Voodoo Holmes Romane (German Edition)
uns, bis ich sagte: „Ich hätte nicht erwartet, daß Sie Begriffe wie den einer Karriere ansetzen würden. Zu meiner Zeit ...“
„ Sie wollen sich doch nicht zum alten Eisen zählen, Watson“, unterbrach er mich, „gerade jetzt, wo Sie so schön mitarbeiten.“
Wir beschlossen, den Heimweg zum „Bristol“ anzutreten, wobei Holmes kryptisch bemerkte, man wolle ja „nichts versäumen“.
Es dauerte eine Weile, bis ich es wagte, ihm die folgende Frage zu stellen: „Wie sehen denn nun unsere weiteren Pläne aus?“
„ Ich glaube, daß der Eiffelturm der Sitz des Elektrovampirs ist“, sagte Holmes. „Diese eiserne Nadel hoch über der Stadt, diese Telegraphenstation, ist der ideale Stromleiter. Bei Blitzen leitet er in die Erde – und den Göttern dient er als Anzapfstation für den Himmel. Die Schlacht wird um den Eiffelturm geführt werden, und wenn wir die Schlacht gewinnen, werden Sie wieder gesund, Watson.“
Wir waren im Bristol angekommen und gingen ins Zimmer, wo Holmes die Puppe, die er nach meinem Vorbild gestaltet hatte, wieder hervorholte, mit einem Seidentuch blank polierte und deren „Frisur“ wieder in Ordnung brachte, bevor er sie auf den Tisch stellte.
Ein Schauder überfiel mich, als ich auf die Tischplatte starrte.
„ Das hieße also“, begann ich, um der Anspannung Herr zu werden, wenn ich Sie recht verstehe, daß das Monster von Tyne, der Eismensch, hier wäre?“
„ Ich bin überzeugt davon“, sagte Holmes, der es sich an der Balkontür bequem machte. „Er überdauert jeden Aggregatzustand. Es ist denkbar, daß er als Feuchtigkeitsschicht den Tower überkleidet und sich am Kriechstrom labt.“
„ Aber der Schlüssel dazu, ihn zu fangen, das wäre dann doch das Götterelektron, nicht wahr?“
„ Gesprochen wie ein wahrer Lockvogel, Watson. Es ist ein ehrwürdiger Kampf, den wir hier ausfechten, und so alt wie die Menschheit. Sie kennen doch die Geschichte von Prometheus, der dafür, daß er es mit einem Gott aufnahm, auf einen Fels gekettet wurde, wo dann ein Raubvogel seine Seele fraß ...“
In dem Moment entrang sich mir ein Aufschrei. Dazu muß ich erklären, daß ich in diesem Augenblick hinaus auf den Balkon sah, während Holmes ihm den Hinterkopf zuwandte. So mußte es ihm verborgen bleiben, daß ein großer, schwarzer Vogel auf dem Geländer des Balkons hockte, unnatürlich ruhig, und sein kaltes Auge auf mich geheftet hatte. Mein Schrei ließ dieses Fabelwesen geradewegs in die Höhe flattern, wie eine Marionette, die von Geisterhand gehoben wird. Holmes konnte ihn nicht mehr sehen, und fuhr von meinem Ruf: „Ein schwarzer Vogel, einer jener Seevögel von Tyne!“ in die Höhe und sprang hinaus auf den Balkon. Anstatt in die Höhe zu schauen, um den orangen Nachthimmel abzusuchen, der durch die Lichter der Ausstellung merkwürdig flach über uns hing, lehnte er sich ans Geländer und starrte in die Tiefe. Erst als ich neben ihn trat, begriff ich, warum er dort stehen geblieben war. Unter uns, in der Mitte des Platzes, auf einer Bank, saß im Halbdunkel ein Schemen im weißen Kleid. Ich war an das Bild des Stadtmodells im Speisesaal erinnert, wo am Vorplatz des Pappmodells „Bristol“ die Puppe Elins saß. Ohne meinen Augen ganz trauen zu können, war ich mir instinktiv sicher, daß es sich hier also um keine zufällige Erscheinung handelte, sondern daß es die Witwe Cumberton-Shoyle war, die mir dort höchstpersönlich die Aufwartung machte, und daß der Vogel, der auf dem Geländer gehockt hatte, ihr Seelenvogel war: Neugierig, bittend, drängend darum, daß ich sie mich ihr näherte und in ihre Arme kam. Ich blickte in die braunen Augen meines Freundes, der völlig ruhig auf mich herabsah. „Die Sache geht ihren Gang, Watson“, meinte er, „vergessen Sie
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