als wir dann am Ende der Eisenbahnstrecke in zwei getrennten Kutschen unseren Weg fortsetzten, kam die Gelegenheit, das Gelesene auch untereinander zu besprechen. Der Fall war wenig ergiebig, wie Holmes und ich uns rasch einige wurden. Die Polizei des eine
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