Vorposten des Commonwealth
normalen Umständen hätte es ihm nichts ausgemacht. Aber in welcher Situation sie sich alle auch befanden, sie war entschieden nicht normal. Er konnte nichts brauchen, was seine Aufmerksamkeit von den jetzt dringlichsten Dingen ablenkte. Und noch eins fiel ihm auf.
Trotz der Folter, die sie gerade hatte erdulden müssen, reagierte das Mädchen besonnen. Auch das war nicht normal. Er wußte es sich nicht auszudeuten. Und es machte ihn nervös.
Sie musterte ihn. „Nehmen Sie telepathische Verbindung mit meinen Oberschenkeln auf, wenn es unbedingt sein muß, aber sagen Sie etwas! Einen vollständigen Lebenslauf verlange ich gar nicht.“
„Ha? Oh – mein Name ist Hammurabi. Malcolm Hammurabi. Ich bin Kapitän und Eigentümer des freien Frachters Umbra. Nun sind Sie dran.“
„Kitten Kai-sung. Und wenn Sie Ihre Augenbrauen so abwärts drücken, verringert das Ihr Gesichtsfeld überhaupt nicht.“
„Sonnenvater!“ seufzte Malcolm verzweifelt. Eine Spur angriffslustig fuhr er fort: „Macht es Sie nervös, wenn ich Ihre Beine anstarre?“
„Nein. Macht es Sie nervös?“
„ Ja, gottverdammt noch mal, und wir sind nicht in einer Situation, in der ich die Zeit erübrigen könnte, sie richtig zu würdigen, und das regt mich noch mehr auf!“
Kitten fuhr mit der Spitze des rechten Zeigefingers langsam über ihre Unterlippe.
„Welche andere Situation haben Sie im Sinn?“
„Geben Sie’s auf, Kapitän“, riet Porsupah, der es sich mit einem Glas in der Hand gemütlich gemacht hatte. „Sie wird Sie bis zum Null-Antrieb fertigmachen.“
„Glauben Sie, daß ich nicht bereits im freien Fall bin?“ schnaubte Malcolm. Die verklemmte Atmosphäre zerriß wie leichter Nebel und löste sich in Gelächter auf. Keiner hatte etwas dagegen, daß es ein klein wenig hysterisch klang.
„Okay“, meinte Kitten schließlich und rang nach Atem. „Schließen wir Frieden. Leutnant Porsupah hier und ich gehören beide zum Nachrichtendienst der Vereinigten Kirche. Wenn der alte Schurke dies Zimmer verwanzt hat, sei ihm die Information gegönnt, da Ihre Anwesenheit, Kapitän, ihn offenbar überzeugt hat, uns am Leben zu lassen.“ Ihr Blick wanderte zu ihrem Partner, dann zurück zu Malcolm. „Ich kann Ihnen ebenso gut auch gleich erzählen, daß wir mit der Absicht hergekommen sind, dieser Kreatur Rose den wiederaufgenommenen Handel mit Bloodhype, einer besonders scheußlichen Droge, nachzuweisen.“
„Durch eine dieser kleinen Unachtsamkeiten, die anderen Agenten ständig passieren, wurden wir durchschaut“, ergänzte Porsupah. „Es sind immer die Kleinigkeiten in der Myriade jukill von Möglichkeiten, die einen Auftrag platzen lassen. Und wir hatten einen wasserdichten Beweis, daß er den Stoff über Repler vertreibt, schon so gut wie in der Hand! Ich gestehe Ihnen gern, mein Freund, Sie haben uns aus einer schnurrbarthaarengen Klemme gezogen.“ Der erwähnte Gesichtsschmuck zuckte launig.
„Jetzt fangen Sie nicht wieder davon an“, grinste Malcolm. „Wenn es Ihnen ein Trost ist, kann ich Ihnen sagen, daß Sie auf dem richtigen Weg waren. Ich habe eine Lieferung gesehen. Mehrere Gramm schwer.“
„Wirklich?“ rief Kitten aufgeregt. Sie sprang auf die Füße, und dann krümmte sie sich plötzlich. Langsam setzte sie sich wieder und murmelte etwas vor sich hin. Nach einer unbehaglichen Pause blickte sie auf und fuhr fort, als sei nichts gewesen.
„Wenn wir hier herauskommen, Kapitän, muß ich Verschiedenes erledigen. Eins der ersten Dinge ist, daß ich – so langsam wie möglich – ein narzißtisches Amalgam fermentierter Proteine namens Russell Kingsley umbringe.“
Das erregte Malcolms Interesse. „Dann war das wirklich der Sohn des alten Kingsley? Ich habe von ihm gehört. Das waren also doch nicht bloß Gerüchte. Höchstens die positiven Dinge. Man arbeitet für einen Mann, und im Grunde kennt man ihn nur geschäftlich.“
Jetzt horchte Porsupah auf. „Dann sind Sie ein Freund der Familie?“
„Eben nur im geschäftlichen Sinn. Ich bin im Augenblick auf Repler, weil die Umbra eine größere Lieferung für Chatham Kingsley Fisheries and Goods hergebracht hat. Der alte Mann ist selber ein bißchen dekadent, aber es ist nichts Schlimmes. Ich kann einfach nicht glauben, daß er von den sadistischen Eskapaden seines lieben Söhnchens weiß. Die Mutter ist gestorben, als der Junge noch ein Kind war. Ich nehme an, seitdem ist es Russell überlassen worden, seine Persönlichkeit auf eigene Faust zu
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