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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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preßte meine Lippen an seine matt schimmernde Wange. Dabei atmete ich seinen Geruch ein, einen gewöhnlichen, aber leicht salzigen Geruch. Zudem duftete er ganz fein nach Eau de Cologne.
    Ich fühlte, wie der Vampir bebte. Dann drehte er den Kopf so, daß seine Lippen die meinen berührten, und ich schlang ihm die Arme um den Hals. Sein Kuß wurde immer intensiver, und ich öffnete meine Lippen: So war ich noch nie geküßt worden. Der Kuß dauerte und dauerte, bis ich dachte, die ganze Welt läge darin, in dem Mund des Vampirs auf dem meinen. Dann ging mein Atem hörbar immer rascher, und ich fing an, mich auch nach anderen Dingen zu sehnen.
    Ganz plötzlich zog Bill sich zurück. Er wirkte erschüttert, was mich unendlich freute. „Gute Nacht, Sookie“, murmelte er und strich mir ein letztes Mal übers Haar.
    „Gute Nacht, Bill“, erwiderte ich und klang selbst auch ganz schön zittrig. „Ich werde versuchen, morgen ein paar Elektriker anzurufen. Ich lasse dich dann wissen, was sie gesagt haben.“
    „Komm doch morgen abend bei mir vorbei - wenn du nicht arbeitest?“
    „Ja“, sagte ich nur, denn ich war immer noch damit beschäftigt, mich wieder einzukriegen.
    „Bis dann. Vielen Dank.“ Damit schickte er sich an, durch den Wald hindurch zurück zu seinem Haus zu gehen. Als er die Dunkelheit zwischen den Bäumen erreicht hatte, war nichts mehr von ihm zu sehen.
    Ich stand da und starrte ihm hinterher wie eine Närrin. Dann schüttelte ich mich einmal und ging zu Bett.
    Dort verbrachte ich unanständig viel Zeit damit, wach zu liegen und mich zu fragen, ob die Untoten - na ja - ob sie 'es' überhaupt tun konnten. Zudem fragte ich mich, ob sich Sex offen mit Bill erörtern ließe, denn manchmal erschien er mir altmodisch. Dann wieder kam er mir vor wie der Typ von nebenan. Na - vielleicht nicht gerade wie der Typ von nebenan, aber doch schon ziemlich normal.
    Mir erschien es einerseits wunderbar, andererseits jedoch auch ein wenig traurig, daß ich in all den Jahren nur ein einziges Wesen kennengelernt hatte, zu dem es mich sexuell hinzog, und dieses Wesen war noch nicht einmal ein Mensch. Meine telepathische Gabe ließ mir in dieser Frage keine große Wahl. Klar: Ich hätte mit irgendwem schlafen können, nur des sexuellen Erlebnisses wegen, aber ich hatte nun einmal auf jemanden gewartet, mit dem zusammen Sex wirklich Spaß machen würde.
    Was, wenn wir miteinander schliefen und ich nach all den Jahren feststellen mußte, daß mir jegliches Talent fehlte? Oder wenn es sich einfach nicht gut anfühlte? Vielleicht hatten all die Bücher und Filme ja schamlos übertrieben - und auch Arlene, die nie verstehen wollte, daß ich über ihr Liebesleben nichts hören mochte?
    Nach langer Zeit schlief ich endlich ein und träumte unendlich ausführliche, sehr dunkle Träume.
    Sobald es mir am nächsten Morgen gelungen war, Omas Fragen nach meinem Spaziergang mit Bill und unseren zukünftigen Plänen miteinander elegant zu umschiffen, tätigte ich ein paar Telefonanrufe. Es gelang mir, zwei Elektriker, einen Klempner und ein paar andere Handwerker aufzutreiben, die bereit waren, mir Telefonnummern zu geben, unter denen sie nachts erreichbar sein würden, und erklärte ihnen, es handle sich nicht um einen Scherz, wenn sie einen Anruf von Bill Compton erhalten sollten.
    Gerade hatte ich mich im Garten in die Sonne gelegt, um ein wenig zu rösten, als mir Oma das Telefon an den Liegestuhl brachte.
    „Dein Chef“, verkündete sie und strahlte dabei über beide Ohren wie eine höchst zufriedene Katze. Oma konnte Sam gut leiden, und offenbar hatte er am Telefon etwas zu ihr gesagt, das sie glücklich machte.
    „Hallo, Sam“, meldete ich mich und klang dabei im Gegensatz zu meiner Oma nicht besonders glücklich. Wenn Sam mich anrief, hieß das, daß auf der Arbeit etwas schiefgelaufen war.
    „Meine Liebe: Dawn ist nicht zur Arbeit gekommen!“ verkündete mein Chef da auch bereits.
    „Oh ... verdammt“, erwiderte ich, denn ich wußte, daß ich nun an Dawns Stelle zum Dienst antreten sollte. „Ich habe eigentlich etwas vor!“ Das war neu. „Wann brauchst du mich denn?“
    „Könntest du von fünf bis neun? Das wäre mir schon eine große Hilfe.“
    „Kriege ich dafür einen ganzen Tag frei?“
    „Dawn teilt sich einen anderen Abend dafür mit dir die Schicht - was hältst du davon?“
    Ich gab ein unanständiges Geräusch von mir; meine Oma starrte mich mit unbewegtem Gesicht an, und ich wußte, daß sie mir

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