Vorsicht Nachsicht (German Edition)
endlich am Sonntag. Ich bin schon völlig mit den Nerven runter, aber unglaublich erleichtert, als es tatsächlich Kilian ist.
»Na, wie waren deine Prüfungen?«
»Ach, es ging«, antworte ich und warte darauf, dass er sich dazu äußert, warum er nicht schon gestern zurückgerufen hat. Doch eine Erklärung bleibt aus. Stattdessen fragt er: »Wie sieht denn dein Plan für die nächste Woche aus?«
»Ich habe morgen gleich eine Prüfung, dann Mittwoch noch eine und am Freitag die letzten beiden«, antworte ich. »Aber die Größte hatte ich vorgestern. Jetzt wird es leichter.«
»Klingt gut«, meint Kilian und ich höre sein Lächeln heraus.
»Kommst du gut voran mit dem Lernen?«
»Ja, also für morgen muss ich nicht mehr viel Lernen.« Vor allem weil ich ihn jetzt sehen möchte. Ich wage es jedoch nicht, ihn direkt darum zu bitten. Allerdings müsste er die Hinweise doch verstanden haben. Vielleicht wartet er ja auch darauf, dass ich ihn frage. Lieber sicher gehen.
»Hm, magst du vorbei kommen oder hast du schon etwas vor?«
Da. Ich habe es tatsächlich gefragt.
»Nein, ich will dich nicht stören«, lehnt Kilian ab.
Hö? Was soll das denn?! Ich habe doch gerade darum gebeten, gestört zu werden. Ich schlucke, weiß nicht so recht, was ich sagen soll.
»Du… du würdest mich nicht stören. Ich…«
Natürlich nicht. Ich habe Sehnsucht nach ihm, verdammt. Doch jetzt kommt ein leises Lachen von seiner Seite.
»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist, Ruben. Wenn ich dich sehe, kann ich mich nicht zurückhalten. Ich hab‘ dich vermisst.«
»Du sollst dich ja auch nicht zurückhalten«, hauche ich verwirrt. »Ich habe dich auch vermisst. Oder ist es dir lieber, wenn ich bei dir vorbeikomme?«
»Lieber nicht. Du hast doch morgen Prüfung«, wendet Kilian entschuldigend ein. »Ich sollte dich an dem Abend davor wirklich nicht heimsuchen. Soll ich morgen Abend vorbeikommen? Ich bringe dir auch was zu Essen mit.«
»Okay«, willige ich sofort ein.
»Gut«, meint er. »Wann bist du denn da?«
»Die Prüfung ist vormittags. Ich bin den ganzen Nachmittag und Abend da«, antworte ich schnell. Ich will ihn sehen und zwar ganz egal wann. Hauptsache möglichst lange.
»Ich arbeite bis acht«, erklärt Kilian. »Danach komme ich vorbei. Ich schätze, bis ich das Essen fertig habe, wird es wohl so neun. Ist das noch okay?«
»Du musst auch nichts zu Essen machen, wenn du dann früher kommst«, meine ich stirnrunzelnd.
»Na, ich schätze, du hast die ganze Woche wieder nur Nutella und Knäckebrot gegessen.« Er lacht leise. »Besser ich sorge dafür, dass du was Anständiges in den Magen bekommst.«
»Wie wäre es, wenn ich um acht bei dir vorbeikomme?«, schlage ich unsicher vor. »Dann kann ich dir vielleicht dabei helfen.« Und wir haben länger etwas voneinander und ein bequemeres Bett. Aber letzteres sage ich natürlich nicht laut. Allerdings will ich auch nicht aufdringlich sein. »Oder halb neun oder so.«
»Ja, wenn du dir das erlauben kannst. Klingt gut«, meint Kilian. »Also halb neun bei mir?«
»Okay.« Ich zögere kurz, doch ich will noch nicht auflegen. »Und wie geht es dir eigentlich? Was hast du gemacht?«
»Ach, mir geht’s gut«, antwortet er leichthin. »Hab‘ ziemlich viel gearbeitet.«
»Es tut mir leid, dass ich mich die Woche nicht gemeldet habe«, murmle ich noch leise. »Ich war so im Lernen drin.«
»Das versteh‘ ich schon. Ich war schließlich auch mal Student. Mach dir keine Gedanken. Du hast sehr müde geklungen auf dem AB, darum dachte ich, ich gebe dir noch ein bisschen Zeit zum Erholen«, erklärt er. »Pass gut auf dich auf ja? Überanstreng dich nicht!«
»Mache ich nicht«, verspreche ich.
»Gut«, sagt er leise. »Dann wünsche ich dir viel Erfolg für morgen.«
»Danke.« Irgendwie bin ich ein wenig enttäuscht von diesem Anruf. Er wirkt ein wenig hölzern. Wir verabschieden uns schon. Nun ja, was soll er auch noch lange mit mir reden? Darin war ich noch nie sonderlich gut.
***
Wir treffen uns wie immer nach der Prüfung vor dem Hörsaal, in dem wir sie geschrieben haben. Viktor wartet schon. Inna und ich sind gleichzeitig fertig und schließlich kommt auch noch Marcel. Jürgen hat sich krank schreiben lassen, weil er den Stoff noch nicht so gut drauf hat.
»Oh Scheiße!«, stöhnt Marcel resigniert, als er zu uns stößt. Wir nicken einstimmig. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Die Klausur ist einfach heftig gewesen. Ich habe kein gutes Gefühl.
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