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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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genügend Menschen in der Gemeinde dachten auch, ich sei nicht besonders helle. Ich sah nur einfach nicht ein, warum ich Sheriff Dearborn gegenüber irgendwelche Erklärungen abgeben sollte, und es gab ja auch eigentlich keinen Grund dafür - außer den gesundem Menschenverstand.
    Statt mit einer Erklärung antwortete ich mit einer Gegenfrage: „Warum?“
    Dearborns kleine braune Augen blickten mit einem Mal ungeheuer wach und seine ganze väterliche, wohlwollende Art war mit einem Schlag verschwunden.
    „Sookie!“ sagte er mit unendlichem Bedauern in der Stimme, das ich ihm aber nicht eine Sekunde lang abnahm.
    „Das war ich nicht“, sagte ich und deutete auf das Werk der Zerstörung.
    „Nein, das warst du nicht“, pflichtete er mir bei. „Trotzdem sind die beiden Rattrays knapp eine Woche, nachdem sie in eine Schlägerei verwickelt waren, ums Leben gekommen, und da kann es nicht schaden, denke ich mir, wenn ich mal ein paar Fragen stelle!“
    Inzwischen hätte ich nicht mehr sagen können, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, mich mit dem Sheriff auf ein geistiges Armdrücken einzulassen. Klar, ich hätte mich prima gefühlt, wenn ich siegreich daraus hätte hervorgehen können, aber war ein prima Gefühl die Sache wirklich wert? Mir wurde immer klarer, daß es auch Vorteile haben konnte, wenn man im Ruf stand, ein wenig einfältig zu sein.
    Mir mag es zwar an Bildung mangeln, und ich kenne mich in der Welt nicht besonders gut aus, aber ich bin weder doof noch unbelesen.
    „Sie haben meinem Freund wehgetan“, gestand ich nun also, ließ den Kopf hängen und starrte angelegentlich auf meine Schuhe.
    „Dein Freund, könnte das dieser Vampir sein, der im alten Compton-Haus lebt?“ Mike Spencer und Bud Dearborn wechselten bedeutungsschwangere Blicke.
    „Ja.“ Da also wohnte Bill! Ich war baß erstaunt über diese Information, aber das konnten die beiden Männer nicht ahnen. Jahrelang hatte ich mich darin geschult, nicht auf Dinge zu reagieren, die ich gar nicht hatte hören wollen - mein Gesicht war eine eiserne Maske. Das alte Compton-Haus lag dem Haus meiner Großmutter direkt gegenüber, nur ein paar Felder weiter auf derselben Seite der Straße. Zwischen unseren beiden Häusern lagen nur das Wäldchen und der Friedhof. Wie praktisch für Bill, dachte ich und mußte lächeln.
    „Sookie Stackhouse! Erlaubt deine Oma dir etwa, mit diesem Vampir zu verkehren?“ fragte Spencer, und das war nicht klug von ihm.
    „Darüber können Sie sich gern einmal mit ihr unterhalten“, erwiderte ich scheinheilig und hätte zu gern sofort vernommen, was meine Oma zu sagen hätte, wenn jemand andeutete, sie kümmere sich nicht genügend um mich. „Die Rattrays haben versucht, Bill auszubluten ...“
    „Der Vampir wurde also von den Rattrays zur Ader gelassen, und du hast sie daran gehindert, ihn auszubluten?“ unterbrach mich der Sheriff.
    „So war es!“ antwortete ich und versuchte, recht resolut dreinzublicken.
    „Es ist ja auch illegal, einen Vampir auszubluten“, meinte Dearborn nun nachdenklich.
    „Ist es nicht sogar Mord, wenn man einen Vampir umbringt, ohne von ihm angegriffen worden zu sein?“ fragte ich unschuldig.
    Nun hatte ich das mit der Naivität wohl etwas zu weit getrieben.
    „Du weißt verdammt genau, daß das Mord ist. Obwohl ich persönlich das entsprechende Gesetz nicht befürworte, ist es doch ein Gesetz, also sorge ich dafür, daß es auch eingehalten wird“, erklärte der Sheriff steif.
    „Der Vampir hat die beiden einfach so stehen lassen, ohne Rache zu schwören? Hat nicht einmal gesagt, er wünschte, sie wären tot?“ Nun spielte Mike Spencer den Naiven.
    „Genau.“ Mit diesen Worten lächelte ich den beiden Männern zu und warf einen Blick auf meine Armbanduhr, wobei ich sofort an das Blut denken mußte, das in der Nacht zuvor das Uhrglas verklebt hatte. Mein Blut, von den Rattrays aus mir herausgeprügelt. Diese Erinnerung mußte ich niederringen, um die Uhrzeit lesen zu können.
    „Entschuldigen Sie mich, ich muß zur Arbeit“, sagte ich. „Auf Wiedersehen, Mr. Spencer. Auf Wiedersehen, Sheriff.“
    „Auf Wiedersehen, Sookie“, gab Dearborn zurück. Man sah ihm an, daß er mir gern noch weitere Fragen gestellt hätte, aber nicht wußte, wie er sie formulieren sollte. Ich wußte auch, daß der Anblick der Szenerie auf der Lichtung dem Sheriff nicht wirklich gefiel, und ich glaubte nicht, daß dieser spezielle Wirbelsturm auf den Radarschirmen irgendwelcher

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