Vorsicht Nachsicht (German Edition)
Tütengerichten ansteuern, baut sich vor uns ein grinsender Mann Mitte dreißig auf. Sieht ganz gut aus, auch wenn er natürlich nicht mit Kilian mithalten kann. Außerdem hat er schon ziemliche Geheimratsecken in seinen kurzen Haaren. Vielleicht noch zwei Jahre und er hat eine Glatze.
»Hey, Kilian. Was wird das denn?«
»Hi.« Kilian lächelt mild und zuckt mit den Schultern. »Ich bin einkaufen.«
»Ah ja…« Die grünen Augen des anderen wandern vielsagend auf mich. Er grinst mich verschmitzt an und mustert mich so intensiv, dass ich mich recht unwohl dabei fühle, doch ich reiße mich zusammen. Wahrscheinlich ist das ein Freund von Kilian.
»Ruben, das ist Frank. Frank, Ruben«, stellt Kilian uns vor.
»Na, und ist Ruben der Grund, warum du uns gestern im ‚Vía‘ versetzt hast?«, erkundigt sich Frank immer noch heiter vor sich hin grinsend.
Ich kann seinen Blick geradezu auf meinem Körper spüren und es ist nicht sehr angenehm.
»Wir waren doch gar nicht verabredet«, entgegnet Kilian schlicht. Lässig legt er seinen Arm um meine Hüfte. »Ich hatte heute die Frühschicht und konnte deshalb nicht kommen.«
»Ach so?«, meint Frank. »Und wie sieht es heute aus? Schon was vor? Wir wollten was trinken gehen–«
»Ja, hab‘ schon was vor«, unterbricht ihn Kilian einfach. »Außerdem muss ich morgen früh wieder raus.«
»Bist ja schwer beschäftigt. Zur Probe bist du am Donnerstag auch nicht gekommen«, stellt sein Freund ein wenig verschnupft fest. »Dabei könntest du Ruben doch auch einfach mitbringen. Wir machen ja eh nicht lange. Heute Nacht sind wir wieder tanzen.«
»Nein, wir haben schon andere Pläne. Nächste Woche vielleicht.« Kilian scheint das Absagen keine großen Probleme zu bereiten. Ganz wohl fühle ich mich dabei aber auch nicht. Ich will nicht Schuld daran sein, wenn sich seine Freunde vernachlässigt fühlen. Außerdem fragt er mich ja nicht einmal, was ich möchte. Nun ja, ich habe ja auch noch keinen Ton von mir gegeben. Nicht, dass ich dazu viel Gelegenheit gehabt hätte.
»Na gut«, brummt Frank und zuckt mit den Schultern. »Ich komme darauf zurück. War nett, dich kennen zu lernen, Ruben.«
»Dito«, murmle ich nur. Mehr bekomme ich auch gar nicht heraus. Sehr sympathisch fand ich ihn nun nicht gerade. So wie er mich angestarrt und gegrinst hat. Ein wenig spekulativ.
Kilians Hand streicht sanft über meinen Rücken. Gleich fühle ich mich ein wenig besser und wohler in meiner Haut. Vielleicht sollte ich sie einen Moment allein lassen. Nun, darauf hätte ich wohl früher kommen müssen. Egal.
»Ich geh‘ mal schnell die Brühe holen. Kannst dich ja schon mal anstellen.«
Damit schlüpfe ich aus seinen Arm raus und mache mich rasch auf den Weg. Ich weiß nicht mal welche Gemüsebrühe. Es gibt sie in Würfeln oder in einem Glas. Nun, letztere ist günstiger, wenn ich es so mit der Menge verrechne. Ich nehme also das Glas. Als ich in Richtung Kasse gehe, sehe ich Kilian in der Schlange. Frank steht hinter ihm mit seiner Fertigpizza an. Sie unterhalten sich locker. Also doch keine Aufbruchsstimmung bei diesem Frank. Vielleicht war es Kilian ja auch unangenehm, in meiner Anwesenheit frei zu sprechen. Sind wir schon so weit, dass wir uns unseren Freunden vorstellen? Kaum.
Gemächlich nähere ich mich den beiden und stelle dann die Brühe zu den anderen Sachen aufs Band. »Hoffe, die ist okay?«
»Ja, ist super«, brummt Kilian nur und lächelt mich nachsichtig an.
»Was gibt’s zu essen?«, erkundigt sich Frank.
»Kartoffelsuppe.«
»Oh, lecker.«
»Tja, kriegst aber nichts ab«, spottet Kilian und legt wieder seinen Arm um mich. Das ist anscheinend okay vor seinem Kumpel. Vielleicht zeigt er ihm so ja auch nur, dass er mich nicht haben kann? Das wäre cool und absurd zugleich. Hat ja schließlich nicht jeder so eine Geschmacksverirrung wie Kilian.
»Ach menno.« Frank grinst unbeschwert.
Wir sind beim Kassieren an der Reihe und ich helfe, die Sachen in den Wagen zurückzulegen, während Kilian sein Portemonnaie hervorkramt und bezahlt. Das nenne ich Arbeitsteilung.
»Also dann, bis Donnerstag«, verabschiedet sich Kilian von seinem Kumpel und ich nicke ihm auch noch einmal zu.
Das war‘s wohl. Ich habe ein Wort mit ihm gewechselt. Hat bestimmt Eindruck hinterlassen. Genau so wollte ich vor Kilians Freunden das erste Mal auftreten. Eigenbrötlerisch und wortkarg. Mir ist das so unangenehm, dass ich Kilian nicht einmal fragen mag, wer genau das eigentlich
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