Vorsicht Niemandsland
Kreuzer zu einem Instrument von ungeheurer Schlagkraft zu machen. Es genügte jedoch ein Mann zur Lenkung. Die vier anderen Besatzungsmitglieder waren Waffen-, Triebwerks- und Ortungstechniker gewesen. Auch das hatten wir den Betriebsdaten entnehmen können.
Der Deneber hatte also die Wahrheit gesprochen, als er erklärte, das Schiff ohne Schwierigkeiten starten, fliegen und landen zu können. Dennoch paßten wir gehörig auf. Wenn er Dummheiten machen wollte, gab es dafür zahlreiche Möglichkeiten. Unsere Kenntnisse waren noch so gering, daß wir wohl oder übel unserem unfreiwilligen Partner vertrauen mußten. Unser fehlendes Wissen konnten wir nur durch ein leicht überspitztes Mißtrauen ersetzen.
Die Lage war paradox. Auf meinen Knien lag der Schaltplan der Betriebsanlagen »A«. Darunter verstanden wir hauptsächlich die Triebwerks- und Steueranlagen.
In der Maschinenraumzentrale hielten sich unsere besten GWA-Techniker auf. Ich hatte die vier Atomreaktoren gesehen, die mitsamt ihren sinnverwirrenden Nebenaggregaten in dem Außenwulst entlang der Äquatorlinie untergebracht waren. Das war die bevorzugte Bauweise der Marsianer gewesen.
Kugelzellen und äquatorial eingebaute Triebwerkseinheiten hatten zweifellos ihre Vorteile. Die Pole eines solchen Schiffes blieben frei für Waffenkuppeln, Lade- und Mannschaftsschleusen und – was für einen Kreuzer vielleicht noch wichtiger war – für die verschiedenartigen Ortungsgeräte.
Die rätselhaften Projektoren für die energetischen Schutz- und Abwehrfelder waren ebenfalls im äquatorialen Ringwulst untergebracht.
Ich hatte den Eindruck, als hätten uns die Marsianer eine völlig ausgereifte Konstruktion ohne jede Kinderkrankheiten hinterlassen.
Noch vor der Einsatzbesprechung hatte ich mich mit Argusaugen im ganzen Schiff umgesehen. In meinem Gehirn hatten sich einige Begriffe festgesetzt, die ich in der Form von handgreiflichen Beweisen gern bestätigt gesehen hätte.
Sie lauteten sehr einfach »Rost«, »Verfallserscheinungen« und »Materialermüdung«. Ich war in die dunkelsten Ecken gekrochen, hatte die Abdeckplatten der großen Verteiler-Schaltblöcke lösen lassen und versucht, wenigstens an den Isolationsüberzügen der vielen Kabel eine brüchige Stelle zu finden.
Drähte und Isolationen befanden sich in einwandfreiem Zustand, waren so gut und elastisch, als wären sie eben erst aus einer irdischen Spezialfabrik gekommen. Nicht einmal an den Lötstellen hatte ich etwas entdecken können. Außerdem handelte es sich auch gar nicht um Lötstellen in unserem Sinn. Die Marsianer hatten ein Verfahren entwickelt, das einer Direktverschmelzung glich. Sämtliche Schaltungen wirkten wie ein Stück aus einem Guß. Selbst die dünnsten Drähte besaßen eine Zugfestigkeit, die etwa den Werten eines fingerstarken Kabels aus einer molekülverdichteten Stahllegierung entsprach. Wir konnten nur staunen. Etwas anderes blieb uns nicht übrig.
Wir hatten fünfzigtausend Volt durch Drähte gejagt, die kaum stärker als ein Frauenhaar waren. Es war nichts passiert; nicht einmal erwärmt hatte sich das widerstandsfähige Material.
An die schenkelstarken Zu- und Abgangsleitungen der Energie-Konverter hatten wir uns überhaupt nicht herangetraut. Professor Scheuning hatte ernsthaft behauptet, an eine solche Leitung könne man ohne weiteres sämtliche Atomkraftwerke der Vereinigten Staaten hängen. Die Marsianer hätten schließlich mit einem fünffachen Sicherheitskoeffizienten gebaut.
Die
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