Vorkosigan 07 Cetaganda
geweitet und unruhig; er war also paralysiert, nicht bewußtlos. Und nicht tot. Gott sei Dank.
Noch nicht.
Wenn Miles mit seiner Einschätzung nicht völlig danebenlag, dann würde die Haud Vio d'Chilian nicht die geringsten Hemmungen haben, einem hilflosen Mann die Kehle durchzuschneiden. Er wünschte sich, Ghem-Oberst Benin wäre hier, um diese Szene zu be
obachten.
»Eine Bewegung gegen mich«, drohte die Haud Vio, »und dein barrayaranischer Diener stirbt.« Miles vermutete, daß die Betonung als haudische Schmähung gedacht war. Er war sich nicht ganz sicher, ob sie damit Erfolg hatte. Miles trat nervös an Rians andere Seite; dabei machte er einen Bogen um die Haud Vio, aber er wagte sich nicht näher an sie heran.
Die Haud Vio folgte ihm mit giftigen Blicken. Die Haud Pel, die sich jetzt direkt hinter ihr befand, nickte Miles zu; ihr Schwebesessel stieg lautlos in die Luft und schlüpfte durch einen Durchgang in die Sternenkrippe. Holte sie Hilfe? Eine Waffe? Pel war die praktische ... er mußte Zeit schinden.
»Ivan!« rief Miles ungehalten. »Ivan ist nicht der Mann, den Sie haben wollen.«
Die Haud Vio zog die Augenbrauen zusammen. »Was?«
Aber natürlich. Lord X benutzte immer Strohmänner und -frauen für seine Kleinarbeit. Miles war herumgaloppiert und hatte die Laufereien erledigt, und deshalb mußte Lord X zu dem Schluß gekommen sein, daß Ivan der eigentlich Verantwortliche war. »Ach!« schrie Miles.
»Was haben Sie sich denn gedacht? Daß er dieses Unternehmen leiten muß, weil er größer und ... und hübscher ist? Das ist die Art der Haud, nicht wahr? Ihr - ihr Trottel' Ich bin das Gehirn dieses Unternehmens!« Er trat auf die andere Seite. »Ich hatte Sie schon am Tag Eins entdeckt, wissen Sie das nicht?« sprudelte er hervor. »Aber nein! Mich nimmt nie je
mand ernst!« Ivans Augen, der einzige Teil seines Körpers, der anscheinend noch funktionierte, weiteten sich ob dieser Schwadroniererei. »Also sind Sie hingegangen und haben den falschen Mann gekidnappt. Sie haben soeben Ihre Tarnung hochgehen lassen, um den zu schnappen, der entbehrlich ist!« Die Haud Pel ist nicht fort, um Hilfe zu holen, dachte Miles. Sie ist in den Waschraum gegangen, um sich ihr Haar zu richten, und sie wird ewig da drinnen bleiben.
Nun, er hatte sicher die ungeteilte Aufmerksamkeit aller im Laderaum Anwesenden, der Mörderin, des Opfers und der Haud-Polizistinnen. Was sollte er als nächstes machen?
Radschlagen? »So ist es schon, seit wir kleine Kinder waren, wissen Sie. Immer wenn wir zusammen waren, hat man immer zuerst ihn angesprochen, als wäre ich so etwas wie ein idiotischer Außerirdischer, der einen Dolmetscher bräuchte...«, die Haud Pel erschien lautlos im Durchgang und hob die Hand - Miles' Stimme wurde zu einem lauten Ruf: Jetzt habe ich das satt, hören Sie?«
Genau als der Betäuber der Haud Pel summte, erkannte die Haud Vio die Gefahr und drehte den Kopf. Ihre Hand krampfte sich um das Messer, als der Betäuberstrahl sie traf. Miles stürzte vor, als ein roter Strich an der Schneide der Klinge erschien, und er griff nach Ivan, als die Haud bewußtlos zusammensank. Der Nimbus des Betäuberstrahls hatte Ivan auch getroffen, und er verdrehte die Augen. Miles ließ die Haud Vio so hart auf dem Boden aufschlagen, wie die Schwerkraft es forderte. Ivan legte er sanft hin.
Es handelte sich nur um einen oberflächlichen Schnitt. Miles atmete auf. Er zog sein Taschentuch hervor und tupfte auf das klebrige Rinnsal aus Blut, dann preßte er den Stoff gegen die Wunde.
Er blickte zur Haud Rian und zur Haud Pel auf, die herüberschwebten, um ihr Werk zu begutachten. »Sie hat ihn mit einer Art Drogenspray bewußtlos gemacht. Jetzt dazu noch der Betäuber - ist das nicht medizinisch gefährlich?«
»Ich glaube nicht«, antwortete Pel. Sie stieg von ihrem Schwebesessel herunter, kniete sich nieder und durchsuchte die Ärmel der bewußtlosen Haud Vio. Sie förderte daraus eine Anzahl von Gegenständen zu Tage, die sie systematisch auf dem Boden nebeneinan
derlegte. Eines war ein winziges Ding mit einer silbernen Spitze und einem Ballon am Ende.
Die Haud hob es an ihre schöne Nase und schnupperte. »Aha. Das ist's. Nein, er ist nicht in Gefahr. Es ist harmlos und vergeht. Ihm wird allerdings sehr übel sein, wenn er aufwacht.«
»Vielleicht könnten Sie ihm eine Dosis Synergin geben?« bat Miles.
»Das haben wir greifbar.«
»Gut« Er musterte die Haud Rian. Nur die Himmlische Herrin hat das
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