Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
jedem Scharmützel in den letzten
fünfundzwanzig Jahren scheint irgendwo sein Name
aufzutauchen. Onkel Rulf pflegte große Stücke auf ihn zu halten. Andrerseits sagte Niels, der in Escobar dabei war, dass er der kaltblütigste Bastard sei, dem er je begegnete.«
»Ich habe gehört, dass man ihn für einen heimlichen
Progressiven hält.«
»Da ist nichts Heimliches dabei. Einige der älteren Vor—Offiziere fürchten ihn wie die Pest Er hat versucht, Vater zu bewegen, mit ihm und Vortala die neue Steuerverfügung zu unterstützen.«
»So, so.«
»Da geht es um die direkte kaiserliche Steuer auf
Erbschaften.«
»Auweh! Nun ja, ihn würde das ja nicht treffen, nicht wahr?
Die Vorkosigans sind doch schrecklich arm. Lasst Komarr zahlen. Deshalb haben wir es doch erobert, oder nicht?«
»Nicht gerade deshalb, du kleiner Ignorant. Ist einer von euch Stadtclowns schon seiner betanischen Puppe begegnet?«
»Männer von feiner Lebensart, du Kerl«, korrigierte ihn sein Bruder. »Nicht zu verwechseln mit euch Kommissstiefeln.«
»Für eine solche Verwechslung besteht keine Gefahr. Nein, mal im Ernst. Es kursieren da die verrücktesten Gerüchte über 391
sie, Vorkosigan und Vorrutyer in Escobar, von denen sich die meisten widersprechen. Ich dachte, dass Mutter darüber etwas zu sagen wüsste.«
»Diese Frau hält sich ziemlich im Hintergrund, wenn man bedenkt, dass sie drei Meter groß sein und Kampfkreuzer zum Frühstück verspeisen soll. Bisher hat kaum jemand sie gesehen.
Vielleicht ist sie hässlich.«
»Dann passen sie ja gut zusammen. Vorkosigan ist ja auch keine Schönheit.«
Cordelia war ungemein amüsiert und verbarg ihr Grinsen hinter vorgehaltener Hand, bis der Oberstleutnant sagte: »Ich weiß nicht, wer der dreibeinige Spastiker ist, den er da im Schlepptau hat. Einer von seinem Stab, was meinst du?«
»Man sollte meinen, er könnte sich einen Besseren leisten.
Was für ein Mutant! Sicherlich hat Vorkosigan doch die freie Wahl unter allen Militärs, als Regent.«
Es war ihr, als hätte sie einen Schlag versetzt bekommen, so weh tat ihr unerwarteterweise diese gedankenlose Bemerkung.
Oberst Graf Vorpatril schien dies kaum wahrzunehmen. Er hatte die Worte zwar gehört, aber seine Aufmerksamkeit galt dem Geschehen unten im Saal, wo gerade die Eide geleistet wurden. Droushnakovi errötete überraschenderweise und wendete ihr Gesicht ab.
Cordelia beugte sich vor. Worte kochten in ihr hoch, aber sie wählte nur einige wenige davon aus und feuerte sie in ihrer kühlsten Kapitänsstimme ab.
»Oberstleutnant. Und Sie, wer auch immer Sie sind.« Sie drehten sich nach ihr um, überrascht ob dieser Unterbrechung.
»Zu Ihrer Information, der fragliche Herr ist Leutnant Koudelka. Und es gibt keine besseren Offiziere als ihn. Bei keinem Militär.«
392
Sie starrten sie an, irritiert und verblüfft, und wussten nicht, wie sie sie einordnen sollten. »Ich denke, das war eine private Unterhaltung, Madame«, sagte der Offizier steif.
»Ganz recht«, erwiderte sie ebenso steif, obwohl es in ihr immer noch brodelte. »Dafür, dass ich Ihr Gespräch belauscht habe, bitte ich um Verzeihung, obwohl das unvermeidlich war.
Aber für diese schändliche Bemerkung über Admiral
Vorkosigans Sekretär, da müssen Sie sich entschuldigen. Denn damit haben Sie die Uniform beschmutzt, die Sie beide tragen, und den soldatischen Dienst für Ihren Kaiser, den Sie beide leisten.« Sie dämpfte ihre Stimme, fast zu einem Zischen. Sie zitterte. Eine Überdosis Barrayar. Reiß dich zusammen.
Vorpatrils herumwandernde Aufmerksamkeit wurde durch
diese Worte wieder auf sie gelenkt. Er war bestürzt. »Halt, halt«, protestierte er. »Was ist denn los?«
Der Oberstleutnant drehte sich noch weiter um. »Oh, Oberst Vorpatril.- Ich habe Sie nicht gleich erkannt. Hmm …«, er gestikulierte hilflos in Richtung seiner rothaarigen Angreiferin, als wollte er sagen: Gehört diese Dame zu Ihnen? Und wenn ja, können Sie sie nicht im Zaum halten? Er fügte kühl an: »Wir sind uns noch nicht begegnet, Madame.«
»Nein, aber ich laufe ja auch nicht herum und hebe Steine
auf, um zu sehen, was darunter lebt.« Sofort wurde ihr bewusst, dass sie sich hatte verleiten lassen, zu weit zu gehen. Mit Mühe bändigte sie ihre Erregung. Es wäre nichts damit gewonnen, Vorkosigan gerade in dem Augenblick neue Feinde zu machen, wo er seine Pflichten auf sich nahm.
Vorpatril, der sich jetzt an seine Verantwortung als Begleiter erinnerte, begann:
Weitere Kostenlose Bücher