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Vorsicht Niemandsland

Vorsicht Niemandsland

Titel: Vorsicht Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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uns in Ato­me.«
    Der Mond wur­de so schnell klei­ner, daß es mein Ver­stand nicht be­grei­fen woll­te. Der De­ne­ber be­schleu­nig­te mit Wer­ten, die mehr als un­faß­lich wa­ren. Mein nächs­ter Blick auf die Bild­schir­me der Heck­auf­nah­me zeig­te mir den Erdtra­ban­ten in der Grö­ße ei­nes Ten­nis­balls. Au­gen­bli­cke spä­ter war er nicht mehr zu se­hen.
    Das To­sen hielt an. Die vio­let­ten Im­pulss­trah­len aus den vier großen Kraft­feld­dü­sen des Ring­wuls­tes be­hiel­ten die glei­che In­ten­si­tät.
    Ich er­wach­te aus mei­ner Ver­kramp­fung, als in den Laut­spre­chern Sno­fers schwan­ken­de Stim­me auf­klang.
    »Ich ha­be die An­zei­ge­da­ten der mar­sia­ni­schen In­stru­men­te um­ge­rech­net, Sir«, er­läu­ter­te er. »Zur Höl­le da­mit, aber der Kerl don­nert tat­säch­lich, mit ei­ner Be­schleu­ni­gung von ein­tau­send Gra­vos in den Raum. Das be­deu­tet un­ge­fähr ei­ne Fahrt­er­hö­hung von zehn­tau­send Me­ter pro Se­kun­de, oder 100 km/sec². Ver­rückt, sa­ge ich! Ein­fach ver­rückt. Wir ha­ben jetzt schon ei­ne Fahrt von et­wa sech­zig­tau­send Ki­lo­me­ter pro Se­kun­de er­reicht und wer­den mit je­der ver­strei­chen­den Se­kun­de um hun­dert Ki­lo­me­ter schnel­ler.«
    Der De­ne­ber wand­te den Kopf. Ich be­müh­te mich krampf­haft, mei­ne Fas­sungs­lo­sig­keit nicht zu of­fen zu zei­gen. Den­noch wuß­te er ge­nau, was nun in uns vor­ging, was in uns vor­ge­hen muß­te!
    »Sie soll­ten sich nicht über mi­ni­ma­le Be­schleu­ni­gun­gen auf­re­gen«, sag­te er über­le­gen. »Wenn Sie wol­len, ge­he ich bis zum Grenz­wert von ein­tau­send km/sec hin­auf. Dann be­steht al­ler­dings die Ge­fahr, daß die Ab­sor­ber­schir­me et­was über­las­tet wer­den. Wis­sen Sie ei­gent­lich, was jetzt in ih­ren Kör­pern ge­schieht?«
    »Küm­mern Sie sich ge­fäl­ligst um die Kon­trol­len«, for­der­te ich er­regt.
    »Warum? Die Au­to­ma­ten lau­fen längst, Mars ist au­to­ma­tisch ein­ge­peilt. Wir neh­men die di­rek­te Bahn und wer­den in knapp drei Stun­den in die Mar­sat­mo­sphä­re ein­tau­chen. Die Be­rech­nun­gen sind ein­fach, da sich in­ner­halb der kur­z­en Flug­zeit nur ge­rin­ge Kon­stel­la­ti­ons­ver­schie­bun­gen er­ge­ben. Ein klei­ner Vor­halt ge­nügt völ­lig. Wir könn­ten noch schnel­ler dort sein, aber bei die­ser Di­stanz von nur et­wa hun­dert Mil­lio­nen Ki­lo­me­ter lohnt es sich wirk­lich nicht, den Kreu­zer auf Licht­ge­schwin­dig­keit zu brin­gen. Se­hen Sie ein, daß Sie noch viel zu ler­nen ha­ben?«
    Er fi­xier­te mich scharf. Dann husch­ten sei­ne Bli­cke zu mei­nen Lei­dens­ge­fähr­ten hin­über.
    »Sie soll­ten nicht so ent­setz­lich ar­ro­gant tun«, mein­te Ta­ly sach­lich. »Das Wört­chen ›To­le­ranz‹ exis­tiert wohl nicht in Ih­rem Sprach­schatz, wie?«
    Das de­ne­bi­sche Ge­hirn be­weg­te die Schul­tern sei­nes Trä­ger­kör­pers.
    »Ich war ge­ra­de da­bei, Ih­nen ei­ne freund­schaft­li­che Lek­ti­on zu er­tei­len. Ich wie­der­ho­le: Wis­sen Sie, was jetzt mit Ih­nen ge­schieht? Wes­halb Sie den An­druck nicht spü­ren? Na­tür­lich nicht, scha­de.«
    Das »Ding« seufz­te ge­lang­weilt. Ich starr­te auf die fla­ckern­den Licht­bän­der der mar­sia­ni­schen Kon­troll­or­ga­ne. Die Trieb­wer­ke dröhn­ten im­mer noch. Einen frei­en Fall soll­te es nicht ge­ben. Wir be­schleu­nig­ten bis zur hal­b­en Di­stanz, um da­nach so­fort mit dem Brems­ma­nö­ver zu be­gin­nen. Wir wür­den da­bei hal­be Licht­ge­schwin­dig­keit er­rei­chen.
    »Sie be­fin­den sich in ei­nem Ent­zer­rungs­feld«, er­klär­te der De­ne­ber im Ge­fühl sei­ner maß­lo­sen Über­le­gen­heit. »Der Be­har­rungs­ef­fekt ei­nes je­den Kör­pers ist nicht mehr als ei­ne ein­sei­ti­ge Bal­lung sei­ner Ato­me und Mo­le­kü­le. Man hal­te sie sta­bil, und schon fühlt man nichts mehr.«
    »Man neh­me sechs Ei­er, drei Löf­fel Zu­cker, ein hal­b­es Pfund Mehl und ach­te dar­auf, daß aus dem Teig kein ge­wöhn­li­cher Ku­chen, son­dern ein fünf­zig­ka­rä­ti­ger Roh­dia­mant ent­steht«, sag­te der Klei­ne bleich.
    Ste­pan Tronss­kij lach­te hys­te­risch.

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