Vorkosigan 15 Ein friedlicher Angriffsplan
dass sie nicht schielte. »Du musst zugeben, dass er ein ausdrucksvolles Gesicht hat. Seine Augen sind… sehr lebendig.«
»Sein Kopf ist zu groß.«
»Nein, sein Körper ist nur ein wenig zu klein für den Kopf.« Wie war sie überhaupt dazu gekommen, mit Hugo Miles' Anatomie zu erörtern? Er war kein lahmes Pferd, das sie entgegen tierärztlichem Rat zu kaufen gedachte, verdammt noch mal. »Und überhaupt geht dich das nichts an.«
»Doch, wenn er – wenn du …«, Hugo saugte an seiner
Lippe. »Kat… wenn du unter einer Art Drohung oder
Erpressung oder so etwas stehst, dann wisse, du bist nicht allein. Ich weiß, dass wir Hilfe beschaffen können. Du magst deine Familie aufgegeben haben, aber wir haben dich nicht aufgegeben.«
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Umso schlimmer! »Danke für diese Einschätzung meines Charakters«, sagte sie bissig. »Und meinst du, unser Onkel Lord Auditor Vorthys ist unfähig, mich zu beschützen, wenn es darauf ankommen sollte? Und auch Tante Vorthys?«
»Ich bin mir sicher«, erwiderte Vassily verlegen, »dass Ihr Onkel und Ihre Tante sehr freundlich sind – schließlich haben sie Sie und Nikki aufgenommen –, aber man hat mir zu verstehen gegeben, dass sie beide ziemlich weltfremde Intellektuelle sind. Wahrscheinlich verstehen sie die Gefahren gar nicht. Mein Informant sagt, dass sie Sie überhaupt nicht geschützt haben. Sie haben Ihnen gestattet zu gehen, wohin Sie wollen und wann Sie wollen, in einer völlig ungeregelten Art und Weise, und in Kontakt mit allen möglichen dubiosen Personen zu treten.«
Ihre weltfremde Tante war eine von Barrayars herausragendsten Experten für jede blutige Einzelheit der politischen Geschichte des Zeitalters der Isolation; sie sprach und las vier Sprachen fehlerfrei, konnte Dokumentationen mit einem Blick prüfen, der eines Analytikers des KBS würdig gewesen wäre – einer Profession, bei der jetzt einige ihrer früheren Studenten arbeiteten –, und hatte dreißig Jahre Erfahrung im Umgang mit jungen Leuten und deren selbst geschaffenen Schwierigkeiten. Und was Onkel Vorthys anging … »Die Analyse technischer Defekte kommt mir nicht besonders weltfremd vor. Nicht, wenn dazu Fachkenntnisse über Sabotage kommen.« Sie holte Luft und bereitete sich darauf vor, dies weiter auszuführen.
Vassily presste die Lippen aufeinander. »Die Hauptstadt
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hat den Ruf, ein unschickliches Milieu zu sein. Zu viele reiche, mächtige Männer – und ihre Frauen – mit zu wenig Schranken für ihre Gelüste und Laster. Das ist eine gefährliche Welt für einen kleinen Jungen, gefährlich besonders durch die … Liebesaffären seiner Mutter.«
Ekaterin hatte ihre Verblüffung über diese Worte noch nicht überwunden, da senkte Vassily die Stimme und fügte in einem Ton leisen Entsetzens hinzu: »Ich habe sogar gehört – man sagt –, dass es hier in Vorbarr Sultana einen hohen Vor-Lord gibt, der einmal eine Frau war und sich jetzt ihr Gehirn in den Körper eines Mannes transplantieren ließ.«
Ekaterin blinzelte. »O ja, das muss Lord Dono Vorrutyer sein. Ich habe ihn gesehen. Das war keine Gehirntransplantation – igitt, was für eine scheußliche Verdrehung der Tatsachen! –, es war nur eine völlig normale betanische Körpermodifikation.«
Beide Männer starrten sie fassungslos an. »Du bist
dieser Kreatur begegnet!«, fragte Hugo. »Wo?«
»Hm … im Palais Vorkosigan. Eigentlich schien Dono ein sehr intelligenter Kerl zu sein. Ich glaube, er wird sich sehr gut um den Vorrutyer-Distrikt kümmern, falls der Rat der Grafen ihm den Grafentitel seines verstorbenen Bruders verleiht.« Sie dachte einen Moment lang erbittert nach, dann fügte sie hinzu: »Wenn man alles bedenkt, dann hoffe ich durchaus, dass er den Titel bekommt. Das wäre für Richars und seine verleumderischen Kumpane ein Schlag ins Auge!«
Hugo, der diesen Wortwechsel mit wachsendem
Entsetzen gefolgt war. warf ein: »Ich muss Vassily
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zustimmen, ich fühle mich selbst ein wenig unbehaglich, dich hier in der Hauptstadt zu haben. Die Familie wünscht sich so sehr, dich in Sicherheit zu wissen, Kat. Ich räume ein, du bist kein Mädchen mehr. Du solltest deinen eigenen Haushalt haben, unter der Aufsicht eines soliden Ehemanns, dem man vertrauen kann, dass er dein Wohlergehen und das von Nikki schützt.«
Du könntest deinen Wunsch erfüllt bekommen. Doch …
sie hatte bewaffneten Terroristen die Stirn geboten und hatte überlebt. Und gewonnen. Ihre Definition von Sicherheiten
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