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Vorhang

Vorhang

Titel: Vorhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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könnte ich das? Ich tappe völlig im Dunkeln.«
    »Für diesen Fall habe ich vorgesorgt. Wenn mir etwas zustößt, mein Freund, dann finden Sie hier drin«, er klopfte auf die verschlossene Kassette neben sich, »die nötigen Hinweise. Wie Sie sehen, habe ich alle Möglichkeiten berücksichtigt.«
    »Sie haben wirklich keinen Grund, mit Ihrem Wissen hinterm Berg zu halten! Erzählen Sie mir einfach, was los ist!«
    »Nein, mein Freund. Die Tatsache, dass Sie keine Ahnung haben, ist eine wertvolle Hilfe.«
    »Sie haben für mich einen genauen Bericht verfasst?«
    »Natürlich nicht! Er könnte X in die Hände fallen.«
    »Was haben Sie dann gemacht?«
    »Bestimmte Andeutungen niedergelegt, die X nichts sagen werden, da können Sie beruhigt sein. Doch Sie werden mit ihrer Hilfe die Wahrheit herausfinden.«
    »Ich weiß nicht recht. Warum müssen Sie immer so kompliziert denken, Poirot? Sie machen alles so schwierig. Das war schon immer so!«
    »Und jetzt ist es zu einer Marotte von mir geworden? Wollten Sie das sagen? Vielleicht haben Sie recht. Aber seien Sie beruhigt, Sie werden mithilfe meiner Hinweise die Wahrheit entdecken!« Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: »Vielleicht werden Sie sich sogar wünschen, nicht so viel erfahren zu haben. Vielleicht werden Sie sogar rufen: ›Lasst den Vorhang fallen!‹«
    Ein unbestimmter Ton schwang in seiner Stimme mit und löste wieder diese seltsame Angst in mir aus, dass es irgendwo, gerade außerhalb meines Blickfeldes, Dinge gäbe, die ich nicht sehen wollte – weil es meine Kräfte überstieg. Dinge, die ich tief in meinem Inneren schon kannte…
    Ich schüttelte dieses Gefühl ab und ging zum Abendessen hinunter.

17
     
    D as Abendessen verlief recht erfreulich.
    Mrs Luttrell nahm daran teil und strahlte gekünstelte irische Fröhlichkeit aus. Franklin war lebhafter und heiterer, als ich ihn je erlebt hatte. Schwester Craven sah ich zum ersten Mal in Zivilkleidung statt in ihrer Schwesterntracht. Jetzt, da sie ihre berufliche Zurückhaltung abgelegt hatte, merkte man erst, was für eine attraktive junge Frau sie war.
    Nach dem Essen schlug Mrs Luttrell eine Partie Bridge vor, doch schließlich einigte man sich auf Gesellschaftsspiele. Gegen halb zehn erklärte Norton, er wolle Poirot besuchen.
    »Das ist eine gute Idee«, rief Boyd Carrington. »Es tut mir leid, dass ihm das Wetter in letzter Zeit so zu schaffen gemacht hat. Ich komme mit!«
    Ich musste schnell handeln.
    »Hören Sie«, sagte ich, »Sie müssen verstehen – es strengt ihn zu sehr an, mit mehr als einem Besucher auf einmal zu reden.«
    Norton hakte rasch ein: »Ich habe versprochen, ihm ein Buch über Vögel zu leihen.«
    »Na gut«, sagte Boyd Carrington. »Kommen Sie wieder runter, Hastings?«
    »Ja!«
    Ich begleitete Norton hinauf. Poirot wartete schon. Nachdem wir einige Worte gewechselt hatten, ging ich wieder hinunter. Wir begannen Rommé zu spielen.
    Ich glaube, Boyd Carrington missfiel die aufgelockerte Stimmung, die an jenem Abend auf Styles herrschte. Vielleicht fand er, dass das schreckliche Ereignis noch nicht lange genug zurücklag, um schon vergessen zu werden. Er war geistesabwesend und zerstreut und zog sich schließlich mit einer Entschuldigung vom Spiel zurück.
    Er trat ans Fenster und öffnete es. In der Ferne erklang leises Donnergrollen. Ein Unwetter lag in der Luft. Er schloss das Fenster wieder und kehrte zu uns zurück, um eine Weile dem Spiel zuzusehen. Dann verließ er das Zimmer.
    Gegen Viertel vor elf ging ich hinauf und begab mich zu Bett, ohne Poirot noch einmal aufzusuchen. Vielleicht schlief er schon. Außerdem hatte ich genug davon, über Styles und seine Probleme nachzudenken. Ich wollte nichts als schlafen – schlafen und vergessen.
    Ich war eben eingenickt, als ich von einem Geräusch geweckt wurde. Es kam mir vor, als habe jemand an die Tür geklopft. Ich rief »Herein«, und als sich nichts rührte, knipste ich das Licht an, stand auf und schaute hinaus in den Korridor.
    Norton trat gerade aus dem Bad und ging in sein Zimmer. Er trug einen karierten Morgenmantel von besonders scheußlicher Farbzusammenstellung, und seine Haare standen ihm wie gewöhnlich in die Höhe. Er schloss die Tür hinter sich, und gleich darauf hörte ich, wie sich der Schlüssel drehte.
    Draußen wurde das gedämpfte Donnern lauter. Das Gewitter kam näher.
    Ich kletterte wieder ins Bett. Ein leises Unbehagen hatte mich beschlichen, das durch das Geräusch des sich drehenden

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